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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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18«3

ZnsertioilSgebührea sür die SspaltigeWetit-
zeile werden mit 3 kr. berechnet.

«mwg« ,»,,,4.

Tamstag, 2«. Zuat

Die deutsche Frage u. ber Herzog
von Covurg.

WaS der theoretischen Belehrung bisher nicht
gclang, i'st durch die Macht der Ereigniffe mög-
lich geworden: Die Zdee eines Kleindeutsch-
lands unter preußischer Hegemome wird nach
und nach von ihren treuesten Anhängern auf-
gcgeben und für daS erkannt, was ste seit
ihrer in neueren Jahren mühsam bewerkstellig-
ten theoretischen Fehlgeburt war, — für eine
iyhaltslose unpraktische Doktrin, für eineu leeren
Kathedcrwahn.

Jn den Jahren 1849/1850 mochte sich dic
Sache wohl ganz ankers verhalten haben,
allein die Frage dcr politischen Gestaltung u.
der Hegemonie Gesammt-Denlschlands ist eine
solche, die eben nur durch die Machl der Ver-
hältnisse entschikden werden kann; dieselbe
muß sich nach den jeweiligen thatsächlichen
Zuständcn richten, und es war von vorn
herein — seit dem Wiederauftauchen diescr
Frage im Zahre 1859 — ein großer Fehler
von ihren Vertretern, dieselbc zu einer förm-
lichen Principien-Frage zu gestalten.

Sluf der BasiS der thatsächlichen Verhält-
niffe ist aber eine deutschc Centralgewall nur
in Form eincs Fürstencollegiums denkbar, un-
ter dcm alternirenden Vorsihe von Oesterreich
und Preußen. Bei den vo» diesem CoUegium
zu fassenden Beschlüffen müßte auf das rein
deutsche Machtverhältniß der Stimmgebenden
entscheidcndcs Gewicht zu legen sein. Dieser
Centralgewalt müßte ein Parlament zur Scite
stehen, gebildet aus ständigen Ausschüffcn der
BundeSstaaten nach Verhältniß ihrer Bevöl-
kerung. Das Project einer Dclegirten-Ver-
sammlung ist natürlich ganz aufzugebe». Der
Centralgewalt muß die Oberanssicht und das
Obercommando deS Bundesheeres, sowie die
Gesammtvertretung des dcutsche» BundesstaatS
nach Außen zustehen. Für Differenzen der
Bundesstaaten unter sich ist ein BundesschiedS-
gericht zu errichten. Mit der Krvuc Ocster-
reich, als selbstständige europäische Großmacht,
die niir mit ihrem deutschcn Gebiete in den
Buiidcsstaat eintritt, hättc Preußen im Verein
mii dem »euen Bunde einen bleibeiiden un-
auflösbaren Vertrag zu schließen, in welchem
Oejterreich für aüe Zciten dcr Besitz seiner
Länder garanlirt würbc, während wieder um-
gekehrt Ocsterreich sich zu verpfiichten hätte,
mii seincr Gesammtmacht sür del, Territorial-
bestand PreußenS und des Bundes einzulreten.
Prcußen sowohl wic Oesterreich wären ver-
pflichtet, ohnc ihre gegenseitigc Einwiüigung

Beim Festmahl im Lonciliumsaal zu K onstanz
antwortete Se. Königl. Hvheit der Großhcrzog^
aus dcn Toast deS Hrn. BürgermeisterS Stadler
mit solgcnder Tischrcde:

„Mcinc Herren von Konstanz!

Sic habcn mir persönlich heutc »icl« Ehre er-
wtesen und find mir mit dein frcundlichstc» AuS-
druck von Gesinnungcn entgcgen gckommrn, deren
Wcrth ich gerne hochschätze und recht dankbar erkcnnc.

Sic, Herr Bürgcrmctfter, haben der Bedeutung
alles Deffen, waS wir heute hier schaucn und vcr-
nehuien durften, an Glanz der Ausschmückung, wie
an Wärme der Bcgrüßung, in bercdlen Worten
cinen AuSdruck verltchcn, der inich zu besonders
herzlichem Danke verpstichtct.

Auch ich bcgrüßc das hcutigc Fcst von ganzem
Hcrzcn, da eS eincn «ichtigen Abschnitt in dcr Snt-
wicklungsgeschichte Badens bildet, — die innigere
Vcrbindung mit einem Landestheilc, der die Vor-
zigc dcS großen Weltverkchrs bishcr noch vermißte.
Dic Lrfüllung 0-S längst crschntcn WunscheS ge-
wäbrt nun die Möglickkcit freirfter Entwicklung
aus allen Gebieten dcS bürgerlickcu Lebcns. !

Konstauz, reich an schönstcn Vorbildern htfto-

kei'nerles Kri'cge zu führen, bei denen deutsche
Zntereffcn gefährdet würden. — DieseS mit
einzelncn Modi'sicati'vnen von den Anhängern
ei'ncr wahrhaft großbeutschen Richtung schon
längst aufgestellte Programm ist in neuester
Zeit von dcm Herzoge von Coburg adoptirt,
und in dirser Form und in einer besonderen
Denkschrift näher erläutert, dem WienerHofe
vorgelegt worven. Zene salsche großdeutsche
Richtung, dic anstatt eine Hegemonic Prcn-
ßens nur eine Hegemonie OesterreichS, und
zwar eines OefierreichS in ihrem Sinn, näm-
lich eineS absolutistischen und ultramontanen
will, übcrgehcn wir al« eine nicht minder un-
zeitgemäße Anomalie mit Stillschweigek. —
Sicher ist nun freilich, daß eine pcrsönlich
einheitlichc Spitze immerhi» die wünschens«
wertheste Lösung von einer seden, so auch der
deutschen OberhauptSfrage wäre, und einer
mehrköpfigcn Spitze, wir einem DirectoriuM
in Form eincS Fürstcricvllegiums weit vorzu-
ziehen sein würde. Allcin diese letzterc Be-
gründung der . deutschen Führerschaft ist auf
der Basis der bestehenden Verhältnisse viel
cher durchführbar, während sedc andere Lösung
dcr deutschcn Frage ohne Revolution unb Bür-
gcrkrieg nicht denkbar ist, wenn sie überhaupt
nicht blos auf dem Papierc blciben, vielmehr
praktische Geltung erlangcn soll. — Ueber dem
nicht ausführbaren Beffcrn ist also daS er-
reichbare Gute nicht zu unterlaffeki. Von die-
sem Gesichtspunktr aus und bei dem jetzigen
trostlosen Zustanbe in Berlin ist dcn Be-
mühungen des deutschgesinnten Herzogs von
Coburg am Wiener Hofe nur alles Gcdeihen
und der bestmöglichste Erfolg zu wünschen.

* Politische Umschau.

„Times" sagen, die Worte des Kronprinzen
haben ihre Wirkung auf den Hof, das Cabi-
net und das Publikum nichk verfehlt. Der
Zorn deS KönigS kannte keine Grenzen, bei«
nahc hätte er seinen Svhn, wie eS einst sein
Ahn gethan, vor ein Kriegsgericht verwiesen;
er verlangte in cinem Brief an den Kron-
prinzen, vaß er seine Worte wibcrrufe, sonst
werdc er seiner Ehren und Stellen verlustig
erklärt werden; darauf antwortete der Prinz
im Einvcrständniß mit bcr Prinzessin in festem
Tonc, er werde nichls widerrufen, sei bercit,
auf Stellen und Würden zu verzichien unv
verlaugc nur, sich nach einem Orte zurück-
ziehen zu bürfen, wo er vom Verdacht, in
Staatsaiigelegenheiten eingreifen zu wollen,
fbei sein wurde. Der Brief soll vortrefflich

rischer Pcrsönlichkeitcn, deren scgcnreichcs Wirken
noch langc nachhallen wird unter allen vcrwandten
Geistcr« gedildcter Völker — bcginnt nun eine
»cüe Arbeit crnstefter Art, von dercn richtiger Be-
handlung das Wvhl und Gedeihen künfttger Gc-
ncrationcn abhängt.

Metnr Herren! Laffen Sie auf der ncuen Ver»
kehrSsiraße, dic «ir heute eröffneten, das Licht der
Wiffenschaftcn und Künste in dem fortschreitenden
Maße unseres hochstrebenden Zeitalters mit dcr
ganzen Kraft der Wahrhcit in Jhre für alles Gutc
empsänglichen ehrwürdigen Mauer« eindringen, da-
mit dic Segnungcn der innern politischen Entwick-
lung unsereS Landes die Rcifc erlangen können,
deren fie bkdürfcn, um dauerndc Wirkungen zu
übcn. Vereinigen wir unS daher an diescm denk»
würdigen Orte zu'dem freien Bekenntniffe und
Wunschc, cS möge unS in weitesten Kretsen deutfcher
Männer gelingcn, mit ernstem Streben das hohe
Ziel zu crreichen, daS einer unsercr vaterländiscken
Denkcr in dic Worte gzfaßt: „Reif sein, ist Alle«!"

Jn solcher Gefinnung lade tch Sie ein, mcine
Herrcn, als dankbare GSste dieser Stadt ihrem
Wohl und Gedeihcn cin freudiges Hoch zu bringen.

sein, und der Prinz ist glücklich, eine Gemahlin
zu besitzen, die ihm in so kritischer Lage zur
Scitc steht.

Nach der „Morning-Post" sind die nach
PeterSburg abgegangenen Noten indenttsch,
ausgenommen, daß Oesterreich nichl die Ein-
stellung deS Kampfes befürwortet. England
sei im Verwerfungsfall zwar nicht kriegSbe-
reit; dvch möchte es für Rußland gerathen
sein, ehestenS einzulenken.

Deutschland

Karlsruhe, 13. Juni. Die hiesigen Bank-
häuser G. Müller und Cons., Gebrüder Haas,
Eduard Kölle, welche bekanntlich bei großh.
Staatsministerium ein Gesuch um Concessio-
nirung einer badischen Notenbank eingereicht
haben (die Bank soll ihren Sitz in Karlsruhe
Haben, Filialc in Mannheim und Freiburg er-
richtet werden), nehmen für bie erste Actien-
ausgabe 10,0M Actien ä 500 si. oder 5 Mill.
Gulden in Aussicht. Sie haben in Verbindung
mit einige'n Bankhäusern ersten RangeS i»
Frankfurt a. M., sowie andern Mitgründern
aus den verschiedenen Landestheilcn die Hälfte
obiger Summe zum Nennwerthe übcrnommen,
und soll die andere Hälfte dem Publikum durch
Unterzeichnung überlaffe» werden, Die Bank«
häuser crachtcn es im Znteresse der Sache für
angemeffen, der Rcgierung den Nachweis zu
liefern, welchen Anklang daS Unternehmen fin-
det, und laden deßhalb durch Rundschreiben
vom Heutigen die Kapiialistcn cin, sich bis
spätestenS 18. d. M. durch Actienzeichnung an
dcm Unteriiehmen zu betheiligen. (B. L.-Z.)

Frankfurt, 18. Juni. Zn »er heutigen
BundesragSsitzung wurde der Vortrag dcr ver-
einigtcn AuSschüffe übcr die setzige Sachlage
in ber holsteinischen Angelcgenhett erstattet.
Zhr Antrag geht auf eine an die dänische Re-
gicrung zu richtenbe Aufforderung. Der k.
dänische Gesandte legt hiergegen Berwahrung
ein. Die Abstimmung soll in 3 Wochen er>
folgen.

Bayern. Der Turnverein in Neustadt
a. d. H., und mit ihm wohl allc pfälzer Turn-
vereine, sinb als unpolitische Vereine wieder
hergestellt, sofern sie durch cinen Beschluß der
Hauptvcrsammlung erklären, fich aller mili-
tärischen Uebungen mit Waffen zu enthalte».

Kisfingen, 16. Zuni. Heute ist Zhre Maj.
die Kaiserin Elijabeth von Oesicrreich in Be-
gleitung ihreS kaiserlichen Gemahls hier ein-
getroffen.

BerU«, 14. Juni'. Vorgestern früh tr

Die Stadt Konstanz und ihrc treuen
Bürger lebenhoch!"

(Ein serbischcr Thronfolger.) Kaspar
Swoboda, der 23sährige Sohn cineS GastwirtheS
aus Prag, conditiontrte früher als Frlscur iir
Teplitz und unternahm später einc Reise nach Ruß-
land. Zn Warschau machtc er die Bckanntschaft
mit der Adoptivtochtcr des GcneralS Manuelow,
es cntspann sich ein Liebesvcrhältniß und nach bcm
Tode dcs GcneralS kaui^wischcn den beidcn jungen
Leuten cine Heiraih zu Standc. Swobooa etablirte
nun mit setner Frau, welche eine Mitgift vvn
5000 fi. hattc, in Warschau ein Fnseurgeschäst.
Dic daselbst auSgebrochenen Unruben störtcn jedoch
das Gcschäft; Swoboda verließ Warschau und kam
im Dczember nach Wien. Dort logirte er fich im
Hotel zum goldene» Kamm ein, legte fich den Titel
RicolauS Mänuelow bel und gab vor, im Auftragc
dcS rusfischen Ezars auf ber Reise nach Serbien
zu setn, um dort der Kachsolger deS Fürsten zu
«crben. Zn dleser Eigen,chaft zechte er standeS»
gcmäß und verschwand eines TagrS mit seiner Frau,
indem er im Hotel einc unbezahltc Rechnung von
mehr alS 300 fi. zuruckgelaffen hatte. - JnPcsth
wurdc der Flüchtige indeß ereilt und vorige Woche
stand er vor dem k. k. Landcs- und Strafgerichtc.
Er wurde de« Bctruges schuldig gesprochen und zu
zwei Jahren schwcrem Kcrkcr verurtheilt.
 
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