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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0298

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ſemiten, ein biderber Wäſchehändler, ſteht, an den Prager
Stadtrath gerichtet wurde. In dieſem unterthänigſten Pro-
memoria werden die ehrſamen Stadtväter gebeten, dahin zu
wirken, daß den deutſchen Coule urſtudenten in
Prag das Tragen von ſtudentiſchen Abzeichen, Mützen
und Tricoloren u. ſ. w. verboten werde. Begründet
wird dieſe Narretei vor allem mit der Unwahrheit, daß
Prag eine „czechiſche Stadt“ ſei. Dieſer Charakter werde
ihr aber dadurch geraubt, daß man in den Straßen zahl-
reiche deutſche Studenten herumziehen ſehe, welche an ihren
Abzeichen leicht erkennbar ſind. Die Prag beſuchenden
Fremden müßten die Meinung bekommen, ſie befänden ſich
in einer Stadt des deutſchen Reiches. Die deutſchen Stu-
denten ſeien an zahlreichen Reibereien ſchuld; die czechiſche
Landbevölkerung, welche aus Furcht vor Zuſammenſtößen
mit den deutſchen Studenten die verſchiedenen czechiſchen
Feſte in Prag nur ſpärlich beſuche, werde ſich dann, wenn
jenes Verbot ergangen ſein werde, wieder zahlreich in Prag
einfinden. Es iſt gewiß luſtig, wenn die Petenten einer-
ſeits behaupten, Prag ſei eine „czechiſche Stadt“, und wenn
ſie auf der andern Seite erklären, die czechiſchen Landbe-
wohner in der Umgebung Prags fürchteten ſich, die Haupt-
ſtadt zu beſuchen — eben dieſer deutſchen Studenten wegen.
Dagegen iſt es allgemein bekannt, daß die deutſchen Stu-
denten alle Urſache haben, Ausflüge in den Machtbereich
dieſer harmloſen Landbevölkerung zu unterlaſſen — die
Namen Kuchelbad und Veleslavin, in welchen beiden Orten
das eine Mal über deutſche Studenten, das andere Mal
über deutſche Studenten und Turner ein verhängnißvoller
Steinhagel niederging, ſtehen den Prager Deutſchen noch
in zu friſcher Erinnerung. Ueber das „czechiſche Prag“,
deſſen 50 000 deutſche Bewohner, ſowohl was Intelligenz
als was Beſitz anlangt, die Elite der ganzen Bevölkerung
bilden, ſei mit dem großen Wäſchehändler nicht weiter ge-
rechtet, der ſich mit ſeiner Petition auch inſofern verrannt
hat, als der Prager Stadtrath eine rein communale Be-
hörde iſt, die kein Recht hat, irgend jemanden und am
allerwenigſten den deutſchen Studenten, deren Abzeichen und
Farben ihnen geſetzlich zugeſtanden und ſtatutariſch gewähr-
leiſtet ſind, das Tragen von Bändern und farbigen Mützen

zu verbieten.
Ausland.
Paris, 8. Septbr. Mehrere Blätter wollen wiſſen,
der bisherige franzöſiſche Geſandte am portugieſiſchen Hofe,
Billot, ſei für den Botſchafterpoſten in Berlin auser-
ſehen. — Freyeinet hat für Ende September die Ein-
ladung der Stadt Toulouſe zur Einweihung ver-
ſchiedener öffentlicher Anlagen angenommen. Er wird aber
vorher ſeinen Neffen in Bordeaux beſuchen und ſpäter von
Toulouſe nach Montpellier gehen, um dort die mehrer-
wähnte politiſche Rede zu halten. — Der jetzt in Marſeille
weilende Kriegsminiſter General Boulanger trifft

morgen in Paris ein und wird dann unverzüglich den Be-

richt prüfen, den der zur Unterſuchung nach Belfort geſchickte

Ordonnanzoffizier über die Geſchichte mit dem penſionirten

ſächſiſchen Officier zu erſtatten hat.
London, 8. Septbr. Der Standard ſchreibt, die
Sache des Fürſten Alexander von Bulgarien
ſei die Sache einer jeden Macht, welche gegen die Herſtel-
lung der Herrſchaft Rußlands in Konſtantinopel ſei. So
langſam auch die Proceſſe der Diplomatie ſich vollziehen
möchten, ſo dürfte Fürſt Alexander doch zuverſichtlich an-
nehmen, daß er, falls er ſich entſchließe, die Geſchicke ſeines
Volkes zu theilen, im Kampfe nicht bloß auf ſeine eigenen
Hilfsquellen angewieſen ſein werde.
Madrid, 8. Sept. In Coruna haben in den letzten
Tagen wiederholt ernſthafte Unruhen ſtattgefunden,
welche das Einſchreiten des Militärs nothwendig machten.
Infolge einer Erhöhung der Stadtzölle, einer Maßregel,

welche bereits im vorigen Jahre in ganz Spanien eine be-

denkliche Gegenbewegung hervorgerufen hatte, ſcharte ſich
die Menge zuſammen, plünderte das Haus des Steuerem-
pfängers, verbrannte deſſen Briefe und Papiere und ſteckte
die Holzhäuschen der Zollwächter in Brand. Nach den
neueſten Nachrichten ſoll die Ruhe wiederhergeſtellt ſein.
Warſchau, 8. Sept. Seit einiger Zeit ſind die Be-
dingungen für die Ausfolgung von Auslandspäſſen
ſeitens der ruſſiſchen Behörden bedeutend erſchwert wor-
den; namentlich bezüglich der dem Armeeverbande ange-
hörigen Perſonen, welchen infolge deſſen eine Reiſe ins
Ausland nahezu unmöglich gemacht wird.
Sofia, 7. Sept. Fürſt Alexander empfing heute
Vormittag die Vertreter der fremden Mächte und
dankte denſelben für die moraliſche Unterſtützung und die
Rathſchläge, die ſie ihm in einem ſchwierigen Zeitpunkte
gegeben hätten. Er bezeichnete das Konſtantinopeler Proto-
koll als eine der Haupturſachen ſeiner Abdankung, weil das-
ſelbe ſeinen Feinden geſtattet habe zu ſagen, daß er ein
einfacher Beamter Rußlands ſei. Er habe in das Land
zurückkehren wollen, um dasſelbe am hellen Tage mit ſeiner
eigenen freien Zuſtimmung, und nicht wie ein Uebelthäter
verlaſſen zu können. Der Fürſt betonte beſonders, wie
ſchwierig es ſei, das Land unter den gegenwärtigen Um-
ſtänden zu regieren. Er wünſche dem Lande einen gleich

ergebenen Regierungsnachfolger und er hoffe, daß deſſen

Beſtrebungen von Erfolg gekrönt ſein möchten. — Die

diesſeitige Regierung hatte ſich an die Pforte mit der Bitte

um Unterſtützung gegen eine etwanige fremde Beſetzung

gewandt. Nach den in den letzten Tagen hier von Peters-

burg ausgegebenen amtlichen Erklärungen glaubt man in-
eß nicht mehr, daß eine Beſetzung zu erwarten ſteht.
ofia, 7. Sept. Bis Koſtinbrod wiederholten ſich
auf dem ganzen Wege, den Fürſt Alexander zurück-
legte, Abſchiedsſeenen. Diplomaten und hochſtehende
Perſonen der Stadt, Officiere zu Pferde und eine lange
Wagenreihe gaben dem Fürſten das Geleit und ſtummbe-
wegt nahm die Bevölkerung Abſchied von ihrem Herrſcher.

In Koſtinbrod hielt der fürſtliche Wagen. Fürſt Alexander
ſtieg aus und verabſchiedete ſich von den Begleitenden und
fuhr unter den Rufen: „Auf Wiederſehen!“ in der Rich-

tung auf Lompalanka davon. Stambulow, Karawelow

und der Geſchäftsträger des ruſſiſchen Conſulats, Bogdanow,
geleiteten den Fürſten bis Turn Severin. ö

Aus Stadt und Land.
* geidelberg, 9. Sept. In feſtlicher Stimmung und patrio-
tiſcher Begeiſterung begeht Heidelberg den heutigen Tag. Höher
ſchlagen heute die Herzen, wie immer, wenn es gilt, unſern edeln

Landesfürſten zu feiern. Die offizielle Feier des Ehrentages

Sr. Kgl. Hoh. vollzog ſich in der üblichen Weiſe. Zur Vorfeier er-
tönte geſtern Abend 7 Uhr Glockengeläute und Böllerdonner,
worauf um 8 Uhr ein Zapfenſtreich des Stadtorcheſters
unter Begleitung fackelntragender Feuerwehrmänner folgte.
Den heutigen Feſttag begrüßte wiederum feierliches Glocken-
geläute, ſowie ein Choral von den Kirchthürmen. Um 9 Uhr
Vormittags fand Feſtgottesdienſt in den Gotteshäuſern der ver-
ſchiedenen Confeſſionen ſtatt. Ein feierlicher Akt vollzog ſich
darauf im Stadtrathsſaal des Rathhauſes, wo die Ueber-
reichung der an das Feuerwehrcorps verliehenen Auszeich-
nungen erfolgte. Gegen ½11 Uhr marſchirte die Feuerwehr
in Galauniform, Fahne und Muſik an der Spitze, vor das
Rathhaus, um bier Aufſtellung zu nehmen. Die Chargirten
ſowie die zu Dekorirenden begaben ſich alsbald in den Stadt-
rathsſaal. Hier waren anweſend Herr Amtmann v. Krafft-
Ebing, ſowie Herr Bürgermeiſter Dr. Walz und weitere Mit-
glieder des Stadtraths. Der Saal war mit den Büſten des
Kaiſers und Großherzogs geſchmückt und mit hochragenden Topf-
gewächſen geſchmackvoll und feſtlich dekorirt. Mit einer gehaltvollen,
warm empfundenen Anſprache überreichte Hr. Amtmann v. Krafft
das von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog geſtiftete Ehren-
zeichen für 25jährige Dienſtzeit in der freiwilligen Feuerwehr
dem Hrn. Peter Dietrich, Schneider. Darauf brachte Herr v.
Krafft ein zündendes Hoch auf Se. Kgl. Hoheit aus, das be-
geiſtert erwidert wurde, während das vor dem Rathhaus poſtirte
Stadtorcheſter mit einem Tuſch einfiel und demnächſt die Natio-
nalhymne intonirte. Nunmehr wandte ſich Herr Bürgermeiſter
Dr. Walz mit einer kernigen Anſprache an diejenigen
Mitglieder des Feuerwehrcorps, welche die Stadt in daukbarer
Anerkennung ihrer 20jährigen treuen, opferwilligen Dienſte mit
Auszeichnungen bedacht hat. Die Auszeichnungen beſtehen in einer
ſilbernen Medaille nebſt Diplom. Die Medaille enthält auf der
Vor derſeite die Inſchriſt: „Einer für Alle und Alle für Einen“
und auf der Kehrſeite die Worte: „Gewidmet von der Stadtgemeinde
Heidelberg.“ Mit einem Hoch auf die Feuerwehr endete Herr
Dr. Walz ſeme Anſprache. Ein hierauf noch von dem Feuerwehr-
Commandanten Herrn Keſſelbach auf die Stadt Heidelberg und
ſeine Verwaltung ausgebrachtes Hoch bildete den Schluß der feier-
lichen Handlung. Die von der Stadt verliehene Auszeichnung erhielten:
Dr. Franz Wolf, pract. Arzt; Martin Scharnberger, Chirurg;
Chriſtian Helfrich, Diener; Karl Moreth, Maurer; Salomon
Wölfel, Pfläſterer; Heinrich Oedel, Tapezier; Johann Klein,
Schreiner; Emanuel Rößler, Renteidiener; Jakob Schellig,
Tagarbeiter; Heinrich Ad. Hartenſtein, Maurer; Friedrich
Wartmann, Maurer; Georg Keller, Tapezier; Friedrich
Dubois, Schuhmacher; Heinrich Marx, Schuhmacher; Fried-
rich Steinmetz, Gerber; Friedr. Aug. Schwarz, Schloſſer;
Peter Beck, Schreiner; Michael Büchler, Schuhmacher; Karl
Schellenberger, Landwirth; Peter Dietrich, Schneider;
Johann Ehmann, Gärtner; Karl Rupp, Konditor; Adam
Beiler, Gaſtwirth; Georg Zänglein, Schuhmacher. — Be-
züglich der ſonſtigen feſtlichen Veranſtaltungen an heutigem Tage
ſei noch erwähnt, daß Miitags von ½12—1 Uhr Concert im
Stadtgarten und Nachmittags 2½ Uhr ein Feſtmahl im Viktoria-
Hotel ſtattfand. Die Stadt prangt im reichſten Flaggenſchmuck.
gheidelberg, 9. Septbr. In einem intereſſanten Artikel der
Allg. Ztg., „Univerſitätsfragen“ überſchrieben, befinden ſich bezüg-
lich des Heidelberger Corpslebens einige Angaben, die
zwar im allgemeinen nichts Neues enthalten, aber immerhin
werth ſind, wiedergegeben zu werden. Die Allgem. Ztg. ſchreibt
da; Es iſt eine leicht mit Namen und Zahlen zu belegende That-
ſache, daß z. B. im Deutſchen Reichstage, im preußiſchen Ab-
geordnetenhauſe — und in den auderen deutſchen Landtagen, deren
Verhältniſſe dem Verfaſſer nicht ſo genau bekanut ſind, ſoll es
ähnlich ſein — eine ungewöhnlich große Anzahl der Führer und
hervorragenderen Mitglieder aller Parteien, von den Conſerva-
tiven bis zu den Fortſchrittlern und ſelbſt den Sozialdemokraten,
ehemals Corpsburſchen oder Burſchenſchafter waren, in Nord-
deutſchland beſonders Erſtere — um nur einige, mir gerade ein-
fallende Namen aus jeder Fraktion zu nennen: der Nationallibe-
rale Rud. v. Bennigſen, der Freiconſervative v. Kardorff, der
Conſervative v. Rauchhaupt, v. Wedell⸗Piesdorf, der Reichstags-
präſident, der Fortſchrittler Büchtemann, bis zu den „Extremen“,
dem chriſtlich⸗ſozialen Stöcker und dem ſozialdemokratiſchen Lieb-
knecht. Auch im Centrum finden ſich ſolche Lente, wenn mir auch
augenblicklich kein Name gegenwärtig iſt. Und wie zeigt ſich in
unſerem „eiſernen Kanzler“ der alte Corpsburſche! Nicht ohne
Intereſſe ſind die jüngſt von bekannten Heidelberger Corps (Van-
dalen und Saxo⸗Boruſſen) veröffentlichten Ueberſichten, welche
Lebensſtellungen ihre ehemaligen Mitglieder erreichten. Die Zahl
der höheren Verwaltungsbeamten bis zu Miniſtern hin tritt da-
bei beſonders hervor. Mag, wie in dieſen Beiſpielen, ſich Man-
ches mit daraus erklären, daß ſich beſtimmte Corps ſeit lange
vornehmlich aus dem norddeutſchen Adel und anderen angeſehenen
Familien rekrutiren; das beweiſt dieſe Statiſtik doch, wie ſie es
nach der Abſicht ihrer Urheber auch thun ſollte, daß aus ſolchen
Verbindungen viele tüchtige Männer hervorgegangen ſind, die
auch gern anerkennen, was ſie ihrem Corps verdanken, ſowie daß
die Vorwürfe über die „Verbummelung“ in dieſen Corps unge-
recht ſind. Und Aehnliches gilt gewiß auch von tüchtigen Bur-
ſchenſchaften.
+ Heidelberg, 9. Sept. Dem Verein Credit⸗Reform Hei-
delberg wurden im Laufe des Monats Juli 208 Poſten ange-
meldet im Betrage von 10210.96. Unbeſtellbar blieben hier-
bei 30 Poſten mit 4. 1376.18, während durch das ſtatutengemäße
Vorgehen 87 Poſten mit 4 2595.60 zur Erledigung kamen.
* Hridelberg, 9. Sept. Sämmtliche Erſatzreſerviſten erſter
Klaſſe des Jahrgangs 1881 treten im Herbſt d. J. zur zweiten
Klaſſe der Erſatzreſerve über und haben zu dieſem Zwecke den
Erſatzreſerveſchein dem betr. Bezirksfeldwebel einzureichen. Auch
diejenigen aus älteren Jahrgängen, welche es unterließen, ihren
Schein behufs Ueberführung zur zweiten Klaſſe vorzulegen, haben
denſelben dem Bezirksfeldwebel einzureichen, widrigenfalls ſie noch
ein ferneres Jahr in der erſten Klaſſe der Erſatzreſerve verbleiben.
Karlsrnhe, 8. Sept. (Aus ſtellung für Handwerks-
technik und Hauswirthſchaft.) In Fortſetzung der Be-
ſprechung der Gas⸗Heizapparate führen wir an, daß in
unſerer Ausſtellung neben verſchiedenen deutſchen Oefen eine Reihe
engliſcher Fabrikate vorhanden iſt. Von deutſchen Firmen iſt
wieder Siemens in erſter Linie zu nennen, auch Schäffer u. Walker
in Berlin haben eine ausgedehnte Fabrication dieſer Oefen. Es
wird hauptſächlich Werth auf eine vollſtändige Ausnützung der
durch die Verbrennung des Gaſes entſtehenden Wärmewirkung ge-
legt. Dieſes iſt in der verſchiedenſten Weiſe zur Ausführung ge-
bracht. Das durch ſo viele Vortheile ausgezeichnete Gasheizſyſtem
bricht ſich immer mehr Bahn, je mehr das Vorurtheil des Publi-
kums gegen dasſelbe ſchwindet und mehr und mehr einer objec-
tiven und augenſcheinlich günſtigen Beurtheilung Platz macht.
Haupteingang werden ſich dieſe Heizkörper wohl in ſolchen Localen
verſchaffen, die nur während einiger Stunden des Tags in Ge-
brauch ſind und wo auf raſche und reinliche Erwärmung geſehen

des Lago Maggiore, Mailand, Como und Menariſio

wird. alſo vor allem in Salons, Beſuchzimmern, Schlafräument
Verſommlungsſälen, Bureaux und Läden. Derſelbe Vortheil des
reinlichen Betriebes, den die Gasfeuerung vor anderen Heizarten

hat, ſindet auch bei den Gas⸗Kochherden ſtatt. Beſonders b

achtenswerth iſt der Umſtand, daß bei der Entzündung des Gaſé
ſofort die ganze Heizkraft vorhanden iſt. Nach Benützung d
Flamme kann durch Zudrehen des Hahnens ſogleich der Verbrau
an Heizmaterial abgebrochen werden. Bei unſeren jetzigen Ko
herden geht überaus viel Wärme vor und nach dem Kochen ve
loren, ebenſo aber auch vielfach während des Kochens, da häufi

ein ſtärkeres Feuer unterhalten werden muß, als bei rationelle-
Einrichtung für das zu erhitzende Object nöthig iſt. Die über
ſchüſſige Hitze erwärmt die Küche namentlich im Sommer in eine
oft unerträglichen Art und Weiſe. Bei der Gasfeuerung treten
daher folgende Vortheile auf. Die Unterhaltung der Feuerun!

hängt weniger von der größeren oder geringeren Geſchicklichten

der Dienſtboten ab; die leichte Regulirbarkeit des Feuers für di
einzelnen Speiſen; die ſtete Bereitſchaft des Feuermaterials,
Schließlich ſei erwähnt, daß die Sorge für Kohlen und Anfench ö

material, ſowie für Wegſchaffen des Schmutzes und der Aſ

wegfällt. Auch verurſacht das Gas beim Verbrennen keinen 104

ruch. Die Gaskochherde von Wehle ſind in Düſſeldorf vie 0
eingeführt, dieſelben werden dort von der Direction der ſtädtiſche.,
Gas⸗ und Waſſerwerke miethweiſe zur Probe abgegeben. Wi

wir ſoeben erfahren, iſt die hieſige Direction der Gasanſtalt cboh.
falls bereit, Gas⸗Kochherde und Gas⸗Kochapparate auf Prod

gegen Miethe abzutreten. 120
Haden⸗Baden, 8. Septbr. Der Erbgroßherzog macht hae
täglich größere Ausfahrten und neuerdings auch Spaziergäug
bei welchen zumeiſt der Wagen zur Heimfahrt wieder benub
wird. Das Ausſehen des jungen Fürſten gibt Zeugniß von 06
wiedergekehrten Geſundheit und ſteht in erfreulichſtem Gegenſa
zu ſeiner Erſcheinung bei der Abreiſe nach Nauheim.
* Jahr in Baden, 7. Sept. Vor kurzem wurde der flüchtig 06
wordene Hausvater des Dinglinger Waiſenhauſes, V
Namen Held, in Stuttgart verhaftet und den hieſigen Gericht 3
überliefert. Derſelbe hat ſich in gröbſter Weiſe gegen § 176, A
vergangen und ſieht nun ſeiner Verurtheilung entgegen. Da en
Fall anderwärts leicht zu einer Verwechslung mit dem hieſig
Reichswaiſenhauſe Anlaß geben könnte, ſo ſei hiermit as,
drücklich hervorgehoben, daß das erſte deutſche Reichg
waiſenhaus auf dem Altvaterberge bei unſerer Stadt zu 965
erwähnten Falle in keinerlei Beziehung ſteht. 0
Dinglinger Waiſenhaus gehört vielmehr der pietiſtiſchen Richtung
au, welche den Beſtrebungen der Vereine zur Errichtung uuch
Reichswaiſenhäuſern feindlich gegenüberſteht. Dasſelbe iſt au
in keiner Weiſe mit dem hieſigen Reichswaiſenhauſe zu vergleichaß,
denn die Zöglinge des letztern ſind nicht von der Außenwelt 6⸗
geſchloſſen, ſondern ſie erhalten ihren Uuterricht mit den Bürgeht
kindern in den Schulen der hieſigen Stadt und jedermann ür
der Zutritt zu dem Hauſe offen; da iſt alles durchſichtig
jedermann, nichts heimlich und nichts verſteckt, da herrſcht it
nung, Aufſicht und Kontrolle, vor allem aber der echte frlt,
deutſche Geiſt, der ſich nicht in das Kleine und Enge verligz
ſondern der das Weite und Große vor Augen hat. Was

1 „ +
Reichswaiſenhaus und reſp. ſein Verwaltungsrath leiſtet, aft

können wir wohl kein wichtigeres Zeugniß ins Feld führen 21
das des katholiſchen Dekans u. Landtagsabgeordneten Fördeaz
von hier, welcher früher keine Gelegenheit unbenützt ließ, um im
Unternehmen des Reichswaiſenhauſes zu bekämpfen. Als er ct-
Namen mehrerer katholiſcher Fechtmeiſter von dem Verbandsfe U⸗
meiſter Hermann von Landan perſönlich erſucht wurde, ſich a 10
zuſprechen, da gab er der Wahrheit die volle Ehre uir
äußerte ſich dem Fragſteller gegenüber nur günſtig, worüber
ſchon früher in Nr. 204 berichtet. 2

Vermiſchte Nachrichten. in
Aus der Pfalz, 7. Sept., wird berichtet: Bei einem hentige
Niederflörbheim niedergegangenen Gewitter ſchlug der

in das Schützenhaus, woſelbſt 6 Perſonen Schutz gegen das 1t,

wetter geſucht hatten. Das Gebäude wurde total zertrümmeog

die Leute unter dem Schutt desſelben begraben. Drei d.al
wurden ſofort tödtlich getroffen, darunter der Fägen.
Herr Louis Geil. Die beiden anderen Erſchlagenen, ein Mano
eine Frau, hatten auf dem Felde gearbeitet. Die übrigen 3 waren v el.
dem Schlage nur betäubt u. wird deren Leben erhalten werden Lön fal
Ferner wird gemeldet: Heute Nachmittag wurde die Vorder eg
zwiſchen Lambrecht, Neuſtadt und Haßloch von tete
Wolkenbruch heimgeſucht, der große Verheerungen anri jſen-
In Neuſtadt war die Ueberſchwemmung derartig, daß der Ei
bahnverkehr unterbrochen war. 1.
— Die Frage, ob die Cholera in Oberital ien herrſcheh,
ob Reiſende einer Geſundheitsmaßregel unterworfen werden 6516.
ſchäftigt anhaltend das reiſeluſtige deutſche Publikum. Die 8 41
Ztg. erfährt nun aus Lugano von einem Touriſten, welcher g
den verſchiedenſten Punkten Oberitaliens ſich aufgehalten If
daß Bellagio, Cadenabbia, Menaggio, Porlezza, Lugano, die 560
ſeuchenfrei ſind. In Porlezza ſoll ein aus Verona 7
ſchleppter Fall vorgekommen ſein, doch geht auch die blic
gemeinde gegen das angeblich falſche Urtheil der Aerzte eri l
vor. Außerdem liegt derſelben ein Anſchlagzettel für die italien gr
Bahnhöfe u. dgl. vor, in welchem die Stadtgemeinde von gag-
land, die Präfektur der Provinz Mailand und die fremden gels
ſuln betonen, daß keinerlei Räucherungen oder ſonſtige Maßré
nöthig ſind, weil der Gefundheitszuſtaud ein völlig guter ſe 596
— Druckfehler. „Der Prinz von Battenberg iſt ab uud
hetzt.“ — In Bulgarien. herrſcht überall Begeiſterung 196
Rubel.“ — Trotz aller Umwälzungen dürfte der Friede Mingel
hört bleiben.“ — Mehrere geleſene thüringer Blätter brr
die Nachricht, daß der Profeſſor Dr. Schweningeauf-
Berlin in Folge Umſtürzens einer Petroleumlampe mit dem oge,
fällig hohen Schaden von einer und einer halben Million en“
brannt ſei. Es hat hier einmal wieder der in den Telegroid-
drähten ſo oft ſein Unweſen treibende tückiſche Kobold die 11
im Spiel. Gemeint iſt der Brand des Scheveninger
hau I e. eträh
Urwyork, 7. Septbr. Nach Meldungen aus Charleſton b ſoe
die Zahl der durch das Erdbeben umgekommenen Per
im Ganzen 96.

Literariſches. uhan
Lohmeyers Deutſche Jugend. (Verlag von Lerete,
Simion in Berlin.) Das letzte (September⸗) Heft des 3 wed-

Bandes dieſer trefflichen Jugendſchrift ſteht in keiner Weiſe, nagh

im Text, noch in den Illuſtrationen ſeinen Vorgängernf 0
Eltern und Erziehern kann Lohmeyers Deutſche Jugend 0
wärmſte empfohlen werden. x

Handelsnachrichten. 8. 1
* Börſenbericht. (Effectenſocietät.) Frankfurt, 448000 „
Umſätze bis 6¼½ Uhr Abends. Credit 224½, ½ b. „Star 9. 0
183½, 82¾ b. Lombarden 84/½, / b. u. G. Discon lolh
mandit 207.30, 60, 50, 60 b. Böhmen 207½ b. u. G. Vra
139¾ b. Frankfurter Trambahn 215, 215.60 b. Kölneß 0
bahn 126 b. Brauereigeſellſchaft (Henninger) 73.60 Shweit
Ludwigsbahn 95.30, 40 b. Gotthard⸗Actien 95.70 b. Sweih
Central 99.20 b. Schweizer Nordoſt 62.20, 50 b. 6 10
Union 92.20 b. 4pCt. Ungar. Goldrente 87 b. u. Spon.
1871/73er Ruſſen 98.40 b. Egypter 73.65, 75, 70 5
60.80 b. u. G

3
g

5proc. Italiener 100.10 b. Türken 14410,1739%



=



.
6½¼ uhr: Credit —. Disconto 207.40. Staatsbuhr en

Feſte auswärtige Notirungen, ſowie locale Käufe bew

wohl für die leitenden Bankwerthe als namentlich ür om
Coursbeſſerungen.

bar
 
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