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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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Ueidtlbtrgrr Itilung.

Ns 13S


Mkttwoch, 17. ZlMi

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zeile werdea mit 3 kr. berechnet.

18«3

* Politische Umschau.

Der deutsche Schützenzug nach Lachaurde.
fondS (schrcibt man der „Wes.-Ztg.") schemt
mcht so zahlreich werden zu sollen, wie cs
anfangS den Anschcin hatte. Den Grund hie-
für erblickt die „Südd. Z." wohl mit Recht,
außcr in den fast gleichzeitigen größeren
Schütz,enfesten bei uns, namentlich dem Mann-
heimer, in dem wachsendcn Ernste unserer
eigenen äußeren und inneren Lage, welcher die
Lust zu Festbesuchen im Auslanve vermindern
müffe. Auf etwa 800 bis 1000 Schützen rech-
net man doch.

Bezüglich deS deutsch - dänischen Conflicts
glaubt die „Postztg." aus guter Quelle zu
wiffcn, daß das englische Cabinet an seine
diplomatischen Vertreter in Wien, Bcrlin und
Frankfurt die Mittheilung hat crgehen laffen,
daß es alle im Herzogthum Holstein Seitens
des deutschen Bunoes etwa beabsichtigten
Schritte ruhig werde geschehen lassen, daß
aber gegen das Herzvgthum Schleswig nichts
unternommen werden dürfe.

Am 18. Octobcr, als dem 50. Jahrestag
der Völker-Schlacht bei Leipzig, soll die Grund-
steinlegung zu dem in Ausführung begriffenen
Schwarzeiiberg-Monumente stattstnden.

„Morningpost" sagt, in Preußen gebe cs
nun keine Preffe mehr; stchereik'Tod wäre es
für jede Zcitung, die Preßvrdvnnanzen zu be-
sprechen; die Minister seien Kläger und Rich-
ter in ihrer eigcnen Sache. Die Geduld des
VolkeS werde auf eine harte Probe gesetzt;
es sei schwer zu glauben, daß es stch dcm
Muthwillen der Junker ruhig unterwcrfen
werde.

„Europc" erfährt, die Rede zu Danzig sei
dem Kronprinzen von Palmerston eingegeben
und ihm die Gefahren, in welche Bismarck
Prcußen bringe, vorgestellt worden. Rußland,
erfährt „Europe" ferner, sci gcneigt, das von
Oesterrcich modificirte Programm anzunehmen
und einer Conferenz über die polnische Ange-
legenheif, die in Wien gehalten werden soll,
zuzustimmen; Oesterreich verlange administra-
tive, nicht politische Autonomie für Polen.

„Dailp News" sagen, aus der gestrigen
Debaite im Oberhaus hätte dic Faction, die
in Berlin am Ruder sei, erfahren, baß ste
pon ben englischen Conservativen ebenso ver-
achtet werbe, wie von den preußischen Libe-
ralen; die gemcine List und Heuchelci, welche
bei der Convention zu Lage gctreten, sei
wahrhaft erniedrigend; eine Regierung, die
eines solchen BetragenS fähig sei, zerstöre das

Vcrtrauen, worauf jede Freundschaft beruhc,
und Preußen sei daher der isoljrteste und be-
drohteste Staat Europas.

„Times" betrachten die Belagerung von
Puebla als ein wichtigcs militärisches Ereig-
niß; die Armee habe mit großer Mühe «id
Opfern die Straße nach Meriko stch geöffnet;
die Franzoscn hättcn bereils grmurrt und der
Zauber deS Kaiserreichs wärc gebrochen wor-
den, wcnn ein degenerirtes Volk erfolgreichea
Widerstand gelcistet hättc ; noch einmal habc
Frankreichs Glück die Oberhand behalten; es
frage stch nur noch, ob bei dem weiteren
Marsch nach Meriko die Merikaner denselben
zähen Widerstand, wie früher dem Gcneral
Scott, leisten werden.

Die von Warschau gemeldete Beraubung
der Bank zum Vortheil dcr Nationalregierung
ist eine jener unerklärlichen Erscheinungen,
über welche erst in späterer Zeit einigeS Licht
verbreitet werden wird; heute behreiftRiemand,
wie in Warschau eine geheime Regicrung unter
den Kanonen der Citadelle bestehen kann, dic
Proclamationen erläßt, Zeitungen herausgibt
und Abgaben erhebt; dic Vermuthung liegt
nahe, daß ste nur in einem privilegirten, vor
Haussuchung der russtschen Behörde geschützten
Gebäude ihren Sitz haben kann. -Was die
Sache noch unerklärlicher macht, ist cin Artikel
des.„Czas", des Organs des Rationalcomite's
in Krakau, welcher sagt: Die Jnsurrection
wurde durch Verzweiflung hervorgerufeu, die
Diplomatie handelt aber leichtstnnig, indem sie
die Sache verschleppt, während die Ruffen
alle möglichen Gräuel verüben. England aüein
begreift den Ernst der Lagc, da es einen
Waffenstillstand vorgeschlagen; die Polen der
Großmuth des Czaren überlaffen, heißt die
Spmpathien der Polen verscherzen und Na-
poleon mit dem Czaren in enge Verbindung
bringen. Durch Zaudern bewiese Rapoleon,
daß cr mit Rußland, zur großen Gefahr
Europa's und dcr Freiheit, alliirt ist, um bie
Orientsrage im Verein mit Rußland zu lösen;
nur Englanbs und OesterreichS Jnitiative
könnte dies verhindern.

Deutschland

Karlsruhe, 0. Junr. (35. öffentl. Sitzung
der I. Kammer.) Schluß. Staatsminister
Dr. Stabel: Dic Commisston wolle mit
ihrem Antrag eine Streitfrage entscheiben,
welche die juristischen Köpfe Deutschlanvs von
jeher beschäflige. Nach §. 66 der Verfaffung'
habe die Regierung baS Recht, „die zu Völl-

zug und Handhabung der Geseße erforderlichen
— die auS dem Aufstchts- und Verwaltungs-
recht abfließenden — und aüe für dic Sicher-
heit des Staates nöthigen Verfügungen, Reg-
lements und allgemeinen Verordnungen" zu
erlassen. Es sei nun denkbar, daß die Regie-
rung dje Grenzen des Verordnungsrechts über-
schreite, und im Berordnungsweg bestimme,
was durch Gesetze bestimmt werden sollte. Jn
diesem Fall entstehe die Frage, ob dic Gerichte
herechtigt seien, einer solchen Verordnuug, als
einer ungiltigen, die Anwendung zu versagen,
vder ob ste ste anwenden müffen, biS fie auf
Reclamation der Landstände bcscitigt fei? Diese
Frage sek in andern deutschen Verfaffungen
nicht berührt; die bädische Verfaffung dagegcn
fage hierüber in §. 67: Verordnungcn, wo-
rinnen Bestimmungen eingefloffen stnd, wo-
durch die Kammern ihr Zustimmungsrecht für
gekränkt erachten, sollen auf ihre erhobene ge-
gründete Beschwerde sogleich außer Wirksam-
keit gesctzt werden. Durch den beantragtcn
Zusatz sei die Strcitfrage freilich nicht cnt-
schieden und in keinem Falle so, wie dic'Com-
misston beabstchtige, daß nämlich die Gerichte
ermächtigt sein sollten,- die Verordnungen der
Regierung in Ansehung ihrer Giltigkeit zu
prüfen. Vor Aüem sci zu bcdenken, daß eine
Verfaffungsfrage ben Gegenstand der Entschei-
dung bilde, iudem dke Verfaffung crgänzt und
erläutert werden soll, und daß eS dazu nach
K. 64 dcr Verfassung eines Verfaffungsge-
setzes bedürfc. Der Paragruph werde aber
auch eine der beabstchtigten geradezu entgegen-
gesetzte Wirkung haben. Durch die Erlassung
eincs Polizeistrafgesetzes sei von sclbst ausge-
sprochen, daß die Regierung in Polizeistraf-
sachen kein Verordnungsrechk mehr habe. Das
Gebiet der Polizeistrafsachen stehe der Regie-
rung nur noch insoweit zu, als ihr im Poli-
zeistrafgesetzbuch ausdrücklich vorbehalten sei,
einzelne Handlungen als strafbar zu bezeich-
nen ünd mit Strafe zu bedrohen. Der Richter
habe nur noch auf Grund des Polizeistrafge-
setzes zu prüfen. Der Regierung könne es
glcichgiltlg sein, ob man den beantragten Zu-
jatz beschließe oder weglaffc; nur Das müffe
ste erklären, daß sie darin keinen AnhaltSpunkt
für die Entscheivung der Verfaffungsfrage fin-
den könne, ob die Gerichtc ihrer Cognition
unterziehen dürften, vb K. 66 der Verfaffung
durch eine ergangenc Verordnung verletzt sei
oder nicht. Hofrath Dr. Bluntschli gehört
der Majorität der Comnitsston an und wünscht
die Aunahme des Antrags. Er habe mrt gro-
ßem Vergnügen wahrgenommen, daß auch die

Der Brand des Kaithratrrs in Wien.

Einer Local-Lorrespondcnz entnehmen wir: Nach
halb 10 Uhr hatte sich bereits sämmtliches Theatcr-
Pcrsonale auS dem Theater entfcrnt, auch Lcr
Jnspector hattc nach genommener llmschau die
Schließung der Localitäten oorgenommen und das
Gebäude oerlaffen, tn welchem blos die bciden
Feucrwächter und der Portier zurückbliebcn. Die
Feucrwächtcr besandcn fich eben im vordern Theilc
dcs Hauses, als sie durch ein Knistcrn und Pras-
seln, welches auS dem hintcrn Tracte vernehmlich ^
hervordrang, auf den entstandencn Brand auf-
merksam gemacht wurden. Das Feuer kam im
hintern Tracte des Gebäudes, gegenüber dem Ket-
tenstegc, in der Garderobe zum Ausbruch, und ist
unzwcifelhaft durch Unvorsichtigkeit oder Nachläs-
sigkeit entstanden. Aus den Direktionskanzlciep
wurden sämmtliche Papiere nnd Schriften gerettet,
auch dte Wertheim'schc Kaffc konnte noch fortge-
bracht werdcn, wobei ein Löschmann eine Zerqvct-
schung eineS Fingers erliit. Ein Mann vom
Theater-Personale erlitt auch bcim Ausräumcn
durch tcn Herabsturz einer Decke Verletzungen am !

Kopfe und im Gesichte. Auf dcm Brandorte «urde
dte ganzc Nacht hindurch mit größter Anstrengung
gearbeilet. Heute Morgens bezeichnete nur ein
Trümmerhaufc unb einigc aufrechtstehende, abge-
brannte Balkcn die Stellc des Theaters. An der
.Abdämpfung der noch unter dem Schutte fortlodern-
den Maffe wird ununterbrochen gearbeitct. Bei dem
Einsturz deS Rauchfangs wurdc leider der Feucr-
commiffär Hcrr Mayer von einigen Ziegeln ge-
troffcn und nicht unbedeutcnd verletzt, so daß er
mittclst cines Wagcns in seine Wohnung gcbracht
werden mußte. Dte Meinung ist irrig, als sci der
Brand insbcsoildcre durch das Gas dcrart ange-
facht worden. Auch soll bereits durch eine com-
missionelle Erhebung sichergestellt sctn, daß das
Fcuer nicht durch dic Gasbeleuchtung entstand, man
vermuthet vielmchr eine Unvorfichtigkeit mit ge-
wöhnlichem Licht. (Dic Wr. Z. erwähnt als Ge-
rücht, das Feuer sei böswtlltg angelcgt worden.)
Aus glaubwiirdiger Quellc will dtc Wr. Local-
Lorrespondenz erfahren haben, daß Director Treu-
mann bci der Eröffnung des Theatcrs daffelbc bei
drei Affekuranz-Gesellschasten mtt dem Beirage von
220,000 si. versicherte. Später aber, als fich durch

dte Einnahmen dte Baukosten größtentheils als
gedeckt herausstellten, löste Treumann daS Affeku-
ranz-Berhältniß bts auf die Höhe »on 70,000 fl.
Jn großer Lebensgefahr schwebte der Portier deS
Theaters, «elcher fich zunächst der Theaterkanzlei
im Jnnern befand und Manuscripte retten wollte.
Derselbe sank auf einer Stiegc zusammcn und wärc
sicher etn Opfer der Flammen gewordcn, «enn ihn
nicht «in dort eindringcnder Löschmann gefunden
und gercttet hätte. Von dem Brande «urdcn auch
fast sämmtliche Orchester-Mitglicdcr betroffen. Da
nämlich heute Vormittags einc Orchesterprobc statt-
finden sollte, hattcn dic Musiker, was sonst nnr
selten zu geschehen pflegte, alle ihre Jnstrumentc
und Mustkalten im Orchester belaffen, und diese
find nun sämmtlich vernichtet. Etn Fagottist, der
ein schr werthvollcS Instrument besaß, das er stets
mit größtcr Sorgfalt nach Hause trug,' hatte sein
geliebteS Fagott dieses einzigemal im Theater zn-
rückgclaffcn, und auch dieses ist nun wohl längst
zu Aschc geworden. Der arme Fagott-Bläser «einte
heute Morgens bttterltch vor den Ruinen, die auch
seinen verntchteten Schatz in dem rauchenden Schutte
bergen. Beim «rsten Anblicke der nahen Feuer-
 
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