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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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M 96

PreiS vierteljährlich 54 kr.

Samstag, 23. April


L863.

* Politische Umschau.

Der Gesammtclerus der Dwcese Mai'nz hat
eine Adreffe an den Großherzog „für das Recht
und die Freiheit der Kirche" gerichtet.

Nach dem „Berlingske Tidendc" habe Prinz
Ehristian an Lord Paget erklärt, daß cr den
griechischen Thron für seinen Sshn destnitiv
annehme.

Die bis jetzt vorliegenden Nachrichten über
die Ergebniffe der Urwahlen in Bapern lau-
ken für di'e Fortschrittspartei weit günstiger
als man nur zu hoffen gewagt hatte. Sogar
in Augsburg gehört ihr dic große Mehrheit
der Wahlmänner an. Daß in München und
Regensburg die s. g. Resormpartei siegen werde,
wpßte man zum Voraus. Auch die Wahlen
in den Landgemcinden stnd in vielen Gegenden,
aus denen bercits Berichtc vorlicgen, freistn»
nig ausgefaüen. Dies gilt namentlich vom
größten Theile der Pfalz, Mittelfrankcns und
Südschwabens.

Nach der „Ostdeutschcn Post" wird der öster-
reichische Reichsrath aus den 26. Mai einbe«
rufen.

Die französtsche Regierung hat auf Andrin-
gen des russtschen Gesandten die Bittc des
Polencomitees wegen Gestattung einer Vor-
stellung zu Gunsten der Polen auf einem der
kaiserl. Theater nach längerem Zögern ab-
schlägig beschieden.

Der Bundesrath verlangt von Jtalien Auf-
schluß übcr die Truppenanhäufung, in
Veltlin.

Zufolge einer Nachricht der „BreSl. Ztg."
aus Warschau vom 21. hat Markgraf Wielo-
polSki seine Demisston deßhalb eingercicht, weil
sein Antrag im Staatsrathc, die Soldatcn,
welche bei Powonki Verwundcte erschlagen,
zur Üntersuchung zu ziehen, von dem General
Berg mit Berufung darauf, daß dic Sachc
eine rein militärische sei, zurückgewiesen wor-
den und der Großfürst sich bei der Discusston
still verhalten habe.

Das Prisengericht in New - Aork hat die
Wcgnahme des englischen Schiffes „Peterhoff"
für gültig erklärt. Dieses Fahrzeug wirb
demnächst für Rechnung der Buudesregierung
vcrkauft.

Deutschland

Karlsruhe, 21. April. 74. öffentliche
Sitzung der ll. Kammer. (Schluß.) 8. 14.
Oeffcntliche Ankündigungen von polizeilich
strafbaren Unternehmunge» werden mit der

Napoleon III. und sein Hos.

Napoleon III. gibt nicht nur dcn Politikcrn, cr
gibt auch den Romanschriftstcllcrn vicl zu thun.
Lucian Herbcrt (pseudonym für Julius Gundling
in Prag) schlägt geradezu einc Romanbibliothek
aus dcm abenteuerreichen und bewegtcn Lcben dcS
jetzigcn KatserS der Kranzoscn heraus. Scinem zchn-
bändigen „LouiS Napolcon" folgt nun cin acht-
bändiger „Napoleon lll." auf dem Fuß. Bet dicscr
großcu Lnanspruchnahme des Lcbens Napoleon dcS
Dritten ist cs dem deutschen Napoleon-Romancicr
fretlich letcht geworden, dic Anekdoten und Cha-
racterzüge, die über dcn sranzösischcn Kaiser, seinc
Gcmahlin, seinen Hof bisher in llmlauf warcn,
zusammcnzustellen. So entstand das cbcn erschic-
nene pikante „Napolcon III. und sein Hos" (Leip-
zig, Grunow), aus dem einigcs Jntercssante, we-
nigcr Bckannte, hier scincn Platz finden soll.

Jnteressant ist cs beispiclsweise, in dem Buche
dic Rethenfvigc dcr Licbesverhältnisse LouiS Na-
polcoiW zu verfolgen. Die crfte Flammc des ge-
genwärtigeii Kaisers dcr Franzosen war Eleonore

Hälfte der äuf daS Unternehmen selbst ge-
drohten Strase gebüßt. Bei Ankündigungcn
durch die Preffe haften die nach dem Preß-
gesetz verantwortlichen Personen. Ohne Be-
sprechnng nach kurzer Bemerkung des Abg.
Hoffmeister angenommen. 8. 15. Die aüf
die Polizeiübertretung gesetzte Strafe trifft
nicht nur den Thäter, sondern auch den An>
stifter. Werden jedoch Polizeivorschriften, für
deren Beobachtung im Sinne dcrselben das
Familienhaupt, der Hausherr oder Hausbe-
sitzer, der Dienstherr, Lehrherr, GewerbSin-
haber oder Unternehmer zu sorgen hat, auf
deffen Anordnung vder Befehl durch Familien-
angehörige, DienstboteN, Lehrlrnge, Lohnarbci-
ter oder sonstige Hilfsarbeiter verletzt, so haf-
tet nur Derjem'ge, auf deffen Anordnung oder
Befehl bie Polizeiübertretung verübt worden
ist, es sei denn, daß der Thäter besonderer
polizeilicher Abmahnung oder Aufforderung zu-
wider gehandelt hat. Gehilfen oder Begün-
stiger einer Polizeiübertretung werden nur
dann bestraft, wenn das Gcseß dies ausdrück-
lich vorschreibt. Angenommen. 8. 16. Die
Strafe einer Polizeiübertretung wird dadurch
nicht ausgeschloffen, daß der Thäter anßer der
Uebertretung auch noch Verbrechen oder Ver-
gchen begangen hat. Hat Zemand durch ein
und dieselbe Hanblung ein Verbrechen oder
Vergehen und eine vder mehrere Polizeiüber-
tretungen verübt,, so kommt dasjenige Straf-
gesctz in Anwendung, welches die schwerste
Strafc anbroht. Wird ein Verbrechen odcr
Vergchen nur auf Anzeige oder Anklage des
Verletzten untersucht und ist die Polizeiüber-
tretung in Ermangelung einer, solchen fürsich
verfvlgt und bestraft wvrden, so ist diese
Strafe bei einer nachherigen Bestrafung des
Vcrbrechcns oder Vergehens in Abrechnung
zu bringen. Auf mehrere Bemerkungen des
Abg. Prcstinari, welchen Staatsrath Dr.
Lamep und Abg. Kusel beistimmen, beschließt
die Kammer, diesen Paragraphen zur noch-
maligen Berathung an die Commission zurück-
zuweisen. 8. 17. Die strafgerichtliche Ver-
folgung der Polizeiübertretuiigen erlischt durch
Verjährung, wo nicht das Gesetz bei einzel-
nen Üebertretungen etwaS Besonderes ver-
fügt, nach sechs Monaten von dem Tage der
Verübung an gerechnet. Ohne Discussion an-
genvmmen. §. 18. Eine wegen einer Polizei-
übertretung erkannte Strafe verjährt nach
Ablauf eines Jahres vom Tage der Urtheils-
verkündigung an gerechnet. Ängenommen ohne
Besprechung. 8. 19. Die Verjährung der
Strafe wird untcrbrochen: a) durch theilwei-

sen Strafvollzug für den Rest. der Strafe,
außerdcm b) bei Gefängnißstrafe durch Vor-
ladung des Verurtheilten zum Zweck des
Strafvollzugs, v) bei Geldstrafe durch die be-
wiüigtc Zahlungsfrist, oder durch die urkund-
lich erwiesene Zahlungsaufforderung deS mit
der Erhebung der erkannten Geldstrafe beauf-
tragten Beamten. Nach jeder Unterbrechung
läuft ei'nc neue Verjährungsfrist. Angenvm-
men; jedoch beantragt Prestinari den Zu-
satz: „8. 19a. Wo der Rückfall ein Erschwc-
rungsgrund, ist, erlischt dieser nach Ablauf
eines Jahres." Kusel, Moll und Eck-
hard unterstützen diesen Antrag, welchcr
schließlich zur Bcrathung und Berichterstattung
an die Commisston verwiesen wird. §. 20.
„Vergehen, welche nur auf Antrag der Po-
lizeibehörde gerichtlich verfvlgt werden dürfen,
können auf Antrag derselben als Polizciübcr-
tretungen abgeurtheilt werden, wenn nach dem
Ermessen des Polizeigerichts keine höhere alS
dic in 8. 6 bestimmte Stufe zu erkennen ist"
wird nach einer Debatte zwischen den Abgg.
Kusel, Prestinari, Staatsminister Dr.
Stabel, Staatsrath Lamep, dem Bericht-
erstatter Walli an dic Commisston zurückge-
wiesen. Hiermit wird die hechjige Berathung
geschlossen. (K. A.),

Karlsruhe, 22. April. (75. öffentliche
Sitzung der II. Kammcr.) Präsident: Hilde-
brandt. Am Ministertische: Staatsrath Dr.
Lamep, dic Ministcrialräthe Burger und von
Freydvrf, Das Secretariat zeigt eingegangene
Petitionen an, darunter aus Endingen um
Verlcihung eines Amtes bei Einführung der
neuen Verwaltungs- und Gerichtsverfassung;
der Bürgermei'stcr des Landamts Freiburg,
Pfandstrichsbewilligungen, und der Gemeinden
des ehemal. Amts Mcersburg, Zapfrechl für
selbstgezogenen Wein betr. Dic Tagesvrd-
nung führt zur Berathung dcs Berichts des
Abg. Walli über den Entwurf des Polizei-
strafgesetzbucheS. Walli berichtet über vie
an die Commisston zur nochmaligcn Berathung
zurückgegcbenen 88.16, 19s und 20. Für §.
16 Abs. 2 hat Prestinari andere Faffung
vorgeschlagen, die Commission schlägt nunmehr
folgende Faffung vor: „Jst die Polizciüber-
tretunA in der Folgc gestraft worden und wird
wegen derselben Handlung noch gerichtliche
Strafe erkannt, so ist die Strafe wegen Po-
lizeiübertretung ahzurechnen." Ohne Discus-
sivn angenommen. Bei §. 19 bcäntragte ge-
stern Prestinari einen Züsatzparagraphen 19s;
die Commission tritt diesem Antrage bei und
schlägk folgende Faffung vor: „Wo das Ge-

Gordon, die Tochter eines französtschen Rittmcisters,
der in Spanien gefallcn war. Eleonorc Gordon
war dic Vcrtraute NapoleonS bcim Attentat von
Straßburg. Sie war Sängerin und machte dem
Prätendcntcn im Svmmer 1836 in Baden-Daden
Avancen. Man sagt, daß fie gcträumt habe, Kai-
scrin dcr'Franzoscn zu wcrden. Iedcnfalls hat fie
stch sehr muthvoll benommen. WLHrend Louis Ra-
poleon in ocr Finkmattkaserne ohne Glück dic Trup-
pcn hrranguirte, pochten dic Gcndarmen bereits an
die Thür dcr Gordon, welchcr Perfigny cben hin-
terbracht hatte, daß das Unternehmen dcs Prinzen
zu schcitern drohe. Die Gordon verbrannte alle
auf den Aufstand bezüglichen Papierc, die Listcn
dcr Verschworencn, die Corrcspondenz mit denselben,
und als die Gendarmen die Thür einzuschlagcn
drohten, stellte fie etnen Schrank vor dieselbe, um
ihr Autodafe mtt Muße zu Ende bringen zu kön-
ncn. Ihrcr GetsteSgcgenwart war eS also zu vcr-
dankcn, daß in dem Proceß so wenig an den Tag
kam. Louis Napoleon bewahrtc der Gordon auch
noch lange ein wohlwollendeS Andenken. Er sxrach
noch, als ihn Louis Blanc 1845 in Hamm besuchte,
liebevoll von ihr.

Fast gleichzeitig hatte Louis Napoleon die da-
mals fünfzchn Jahrc alte Königin von Portugal
ins Auge gefaßt. DaS Portrait Maria da Gloria'S
hatte Eindruck auf ihn gemacht und er wäre nicht
abgcncigt gcwcsen, König von Portugal zu wcrden.
Abcr die Sache ging nicht recht zusammen, so große
Mühe sich änch seine Verwandtcn gaben. LouiS
Napoleon vcrzichtete am 14. Dccember 1835 in
einem officiösen Briefc auf dic portugiefische Can-
dtdatur, indem er schrieb: „Ueberzeugt, daß der
große Name, d-n ich führe, für metne Mitbürger
nicht immcr eine Ursache zur Ausschlicßung sein
wird, weil er fie an fünfzehn ruhmreichc Iahre er-
innert, wartc ich mit Ruhc in etnem freien gast-
ltchen Landc die Zeit ab, «o das Volk Diejenigen
in seinen Schoos zurückrufcn wird, «elche im Iahre
1815 von dcn Fremden verbannt wurden. Die
Hoffnung, einst Frankreich als Soldat und Bür-
ger dicnen zu könncn, stärkt meinc Seele und 1M
in meinen Augen mehr als alle Throne der Welt."

Mit der SLngcrin und der Königin rivalistrte
aber damals noch eine dritte Frau. Es «ar Ma-
thilde, König Jerome's fiebzchnjährige Tochter. Ste
schien LouiS Napoleon »ufrichtig geliebt zu haben.
 
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