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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0342

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treffend die Rechtsverhältniſſe auf den Marſchall⸗, in Madrid herrſcht ein großer Zuſtrom zu der ſpaniſchen

Brown⸗ und Providence⸗Inſeln. — Ueber die
Revolution in Madrid liegen hier nur ſehr ſpärliche
Nachrichten vor. Einem Privattelegramm zufolge durch-
zogen geſtern Abend aufſtändiſche Trupps, Soldaten und
Civilperſonen, die Stadt mit dem Rufe: „Es lebe die
Republik!“ Auch war das Gerücht verbreitet, daß die
wichtigſten Kaſernen im Beſitz der Aufſtändiſchen ſeien.
Seit dieſer Depeſche, die um 1 Uhr Nachts aufgegeben
worden war, liegen neuere Depeſchen weder aus Madrid
noch aus den Provinzen vor. Es iſt daher einſtweilen
noch unmöglich, ſich über den Umfang und die Bedeutung
des Aufſtandes ein Bild zu machen.
Straßburg, 20. Sept. Der Kaiſer erließ vor ſeiner
Abreiſe einen Cabinetsbefehl an den General
Heuduck, worin er ſeine volle und ganze Zufriedenheit
mit dem 15. Armeecorps ausſpricht. Der Cabinetsbefehl
ſchließt: „Ich ſcheide vom 15. Armeecorps mit dem Gefühl
vollſter Befriedigung und der feſten Zuverſicht, daß das
Armeecorps für alle Zeiten zeigen wird, wie feſt die deut-
ſchen Stämme zuſammenſtehen, wie Alle ein Sinn und ein
Streben beſeelt.“ General Heuduck erhielt den rothen Adler-
orden 1. Klaſſe mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe
und mit dem Emaillebande des Kronenordens.
Metz, 20. Sept. Seit frühem Morgen, den militä-
riſche Tagreveille einleitete, herrſcht das höchſte Treiben in
den hieſigen Straßen, das ſich mit dem Eintreffen der
Bahnzüge aus den verſchiedenſten Richtungen von Minute
zu Minute mehrt. Ein kräftiger und erwünſchter Morgen-
regen ließ uns für den Reſt des Tages ächtes „Kaiſer-
wetter“ zurück. Die vom Bahnhofe einmarſchirenden
Kriegervereine und die ausmarſchirenden, von ihren Fahnen
entlaſſenen Reſerviſten vermehrten noch das überſtrömende
bunte Treiben. Punkt 11 Uhr fuhr unter Geſchützdonner
und Glockengeläute der Hofzug in die Bahnhalle ein. Der
Kronprinz mit Prinz Wilhelm wurden hier von dem
bereits heute Nacht eingetroffenen Großherzog von
Baden, dem Prinzen Albrecht von Preußen, den General-
lieutenants mit ihren Stäben, dem Oberpoſtdirector in voller
Uniform, dem Bahnhofvorſtande, Baurath Kecker, und dem
Bürgermeiſter empfangen. Der Bezirkspräſident hatte un-
ſeren hohen Gaſt an der Grenze des Bezirks empfangen
und hierher begleitet. Nach kurzem Verweilen in den
„Kaiſerzimmern“ des Bahnhofes, bei deren Betreten ihm
die blühende Tochter des Stationsvorſtehers, Fräulein
Helene Hölzer, einen Blumenſtrauß überreichte, trat der
Kronprinz ins Freie heraus, durch die hier in Reihen auf-
geſtellten Kriegervereine mit tauſendſtimmigem Jubelrufe
begrüßt, der auf der ganzen, ziemlich raſchen Fahrt nicht
mehr endete, bis das Abſteigequartier im Bezirkspräſidium
erreicht war. Dem hohen Gaſt voran fuhren der Bürger-
meiſter, dann der Bezirkspräſident. Im vierſpännigen
Galawagen mit Vorreiter ſaß neben dem Kronprinzen, der
die Oberſt⸗Uniform ſeiner ſchleſiſchen Dragoner trug, der
Statthalter, Fürſt v. Hohenlohe, in dem nächſten zwei-
ſpännigen Wagen folgten Prinz Wilhelm mit dem Groß-
herzog von Baden, Prinz Albrecht mit Generallieutenant
v. Heuduck u. ſ. w. An Kriegervereinen aus dem ganzen
Bezirk und zum Theil aus der Rheinprovinz mochten über
30 (einzelne in Abordnungen) zugegen ſein. Ein aller-
liebſtes Bild gewährten die innerhalb der Thore aufgeſtellten
Metzer Schulkinder, die Mädchen mit Blumen, die Knaben
deutſche Fähnchen in den Händen; der Verſuch, die Volks-
hymne anzuſtimmen, wurde übertönt von den Jubelrufen der
jugendlichen Kehlen. Weiterhin die höheren Töchterſchulen
und ein Kranz von vierzig Jungfrauen aus den verſchie-
denſten Ständen, unter denen Fräulein Hella Schrick, ein
kleines Gedicht ſprechend, einen Blumenſtrauß überreichte.
Innerhalb des erſten Triumphbogens waren ſämmtliche
Metzer Vereine, weiterhin 600 Arbeiter der Eiſenbahn-
werkſtätte zu Montigny aufgeſtellt mit 80 Lehrlingen in
Schurzfellen und Arbeitsmützen, die Werkzeuge und Erzeug-
niſſe ihres Gewerbes trugen. An der Felſenbrücke ſtand
in ihren neuen Uniformen die ſtädtiſche Feuerwehr in Pa-
rade, worauf bis zum Bezirkspräſidium die Lehrercollegien
und Schüler des Lyceums, der Realſchule und des Lehrer-
ſeminars Aufſtellung hatten. Alsbald nach der Ankunft
nahmen Se. K. Hoheit im Bezirkspräfidium die Vorſtellung
der geiſtlichen und weltlichen Behörden, der militäriſchen
Beamtenklaſſen der Stadt entgegen. Der Biſchof von Metz
war mit ſeinen Generalſecretären zugegen. Se. Kaiſerliche
Hoheit hatten für jeden der Anweſenden ein freundliches
Wort und gaben wiederholt der Freude Ausdruck, nach
Metz gekommen zu ſein. Bald nach 12 Uhr Mittags war
die Vorſtellung beendet. Von Mittag 1 Uhr an erfolgte
der Beſuch der Kathedrale, der Synagoge, der evangeliſchen
Garniſonkirche u. ſ. w. in programmmäßiger Weiſe. — Um
5 Uhr fand die Galatafel ſtatt, zu welcher der Kronprinz
die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, die Generalität,
die Mitglieder des Landesausſchuſſes, des Bezirkstages und
des Gemeinderaths hatte laden laſſen. Zum Schluß der
Tafel erhob der Kronprinz das Glas und ſprach etwa Fol-
gendes: Als Zeichen meiner aufrichtigen Dankbarkeit für
den Empfang, der mir, der ich hier an des Kaiſers Stelle
ſtehe, zu Theil geworden iſt, trinke ich auf das Wohl der
Stadt Metz und des Landkreiſes Metz!
Oeſterreichiſſche Monarchie.
Peſt, 20. Septbr. Tisza wird die umfangreichen
Interpellationen Horvaths und Iranyhis über die
bulgariſche Frage nicht eher beantworten, als bis
der Reichstag ſich conſtituirt hat und regelmäßige Sitzungen
halten wird, weil der Reichstag nicht eher beſchlußfähig iſt.
Ausland.
Paris, 20. Sept. Graf Münſter iſt nach Paris
zurückgekehrt. — Wegen der Reiſe des Kriegsminiſters iſt
das Feſt zu Ehren der fremdländiſchen Offiziere
im Cerele Militaire auf Donnerstag verſchoben worden.
— Infolge der Nachricht von dem Militäraufſtand

Botſchaft. Die amtlichen Depeſchen beſtätigen, daß der
Aufſtand keine größere Bedeutung habe; doch iſt man hier
auf Näheres geſpannt, weil, wie man meint, die ſpaniſchen
Militäraufſtände gewöhnlich mit der Niederlage der Aufſtän-
diſchen anfangen.
Madrid, 18. Sept. Kürzlich hat hier eine politiſche
Kundgebung ſtattgefunden, welche bezüglich der Partei-
taktik Beachtung verdient. In einer von etwa 2000 Per-
ſonen beſuchte Verſammlung hielt der ehemalige Präſident
der Republik Spanien, Sal meron, eine Rede in welcher
er ausführte, daß zwiſchen den verbündeten republicaniſchen
Parteien auf Grund des im gemeinſamen Einverſtändniſſe
feſtgeſtellten Programms feſte Einheit herrſche. „Wir wol-
len die Beſtätigung der Rechte des Individuums durch das
allgemeine Stimmrecht. Verſagt man uns dieſe, ſo
gibt man uns damit das Recht zu gewaltſamer Er-
hebung. Wir werden von dieſem Recht Gebrauch machen,
wann und wie wir es für den Triumph der Republik am
angemeſſenſten erachten. Die Parteien müſſen, wenn ihnen
kein rechtliches Mittel mehr zu Gebote ſteht, die rohe
Gewalt anrufen.“ Im Gegenſatze zu dieſen Anſichten
ſtanden die Worte, mit denen Salmeron ſeine Anſprache
ſchloß. In denſelben befürwortete er nämlich warm eine
Erhöhung des Gehaltes der niederen Geiſtlichkeit und die
ſtete Bereithaltung eines in ſcharfer Zucht gehaltenen Heeres.
Barcelona, 20. Septbr. Die Gendarmerie hat in
Sindavellas eine Anzahl Waffen mit Schießbedarf,
welche carliſtiſchen Urſprungs ſein ſollen, mit Beſchlag be-
legt und mehrere Verhaftungen vorgenommen.
Sofia, 20. Sept. Eine heute überreichte ruſſiſche
Note erhebt in ſcharfem, faſt brutalem Tone Einſpruch
gegen die Weiterführung der Unterſuchung gegen die Ver-
ſchwörer. Jedenfalls ſolle gewartet werden, bis die Ge-
müther mehr beruhigt ſein würden. Der die Note über-
reichende Sekretär erklärte mündlich, daß Nekliudew die
diplomatiſchen Beziehungen abbrechen und abbreiſen werde,
wenn die Regierung dem ruſſiſchen Verlangen nicht nach-
komme. — Der deutſche Vertreter machte einen Be-
ſuch bei Natſchewitſch und erklärte, daß Deutſchland ſich
dem Verlangen auf Einſtellung der Unterſuchung anſchließe.
Die bulgariſche Regierung iſt entſchloſſen, vorläufig nicht
nachzugeben, weil ſie, wenn die Verſchwörer ſtraflos blei-
ben, die Aufrechthaltung der Ruhe gefährdet glaubt. —
Die Regierung beantwortete die ruſſiſche Note dahin,
daß das gerichtliche Vorgehen gegen die Verſchwörer augen-
blicklich erſt mit der Vorunterſuchung beſchäftigt ſei. Die
kriegsrechtlichen Urtheile ſeien alſo nicht in ſofortiger Aus-
ſicht. Unter ſolchen Umſtäuden glaube die Regierung keinen
Anlaß zu haben, in den regelmäßigen Lauf der Juſtiz ein-
zugreifen.

Aus Stadt und Land.
d. Ftidelberg, 21. Sept. Die in der geſtrigen Nummer dieſes
Blattes enthaltene Mittheilung, der Herr Erzbiſchof Dr. Roos
ſei bei ſeiner Durchreiſe durch Heidelberg Namens der Stadt von
Herrn Bürgermeiſter Dr. Walz begrüßt worden, iſt nicht zu-
treffend. Die ſtädtiſche Behörde hatte keine Veraulaſſung, ihre
etwaige Betheiligung an dem Seitens des katholiſchen Stadt-
pfarramtes arrangirten Empfange des Herrn Erzbiſchofs in Er-
wägung zu ziehen, da ihr eine Einladung zu dieſem Empfange
nicht zugegangen war. (Wir bemerken zu Vorſtehendem, daß
unſer Berichterſtatter, dem es nicht möglich war, in den Wart-
ſaal der Main⸗Neckarbahn zu gelangen, aus dieſem Grunde nicht
aus eigener Auſchauung über den daſelbſt ſtattgehabten Begrüßzungs-
akt berichten konnte und daß ihm von ſonſt gut unterrichteter
Seite, möglicherweiſe in Folge einer Verwechslung mit dem Hrn.
Bürgermeiſter Dr. Thoma in Freiburg, welcher den Hrn. Erz-
biſchof Namens der Stadt Freiburg begrüßte, die irrige An-
gabe gemacht worden war. Uebrigens vernehmen wir ſoeben, daß
Hr. Bürgermeiſter Dr. Walz in der That am Bahnhofe ſich be-
fand, indeß nicht zur Begrüßung des Erzbiſchofs, ſondern weil
er mit dem Zuge 10 Uhr 35 M. eine Reiſe unternahm. Eine
irrige Meinung konnte alſo leicht entſtehen. D. R.)
+ gridelberg, 21. Septbr. Gerhard Rohlfs, der im Auf-
trage der kaiſerlichen Regierung 1885 nach der Oſtküſte von
Afrika als Reichscommiſſar geſchickt wurde mit dem Titel eines
deutſchen Generalconſuls und der in Sanſibar bis Juli ds. 38.
verblieb, wird über die dortigen Verhältniſſe und die deutſche
Coloniſation an der Oſtküſte von Afrika Dienstag den 5.
October im Muſeums⸗Saale einen Vortrag halten. Bei
der auerkaunt großen Bedeutung, deren ſich der berühmte Afrika-
Forſcher zu erfreuen hat, glauben wir wohl mit Recht vorher-
ſagen zu können, daß uns durch dieſen Vortrag ein genußreicher
und intereſſanter Abend bevorſteht. Die Eintrittspreiſe ſind ſehr
niedrig, und werden ſowohl Familienkarten ſowie Billets für
Schüler und Schüleriunen zu ermäßigten Preiſen abgegeben.
Näheres durch Inſerate ſowie durch Bangel u. Schmitt (Otto
Petters) Univerſitätsbuchhandlung.
Heidelberg, 21. Sept. (Schöffengerichtsſitzung vom 20. d.)
Joſeph Boie von hier wird wegen Widerſtands, Ruheſtörung und
Thätlichkeiten zu 4 Wochen Gefänguiß und 2 Wochen Haft,
Jakob Riemensperger und Heinrich Hornig von Walldorf wegen
Körperverletzung Jeder zu 2 Wochen Gefängniß, Philipp Hummel,
Dienſtmann von hier, wegen Widerſtands und Ruheſtörung zu
2 Tagen Gefängniß und 1 Tag Haft, Chriſtian Volk, Taglöhner
von Kirchheim, wegen Bedrohung zu 3 Tagen Gefängniß, Eva
Bopp Wwe. von Eppelheim wegen Bedrohung zu 2 Tagen Ge-
fängniß, Emil Schmitt von Homburg wegen Körperverletzung zu
4 Tagen Gefängniß, Philipp Chriſt vom Neuhof, wegen Körper-
verletzung zu 2 Wochen Gefängniß, Heinrich Schlickſupy von
Handſchuchsheim wegen Körperverletzung zu 2 Wochen Gefängniß
verurtheilt. Der Corpsdiener Max Reger, wegen Beleidigung von
Michael Loibl angeklagt, wird freigeſprochen. Die Verhandlung
gegen Matthias Kuhn Ehefrau dahier, wegen Beleidigung von
Marg. Deibel angeklagt, wird vertagt. Philipp Haarmann Ehe-
frau von Ziegelhauſen, wegen Beleidigung von Frau Schmitt
angeklaͤgt, wird zu 2 Wochen Gefängniß verurtheilt.
— heidelberg, 21. Sept. Vor etwa 14 Tagen wurden auf einer
Bleiche dahier zwei roſarothe geblümte Bettüberzüge entwendet,
ohne datz bis jetzt der unbekannte Thäter ermittelt werden konnte.
— Dieſer Tage wurde der Tochter einer hiefigen Familie aus
unverſchloſſener Kommodſchublade eine Elfenbeindbroſche im Werth
von 20 α entwendet. Thäterin iſt das Dienſtmädchen des
Hauſes, welches ſich aber flüchtig gemacht hat. — Einer dahier
wohnenden Frau wurden von einer angeblichen Dienſtmagd 3 ½.
dadurch abgeſchwin delt, daß dieſelbe vorgab, für ihre Dieuſt-
herrin das Geld zu borgen, weil der Mann derſelben den Kaſſen-
ſchlüſſel mitgenommen, die Frau aber eine nothwendige Ausgabe
habe — ſie würde das Geld aber in kurzer Zeit wieder zurückbrin-
gen. Das Dienſtmädchen kam aber nicht wieder, und nachdem
die Geberin ſich näher erkundigt hatte, brachte ſie in Erfahrung,

daß deren Angaben unwahr und ſie betrogen ſei. Die Thäterin
wurde ermittelt und zur Haft gebracht. — e⸗
5 Hridelberg, 21. Septbr. An ein hieſiges Geſchäftshaus M,
langte dieſer Tage von der Poſtverwaltung ein Brief als Be-

beſtellbar zurück, den ſich irgend ein Spaßvogel, der im z
ſitze eines mit der Firmz des betr. Hauſes verſehenen Couverte
geweſen, an „Se. Hoh. den Teufel und ſeine Großmutter“ a ile
ſchicken erlaubt hatte. Originell iſt, wie ſich auch in dieſem Fal.
die Poſtbehörde ihrer Aufgabe vorſchriftsgemäß entledigt den
Die Rückſeite enthielt wie ſonſt bei unbeſtellbaren Sendungen
Vermerk: „Beſtimmungsort dem Abfertigungsbeamten nicht
kannt!“ rte
—= Weinheim, 20. Sept. Heute früh kurz vor 10 Uhr paſſi 10
der neu ernannte Erzbiſchof von Freiburg, Dr. Roos, vſ
Stadt, und wurde demſelben zu Ehren, wenn auch nicht Iffünz/
vorgeſehen, Seitens der hieſ. Pfarrgeiſtlichkeit, der Stiftung
commiſſion und kath. Lehrer, ſowie einer Anzahl weißgekleide e
Mädchen, doch eine warme Begrüßung veranſtaltet. Glockengelän
und Böllerſchießen verkündeten das Herannahen des Zuges. 90
Pfarrverwalter Dr. Kaiſer richtete einige Worte der Begrüßn 1
an den Hrn. Erzbiſchof und ſtellte die anweſenden Herren 2
Ein Mädchen überreichte ein Bouquet. Der Herr Erzbiſchof n 20
tete einige berbindliche Worte an die Anweſenden und beſtig
hierauf wieder den Zug, der ſich unter Hochrufen derſelben
Bewegung ſetzte. 60
O Anßloch, 20. Sept. Die Nachricht Ihrer Zeitung, daß ui-
dem neuen Fahrplan eine beſondere Station Nußloch für
Lokalzüge eingerichtet werden ſoll, hat hier allgemein befriedig,
und iſt man bereit, kein Opfer zu ſcheuen, den von der Krei 5
ſtraße ab und zur neuen Station führenden Feldweg gut 10U
gangvar herzuſtellen. Würde alſo wirklich die durch eine Petitib
erbetene Station eröffnet, ſo darf die Groth. Bahnverwaltu
verſichert ſein, daß man es ihr Dank wiſſen werde; denn. durn
die neue Station wird eine Strecke Wegs von 15—20 Minute,
erſpart. Erhält das Projekt Verwirklichung, ſo dürfte es aut
nicht in zu ferner Zeit liegen, daß die neu anzulegende Zufahrt
ſtraße bis zur Kreisſtraße nach Walldorf weitergeführt wird, 0
den etwa ½ſtündigen Umweg über St. Ilgen erſparen würbe,
Würde die projectirte Straße in dieſer Weiſe verlängert werden
ſo wäre das letzte Waſſerloch auf Gemarkung St. Ilgen ver,
ſchwunden. Dieſer Weganſchluß würde namentlich dem Fuhrwerbi,
weſen während des Winters zu Gut kommen, wenn das viel,
Holz aus der Hardt abgeführt wird. — Das Straßenbahn,
projekt nach Heidelberg über Leimen und Rohrbach dürfte jebt
anfgegeben ſein. 2
XX Neäargemünd, 19. Septbr. Das heute hier ſtantgehabe
Turnfeſt verlief in ſchönſter Weiſe. Unter klingendem Spii
wurden die zahlreich erſchienenen Vereine Nachmittags 2 Uhr vo
Bahnhof aus zur feſtlich geſchmückten Stadt geleitet, um da 60
nach dem Umzug ſich auf den Turuplatz, der an einem ſchattige,
Waldſaume gelegen, zu begeben. Hier begannen alsbald di „
Uebungen, welche gewandt und raſch ausgeführt wurden. Be
ſonders zogen die ſog. Kraftübungen an den verſchiedenen! 1
räthen die Aufmerkſamkeit der Zuſchauer auf ſich. Davei zeichz
es ſich auch wieder, daß die ſchwierigen Uebungen größtenthe 3
von ſtädtiſchen Elementen ausgeführt wurden, bei denen d
Turnen mehr gepflegt wird. Die ausgetheilten Preiſe hatten di
Betreffenden wohlverdient. 14
X Oſterburken, 19. Septbr. Die ordentliche Gener al⸗VBez.
ſammlung des Vorſchuß⸗Vereins Oſterburken wut.
am verfloſſenen Sonutag abgehalten. Dem Geſchäftsberichte en *
nehmen wir, daß 2 780000 M. umgeſetzt wurden. Der Reinge
winn beträgt 12 400 M., wovon 8400 M. an Dividende vel
theilt und 4000 M. dem Reſervefond zugewieſen werden, welch
Letzterer nun die Höhe von 20 000 M. erreicht hat. Künftighin
werden für Vorſchüſſe nur 4½ / berechnet, wozu / ½/ Prob
ſion geſchlagen wird. Der Verein iſt alſo beſtrebt, den Geldhe
dürftigen billig entgegenzukommen und verdient dieſer Beſchlub
allerwärts bekannt zu werden. — Am 20. d. M. wird der
diesjährige Schafmarkt hier abgehalten werden und da ſich allent
halben eine ſtarke Verkaufsluſt bemerkbar macht, ſo ſcheint der-
ſelbe, wie auch die vorhergehenden, ſtark beſucht zu werden. Am
butenmarkt waren ca. 4000 Stück Schafe zum Verkauf ausge-
oten.
+ Vom Banlund. Wie wir von verſchiedenen Seiten erfahren
treiben Kollecteure der Braunſchweiger und Hamburge
Klaſſenlotterie wieder ihr Weſen und ſuchen ihre Looſe an den
Mann zu bringen. Vielen Leuten werden ſolche unbeſtellt zuge;
fandt, und wenn dann der Betrag in einer gewiſſen Zeit ů19

eingeſchickt wird, ſo verſuchen es die Kollekteure, denſelben durg
Poſtauftrag einzuziehen und drohen ſogar mit Klage. W
glauben nicht, daß Jemand, dem ſolche Looſe unbeſtellt zugeſand
werden. verpflichtet iſt, dieſelben zu bezahlen, noch daß eine Ver“
pflichtung exiſtirt, dieſe unbeſtellten Looſe wieder zurückzuſende-
(Selbſtverſtändlich nicht. D. Red.)
+ Kartarnhe, 19. Sept. Die Ausſtellung für Handwerk
technik und Hauswirthſchaft erfreut ſich fortgeſetzt eines
günſtigen Zuſpruches, ſo war dieſelbe z. B. heute Sonntag von
mehr als 6000 Perſonen beſucht. Dieſelbe wird bis zum Schluſſe/
26. September, von Morgens bis Abends 9 Uhr geöffnet bleibes
und wird außerdem am Dienstag, Donnerstag, Samstag un)
Sonntag Abend von 8 bis 11 Uhr Concert ſtattfinden. Die
Beurtheilungs⸗Commiſſion wird am 20. d. M. ihre Thätigkeit be·
ginnen.
Farlsruhr, 20. Sept. Heute früh ſah man die Kaſern“
des 1. Bad. Leibgrenadier⸗Regiments mit Fahnen, Wappen 20·
feſtich geſchmückt. Viele deuteten dies auf Theilnahme am heu“
tigen Einzug des Erzbiſchofs Roos. Dieſe Annahme war aber
durchans falſch, denn die Kaſerne war geſchmückt in der Erinnerung
an die Thatſache, daß es heute 30 Jahre waren, daß der Gro6“
herzog Chef des 1. Bad. Leibgrenadier⸗Regiments Nr. 109 iſt.
Gleichzeitig iſt der 20. September der Vermählungstag des
Großherzoglichen und Erbgroßherzoglichen Paares, ſowie der
Kronprinzeſſin Victoria von Schweden. — Was den Empfang
des auf der Durchreiſe nach Freiburg hier kurze Zeit anhaltenden
Erzbiſchofs Dr. Roos betrifft, ſo erfolgte derſelbe heute kur
nach 12 Uhr Mittags in ganz feierlicher Weiſe. Es waren an“
weſend die Spitzen der Hof⸗ und Staatsbehörden, hohe Offizier⸗e,
die Angehörigen der hieſigen katholiſchen Militärgemeinde, bie
katholiſchen Vereine und die kath. Schuljugend. Eine Corona vof
ein paar Tauſend Neugierigen umſtand den Bahnhof. Erzbiſchol
Roos betrat in violett⸗blauem Gewand mit großer goldener Kett.
und eingeführt von Stadtpfarrer Benz eine vor dem fürſtlichen
Warteſaale des Bahnhofs errichtete kleine Tribüne, hielt ein,
Anſprache und ſchloß mit dem erzbiſchöflichen Segen. Dann er
folgte die Vorſtellung der Sommitäten und der Vorbeimarſch des
Feſtzugs, worauf Dr. Roos die Fahrt nach Freiburg fortſetzte.

Der neue Erzbiſchof iſt eine imponirende hochgewachſene Perſön

lichkeit mit geiſtig durchgearbeiteten, großen Zügen, die in ihre
Klaſſicität an die wohlgelegten Falten der römiſchen Toga 941
mahnen, aus der Frieden oder Krieg fallen kann. Als eine leichh
verſtändliche Mahnung zu erſterem dürfte die Thatſache gelte
daß vorgeſtern Dekan Len der in Sasbach, der Führer 903
klerikalen Friedenspartei, mit dem Ritterkreuz 1. Kl. des Orden ö
vom Zähringer Löwen ausgezeichnet wurde. — Die ſeit einige,
Zeit vermißte Gräfin Arnim⸗Muskau geb. v. Lotzbeck, welch.
auf unerklärte Weiſe aus dem Luftkurort Plättig bei Baden vei,
ſchwunden iſt, konnte bis jetzt trotz aller und ausgedehnteſte.
Rachforſchungen nicht gefunden werden. Die Streifmannſchaf-
wurde neuerdings um 240 Mann der Raſtatter Garniſon ve
mehrt. Der Mann erhält pr. Tag 5 Mark. Auf das Auffinden,
der Dame iſt ein Preis von 1000 Mark ausgeſetzt. Die ho,
Prämie, bezw. der hohe Taglohn macht bereits die arbeitende Bn
völkerung von ihrer gewöhnlichen Beſchäftigung abwendig.

ra
Wvon Arnm hat vor Kurzem ſchon in Triberg dieſelbe Ent.

weichungsgeſchichte in Scene geſetzt, iſt aber damals bald wieden
 
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