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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0427

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Ueidtlbtrgtr Itilung

N 1«8


Samstag, s. Mat

^ Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
Mai und Iuni mit 36 Kreuzern abonniren bei
aüen Postaiistalkcn, den Boten rmd Trägern,
sowie der Erpedition (Schiffgaffe Nr. 4).

* Politische Umschau.

Das baperische Minisierium des Jnnern für
Kirchen- und Schul-Angelegenheiten hat daS
Gesuch, die Lehrerversammlung in Mannhxim
besuchen zu dürfen, genehmigt; jedoch müffen
die Lehrer die Genehmigung der Localschul-
Commisston einholen, da diese zu ermeffen hat,
ob durch die längere Abwesenheil des Lehrcrs
der Dienft deffelben in Ler Schule und Kirche
nicht beeintrschtigt werde.

Baycrn hat die Zollvereinsregicrungen ein-
gcladen, ihrc Berireter auf den Münchcner
Conferenzen zur Berathiing der österreichischen
Anerbietungcn wegen Zolleinigung und des
Vertrags mit Frankreich zu instruiren.

Die Wiedcranstellung des Obersten Patzke
scheint sich zu bestätigen, und zwar svll der-
selbe wieder bei der Berliner Polizei beschäf«
tigt werden.

Die „Enrope" crfährt aus guter Quelle,
die drei Mächte seien einig in der Ansicht,
daß, da das russische Cabinet die wahre Trag-
weite der europäischen Kundgebung nicht er-
kannt habe, die biplomatische Action in be«
stimmterer und dringenderer Form wiederauf-
zunehmen sei. Das Wiener Cabinet insbe-
sonbere werde seine Verwendung für die Freiheit
der katholischen Kirche Polens und des russ.
Altpolcns eintreten laffen, ohne von der Ver-
wenbung sür die politische Aukonomie abzu-
stehen, wosür Graf Rechberg das österreich.
Octoberdiplom als Vorbilb anzuführen ge-
denke.

Die Auflösung dcr Hannover'schen Abgeord-
netenkammer wurde völlig unerwartet versügt
und man muß, nach einer verblümten An-
dcutung der „Ztg. f. Nordd." vermuthen, daß
es auf eine Ueberraschung des Volks bezüg-
lich der neueu Wahlen abgesehen ist. Die frei-
sinnige Partei hat für diese, nun mit größter
Schnelligkeit betriebenen Neuwahlen noch gar
nichts vorgesehcn.

750 französische protestantische Geistliche
haben die englische Geistlichkeit aufgeforbert,
sür die unglücklichen Neger zu wirken, da bei
einem Sieg der Consöderirten christliche Civili-
sakion' und Huuianität um cin Zahrhunbert
zurückgeworfen werden würde. Bei einer Con-

fcrenz des Klerus in London wurde ihuen für
das Jntereffc, welcheS sie an 4 Millionen un-
glücklicher Menschen nehmen, gedankt und da-
bei versichert, daß man AlleS aufbicten werdc,
um Diejenigen zu entmuthigen, welche einen
Staat auf die Herabwürdigung der Mensch-
hcit zu gründen suchten.

Dre Beziehungen zwischen England und der
Union gestalten sich hier mit jedem Tage fried-
licher. Die „Times" schreibt heule: „Die
Rolle, welche die Unionisten jetzt auf dem
Occan spielen, haben wir selbst sehr oft ge-
spielt und können wir jeden Augenblick wieder
zu spielen gezwungen >Hn. Wenn der „Adela",
Ler „Peterhoff" und der „Dolphin" auf Grund
genügender Beweise ehrlich condemnirt werden,
ist die Frage zu Ende."

Zu Blacknath (England) wurde von einer
sehr großen Anzahl Arbeiker von Woolwich,
Deptsord u. Greenwich ein Mceting zu Gunsten
PolenS abgehalten. Es wurden energische
Resolutionen gcgen Rußland angenommen.

Wie in glaubhafler Weise vcrsichert wird,
hat die Haussuchung beim Grafen Dzialinsky,
welche zu so großartigen Enldeckungen geführt
habcn sollte, in Wirklichkeit gar nichts erge-
ben. Die Verschwörung im preußischen Staate
zur Jiisurgirung Posens — erweist sich alS
Erdichtung, so sehr jcder Schein von Conspi-
ration einer gewiffen Partei crwünscht wäre.

Durch kaiserliches Decret wurden Knuten-
strase, Brandmarken und Stockprügel auS dem
russischen Strafgesetz gestrichen.

Der Banditenchef Stramenga, der sich Ge<
neral Franz II. nennt, ist vvm Kirchenstaat
aus mit 200 Mann u. 2 Kanonen im District
von Accumoli cingefallen und hat dort bereitS
drei Dörfer niedergebrannü Vierzig Schwadro-
nen sind gegen ihn gesandt worden.

Nach einem Telegramm ber „A. A. Z."
sinb Lie in Spanien wegen Bibelverbreitung
angeklagten Protestanten Matamoros und AI-
hama von dem Gerichtshof in Granada auf
9 Jahre und Trigv auf 7 Jahre Gefängniß
verurtheilt.

DeutschlanV

Karlsruhe, 2. Mai. 82. öffcntl. Sitzang
der ll. Kammer. Vorsitz: Hildebrandt. Am
Regierungstische: Staalsrath Dr. Lamey.
Das Secretariat macht den Einlauf von Pe-
titionen bekannt: auS Bruchsal, das Zapfrechl
für selbsterzeugten Wein, aus einer Gemeinde
am Kaiserftuhl, ein Aml in Endingen u. von
einem pens. Volksschuüehrer aus Brenden,


L8S3.

Uebertragung einer Schulstelle betr. Die Kam-
mer schreitet zur Berathung des BerichtS des
Abgeordnetcn Artaria, die Abändcrung der
8§. 9 und 35 des Feuerversicherungs-
gesetzes betr. Der Antrag der Commission
geht dahin: „S. K. H. den Großherzog in
einer unterthänigsten Adreffe zu bitten, den
Ständen den Entwurf eines Gescßes vorlegen
zu laffen, wonach 1) die Bestimmung des §. 9
des Gesetzes vom 29. März 1852, zufolge
welcher der 5. Theil der Brandversicherungs-
summe aller bei der StaatSanstalt versicherten
Gebäude bei Pvivatgesellschaften versichert wer-
den darf, ausgehoben und 2) der §. 35 dieses
Gesetzes dahin abgeändert.wird, daß die zu
leiftendc Entschädigung in der ganzen im Feuer-
versicherungsbuche eingetragenen Summe zu
bcstehen habe." Bär findet in dem Zwange
der Besißer von Gebäuden, in einer StaatS-
.anstalt ihre Gebäude gegen Feuersgefahr zu
versichern, ohne daß ihnen der ganze Werth
des Gebäudes versichert werde, ein Unrecht.
DaS Staatsinstitut sei gut, aber dic ^eit sei-
nes Aufhörenö rücke doch immer nähcr. So
lange es jedoch noch bestehe, dürfe man eine
seiner Bestimmungen nichl beibehalten, welche
von denen nur verlangt wird, welche ein spe-
cielles Zntereffe daran haben. Der größte
Theil des LanbeS werde bie Entfernung dieser
Bestimmungen freudig begrüßen. Man fürchte
zwar, dadurch werden die Brandstiftungen er«
heblich vermchrt und daher die Branbversiche-
rungSbeiträge erhöht werden; allein seit die
Schwurgerichte bie Brandstifter aburtheilen,
seien diese Verbrechen. seltener gcworden, und
wer Lust habe, sein Haus abzubrennen, der
könne ja naH §. 9 deö Gesetzes das letzte
Fünftel in einer Privatanstalt zum höchsten
Wcrthe vcrsichern, also den ganzen Werth er-
halteu, wie wenn er bas Ganze in der Staals-
anstalt versichern könnte. Er unterstütze baher
den Commissionsantrag. Moll spricht sich in
langerRede gegen diesen Antrag aus; er bespricht
alle Mängel des GesetzeS, welche ihn, wenn
es anginge, veranlaffen würden, cinen Gegen-
antrag bahin zu stellen: die großh. Regierung
um Vorlage einer vollständigen Revision des
Gesctzes zu bilten. Nehme man den heutigen
Antrag an, so sei diesc Revision weiter hinauS-
gerückt. Faller spricht seine vollständige
Uebereinstimmuug mit dem Antrag der Com-
mission und deffen Begründung aus. Knies
ist ganz der Ansicht Moll's und bedauert, daß
ein Gegenantrag nicht geschäftsorbnungsmäßtg
sei. Kirsner erklärt stch für den Cvmmis-
sionsantrag, indem er die Einwürse von Moll

Urber die Mode.

(Schluß.)

Der Grund ist, daß der AbsaH der Modewaaren-
handler wescntlich davon abhangt, ob dcr Verkäufcr
das weibliche Herz und den weiblichen Verstand
richkig zu tariren versteht. Ein „gcwandter Ver-
käufer" duldet nie, daß dic Kundin eine Waare
aus subjectiven EcschmackSgründen zurückweist. Sic
mag in tiefstem HcrzcnSgrunde den Stoff verab-
scheucn, aber d-r gcwandic Vcrkäufer versichert ihr,
daß er ihn himmlisch finde, und fie glaubt ihm.
Jhr Spiegel, ihr Vcrstand, ihr Gattc sagen ihr:
„Ein hoher Hutstchtdeinrmlangen Gesichtcschlccht;"
der gcwandte Verkiiufer sagt: „Man trägt sie so",
und sie kauft den hochften Hut im ganzen Laden.
Hand auf's Herz, verehrte Frau, ist cs nicht so?
Narürlich, Sie inachen eS nicht so, abcr die An-
dcren?... Jrgend etne kleine Pariserin mit einem
runden Gesichtchcn entdeckt, daß cin hoher Hut fie
reizend kleidet, nnd vier Wochcn später trägt das
ganze weibliche Europa, die langen Gcsichter mtt
eingeschloffen, hohe Hüte. Und weil llebertretbung

die Tochter der Nachahmung ist, so wird dcr hohe
Hut jede Woche cinen Zoll höher, bts arn Ende
das Ertrem zu einer Reactton führt.

Aber wir haben ja selbst gesagt, daß man"der
Mode gehorchen soll? Allerdings, metne Damcn,
aber mit Verstand. llnterfuchen Sie, oder wenn
Jhr etgenes llrthcil unficher ist, fragen Sie einc
competentc Autorität, wclche besondere Farben und
welchc besondcrc Formcn Jhnen an und für sich am
besten stehen, und an diesen halten Ste entschloffen
fest, so langc cs ohne Aufsehcn möglich tst. Laffcn
Sie ganz Europa in Solferinoroth einhergehen;
blciben Sie bei Braun oder Grün odcr Blau, wenn
Zhrc Haarc oder Zhre Hautfarbc zu Solferino
nicht paßt. Jn Sachcn dcr Farbc ist man am ehe-
stcn unabhängtg. Was Schnttt und Form betrifft,
so ist dartn der Widerstand schon schwierrgcr. Ganz
sclbststLndig könncn Ste darin nicht operircn. Was ,
Sic aber konnen, daß tst dieS: vermeiden Sie die !
Ertremc. Wenn daS herrschende Modcll Jhrer j
Persönlichkcit ungünsttg ist, so folgen Ste dem Mo- !

^ dell nicht weiter, als gerade nothwcndig ist, um nicht !

aufzufallcn. Haben Sie z. B. cin langes Gesicht, !

! so tragen Sie zwar einen hohen Hut, aber von allen >

hohen Hüten den niedrigsten, der kein Auffehen
macht. Stnd Sie von Wuchs kurz und dick, so be-
dicnen Sic sich zwar einer Erinoltne, abcr um Got-
teswillen suchen Sie fich das engste Gestell aus,
welcheS mit der Gewöhnung des Auges sich ver-
trägt. Jch kann Sic versichern, nichts fieht lächer-
lichcr und vulgärer aus, alS eine kurze rundliche
Damc, dercn Durchmeffer größer ist als ihre Höhe.
Ferner, wenn dic Natur Zhnen cin häßlichcs....
ich vcrfpzcche mich, nur ein gewlffes Maß körper-
licher Schönheit verliehcn hat, so tragen Sie ihr
Haar nicht tn Formen, welche dcr Kaiserin Eugcnie
oder der Signora Patti einen piquanten Reiz ver-
leihcn, sondern b-hcrzigen Sie die Wahrheit, daß
in Ahrem Falle „Einfachheit die beste Polttik tst."
Mit cinem Worte, fragen Sie nicht, was für An-
dere, fondern immcr nur was sür Sie paffend ist.
Können Sic fich ctwaö AbgcschmacktercS dcnken als
jene plumpen brciten Frauenziminer, welche thr
Haar » la vdinoise srisiren, blos wcil sie cinmal
cin hübschcs Soubrettengeficht in dteser Coiffure
reizcnd gcfundin haben? Wenn etn einzigeS Dritt-
theil der Aufmerksamkett, welche darauf verwandt
wird, „wte süß Minna in dcm Blaßltla aussah"
 
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