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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0620

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land jede Täuſchung über den Ernſt der Lage und zeitigt
das Mißtrauen, welches man der neueſten Variante eines
fatalen Wortes: „la République oest la paix“ ent-
gegenbringt. Ganz in Uebereinſtimmung mit den oft erör-
terten Gründen des Mißtrauens in die franzöſiſchen Frie-
densverſicherungen warnte auch die Kreuz.⸗Ztg. Deutſchland
auf das Eindringlichſte davor, ſich durch die Töne der
franzöſiſchen Friedensſchalmei einſchläfern zu laſſen. Sehr
beachtenswerth iſt es aber, daß die Kr.⸗Ztg., welche doch
ſonſt das Säbelraſſeln ohne Noth nicht liebt, die Möglich-
keit auf der Bildfläche erſcheinen läßt, daß Deutſchland,
dem Gebote derNothwehr gehorchend, mit bewaff-
neterHand den Verſuch unternimmt, den Feuerherd jen-
ſeits der Vogeſen zu löſchen, um damit zugleich die
ſtärkſte Stütze des panſlaviſtiſchen Chauvinismus zu zerbrechen.
„Den wiederholten Kundgebungen in Frankreich gegenüber“,
ſchreibt das genannte Blatt, „die neuerdings auch in
Thaten übergehen, kann Deutſchland nicht die Hände in
den Schooß legen; es darf nicht warten, bis die Schraube
der Armeevermehrungen zur Unerträglichkeit geſteigert wird,
nicht zögern, bis Frankreich den rechten Moment zur Action
gefunden, bis es die beſte politiſche Conſtellation ſich zu-
recht gelegt oder den günſtigſten Augenblick zum Ueber-
falle vorbereitet hat. Nein, es wird die Pflicht ſich
immer ſtärker geltend machen, den ſchürenden Händen
jenſeits des Rheines ein Halt zu gebieten, und wenn
dies nicht hilft, dann, wenn auch mit ſchwerem Herzen,
in Gottes Namen den Verſuch zu wagen, den Herd
zu löſchen, auf deſſen Roſt ſeit Jahrhunderten das Feuer
der Beunruhigung Europas, der Revolution, der Eroberungs-
ſucht und nun des Rachegeiſtes zubereitet und angefacht
wird; denn leider ſcheint der Frieden Europa's nur dann
geſichert zu ſein, wenn dieſer Herd der Zwietracht und
des Zwiſtes durch Schickſalsſchläge oder durch fremde
Hand ganz eindämmt oder zur Ruhe gebracht wird.
Das iſt zugleich das wirkſamſte Mittel, die ſtärkſten Stützen
des panſlaviſtiſchen Chauvinismus zu zerbrechen, der, ſo
oft er auch offiziell desavouirt worden, ſich bisher noch
immer ſtark genug erwieſen hat, die ruſſiſche Politik in
abenteuerliche Unternehmungen hineinzutreiben und derfelben
den Stempel einer ſo völligen Unberechenbarkeit aufzudrücken,
daß auch die beſten Freunde Rußlands allmählig dahin
gedrängt werden, in der Annäherung an andere Mächte die
Bürgſchaft für den europäiſchen Frieden zu ſuchen, den der
Panſlavismus täglich gefährdet.“ Ohne Zweifel wird dieſe
Auslaſſung des ultraconſervativen Blattes an der Seine
wie an der Newa die üblichen Ausfälle gegen den deutſchen
Chauvinismus von Neuem hervorrufen. Schaden kann es
aber in keinem Falle, wenn man dort erfährt, daß immer
weitere Kreiſe in Deutſchland die Frage eines Krieges allen
Ernſtes ins Auge faſſen.
Berlin, 2. Decbr. Ueber das Eintreffen des
Fürſten Bismarck in Berlin und über die Theilnahme
deſſelben an den Verhandlungen des Reichstages iſt noch
gar nichts beſtimmt. — Die ſocialde mokratiſche
Partei des Reichstags beantragt eine Novelle zur Ge-
werbeordnung, wonach die Vereine behufs Erreichung
beſſerer Arbeitsbedingungen ſich miteinander verbinden und
alle gewerblichen Arbeiter ohne Rückſicht auf das Lebens-
alter ſollen aufnehmen können und wonach dieſelben den
Vereinsgeſetzen nur in ſoweit unterliegen, als es ſich um
Anmeldung von Verſammlungen handelt.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Wien, 2. Dec. Die Verſendung eines Rundſchrei-

bens des Wiener Cabinets, welches die Frage der Ver-

einigung beider Bulgarien anregen ſoll, wird in der hieſigen
Diplomatenwelt entſchieden bezweifelt. Dagegen iſt gewiß,
daß Oeſterreich über dieſe Angelegenheit bei den Cabinetten
offiziös anfragen ließ. Rußland antwortete ablehnend, in-
dem es auf das Konſtantinopeler Programm hinwies,
wonach die bisherige Fürſtenwahl als der einzig geſetzliche
Weg erſcheine. Aehnlich erwiderten die Türkei und

Frankreich.
Ausland.
Paris, 2. Dec. Freycinet hat in dem Miniſter-
rath heute mitgetheilt, daß bei einem Ueberfall der Grenz-
feſtſtellungskommiſſion in Tonkin bei Hakoi der Dol-
metſcher Dr. Haitze nebſt ſeinem Sekretär und zwölf Sol-
daten getödtet worden ſind. — Es verlautet, die engliſch-
franzöſiſchen Unterhandlungen bezüglich des Suezkanals
und der egyptiſchen Angelegenheiten nähmen einen
befriedigenden Fortgang. — Eine Depeſche aus Algier
meldet als Gerücht, daß der Dampfer Chandernagor,
der 1200 Mann der Fremdenlegion an Bord hatte, von
einem Wirbelſturm ergriffen worden und mit Menſchen
und Gütern untergegan gen ſei. (Vergl. dag. folg. Art.)
Paris, 2. Dec. Die Deputirtenkammer begann
heute die Berathung des Budgets des Innern. Dugue
de la Fauconnerie greift die Verwaltung der Prä-
fecten an, deren Syſtem unpolitiſch und abſcheulich ſei.
Nachdem der Miniſter des Innern dieſe Verwaltung in
Schutz genommen, wurde die allgemeine Verhandlung ge-
ſchloſſen. Arene richtete an den Miniſter des Innern die
Anfrage, ob es wahr ſei, daß der „Chandernagor“
untergegangen ſei. Der Miniſter erwiderte, der
„Chandernagor“ ſei am 10. November in der Bai von
Hallong angelangt. Man habe jedoch keine Nachricht, daß
eT von dort abgefahren ſei; nichts berechtige daher zu der
Annahme, daß die Depeſche über den Untergang richtig ſei.
In den Wandelgängen des Palais Bourbon machte dieſe
Depeſche auch deshalb ſo großes Aufſehen, da man weiß,

daß die Familie Paul Berts an Bord des „Chander-

nagor“ nach Frankreich zurückkehren wollte.
Petersburg, 2. Dec. General v. Kaulba 18, welcher
geſtern hier eingetroffen iſt, begab ſich im Laufe des Nach-
mittags nach Gatſchina zum Kaiſer.

Aus Stadt und Land.
+ Zeidelbers, 3. Dec. Se. Großh. Hoh. Prinz Ludwig iſt
geteiſt. Abend in Uniform mit dem Schnellzug nach Karksruhe
gereiſt.
ridelberz, 3. Dec. Der in weiten Kreiſen gehegte Wunſch,
auf dem ſogen. weiß en Stein unferne der Hochſtraze und zwei
Wegſtunden von hieſiger Stadt entfernt eine bauliche Anlage
zu ſchaffen, welche einen umfaſſenden Blick über das vordere Oden-
waldgebirge ermöglicht, geht ſeiner Verwirklichung entgegen. Der
Plan, welcher zunächſt von dem hieſigen Odenwaldverein aufge-
nommen wurde, fand eine ſehr dankenswerthe Unterſtützung durch
den von dem Stadtrathe bewilligten namhaften Zuſchuß; Bei-
träge ſind außerdem von den Gemeindebehörden von Schriesbeim
und Doſſenheim, auf deren Waldgrenze der ſchlichte Holzbau in
Geſtalt einer Plattform zu ſtehen kommen wird, zugeſagt. Zweck
des ſelben ſoll ſein, den Ueberblick von Einem Punkt aus zu ge-
währen, was ſeither wegen der abgeflachten Geſtaltung des Berg-
gipfels nicht möglich war, und außerdem Spaziergängern und
Waldarbeitern eine Zuflucht vor der Unbill der Witterung zu
verſchaffen, zu welchem Behuf der weitere Raum des Holzthurms
mit einer Bretterwand ausgeſtattet werden ſoll. Obgleich nur
auf eine Höhe von 8 Meter bis zum Dachrand berechnet, welche
genügt, um über die naheſtehenden Waldbäume wegſchauen zu
können, würde der Aufwand für den Bau in der gediegenen Aus-
führung, die nothwendig iſt, um bei der ſehr ausgeſetzten Lage
den nachtheiligen Witterungseinflüſſen Widerſtand leiſten zu
können, die derzeit verfügbaren Mittel überſteigen. Es wurde
deßhalb verabredet, an die Mitglieder des hieſigen Odenwaldver-
eins, wie au andere Freunde unſerer ſchönen Gebirgsnatur die
öffentliche Aufforderung zur Betheiligung an dem gemeinnützigen
Unternehmen durch Schenkung von Beiträgen zu richten. Eine
Anzahl von Vereinsmitgliedern, welche in verſchiedenen Theilen
der Stadt wohnen, und deren Namen nächſter Tage in den hie-
ſigen Blättern bekannt gegeben werden ſollen, hat ſich zur Auf-
legung von Liſten und Empfangnahme von Beiträgen bereit er-
klärt. Nach Vollendung des Unternehmens wird über Eingänge
und deren Verwendung in gleicher öffentlicher Weiſe Rechnung
abgelegt werden.
UHeidelberg, 3. Dec. (Schöffengerichtsſitzung vom 2. d.)
Lucas Nolde Ehefran von hier, wegen Beitels augeklagt, hat ſich
der polizeilichen Strafverfügung unterworfen. Marie Elſäſſer
von Eutingen wird wegen Bedrohung zu 1 Woche Gefängniß,
Johann Koch von Oberacker und Chriſtoph Vogel von Kirchheim
wegen Körperverletzung erſterer zu 10 Tagen, letzterer zu 14 Tagen
Gefängniß, Cementarbeiter Johann Schellenberger von Leimen
wegen Anterſchlagung zu 1 Tag Gefängnitz, Cigarrenmacher Jo-
hann Adam Mattern von Sandhauſen wegen Körperverletzung zu
1 Woche Gefäugniß, Steinbrecher Kaſpar Zuber in Waldhilsbach
wegen Diebſtahls zu 1 Tag Gefängniß, Schneider Georg Pfeifer
von Altenbach wegen Körperverletzung zu 1 Woche Gefüngniß
verurtheilt.
* Heidelberg, 3. Decbr. Was verjährt am 1. Januar 18872
Hinweiſungen in dieſer Beziehung dürften wohl willkommen ſein,
da der Jahresabſchluß nicht mehr fern iſt. Es verjähren For-
derungen aus 1884: 1) Die der Fabrikunternehmer, Kaufleute,
Krämer, Künſtler für Waaren und Arbeiten, ſowie die der Apo-
theker für Arzneimittel an Kranke für eigenen Bedarf, d. h. wenn
nicht bis zum 31. December dem Schuldner die Klage oder der
Zahlungsbefehl zugeſtellt wurde. 2) Die der Fabrikunternehmer,
Kauflente, Künſtler und Handwerker wegen der an ihre Arbeiter
geleiſteten Vorſchüſſe. 3) Die der Schul⸗ u. Erziehungsanſtalten
aller Art für Unterricht, Erziehung und Unterhalt. 4) Die der
Lehrer für Honorar mit Ausnahme derer, die bei öffentlichen
Anſtalten regelmäzig geſtundet werden. 5) Die der Fabrikarbeiter,
Geſellen und allgemeinen Handarbeiter wegen rückſtändigen Lohnes.
6) Die der Fuhrleute und Schiffer wegen Fuhrlohn, Frachtgelder
und Auslagen. 7) Die der Gaſt⸗ und Speiſewirthe für Wohnung
und Beköſtigung.
— heidelberg, 3. Decbr. Vor einigen Tagen wurde einem
Dienſtmädchen an der Hauptſtraße aus ihrer unverſchloſſenen
Kammer ein Kaſchmirrock im Werth von 20 %¾ entwendet.
Als verdächtig bezeichnet dieſelbe ein Mädchen, welches früher im
gleichen Hauſe diente und mit ihr die Kammer theilte. Dieſes
Mädchen hat nach Aufgabe des Dienſtes die hieſige Stadt ver-
laſſen. — In der Nacht vom 1./2. ds. Mts. zechten zwei
Freunde mit einander in einer Wirthſchaft dahier. Beim Nach-
hauſegehen verfehlte einer derſelben ſeine Wohnung, ging über
die Neckarbrücke hin und zurück und enkleidete ſich darauf am
Neckar bei der Ueberfahrt, verfügte ſich aber nach erfolgter Ab-
kühlung in ſeine Wohnung, jedoch ohne ſeine abgelegten Kleider,
welche geſtern aufgeſucht und ermittelt wurden, mitzunehmen.
„ geidelberg, 3. Dec. Ueber die Geſellſchaft der „Liliputaner“,
welche morgen Abend im Muſeum Vorſtellungen geben wird,
haben wir geſtern einige nähere Mittheilungen in Ausſicht geſtellt.
Wir können dieſer Zuſage nun wohl nicht beſſer nachkommen, als
daß wir die Schilderung eines Beſuches mittheilen, den ein Mit-
arbeiter eines Berliner Blattes der Geſellſchaft ſ. Z. abgeſtattet
hat. Der betr. Berichterſtatter ſchreibt darüber: „Die kleinen
Herrſchaften laſſen bitten! Mit dieſen Worten öffnete
mir der Impreſario der Zwerggeſellſchaft „Liliput“ ein Zimmer
des City Hotels und ſtellte mir ſeine kleinen Schutz befohlenen
und Kunſtunterthanen vor. Der Senior der Truppe, der
40jährige „alte Wolf“, ſtreckte mir etwa aus der „Höhe“
meiner Kniee ſein Patſchhändchen entgegen und hieß
mich mit ſtimmlichem Tenoranſatz willkommen. Dann kam
ſein 27jähriger Bruder an die Reihe, der „junge Wolf“, der
aus der Achtung gebietenden Höhe von einigen neunzig Centi-
metern auf die Menſchheit herabſieht, und jetzt die drei Damen
der Geſellſchaft, die ſämmtlich mit regelrechtem Knix und ſittigem
Augenaufſchlag ihren 200 Pfund wiegenden Beſucher begrüßten.
Schließlich tönte auch noch ein luſtiges „Guten Morgen, mein
Herr“, aus einem auf dem Tiſche ſtehenden, recht mollig aus-
tapezirten Kiſtchen, in dem das Neſthärchen der Liliputaner, der
19jährige Franz Ebert, mit einem Notenblatt in der Hand,
behaglich lagerte, „Der Kleine“, wie der alte Wolf ſeinen 88
Centimeter hohen Kunſtgenoſſen nannte, ſtudirte eben ſeine Rolle,
und dazu bettet er ſich ſtets in ſeine „Reiſekiſtel. Das
war Alles, wie es in Märchenbüchern ſteht. Keine Zwerggeſtal-
ten, wie wir ſie aus den Schaubuden kennen, großköpfig und ver-
krüppelt, ſondern Miniaturmenſchen von entzückendem Ebenmaß
der Glieder und einer unendlich komiſchen Grandezza. Fräulein
Selma Görner, 21jährig und 30zöllig, iſt eine in tadelloſer
Geſellſchaftstoilette ſich präſentirende Blondine. Fräulein Ida
Mahr, eine drollige Poſſen⸗Soubrette ꝛc.“ So der launige Be-
richterſtatter. Das hieſige Publikum dürfte den Vorſtellungen
ebenfalls großes Intereſſe entgegenbringen.
Ipkidelberg. 3. Dec. Um Miverſtändniſſen zu begegnen,
welche durch die unkorrekte Faſſung einer die Liliputanergeſell-
ſchaft betreffenden, in den beiden Anzeigern und im Tageblatt
euthaltenen Notiz entſtehen könnten, ſtellen wir dieſelbe auf Er-
ſuchen der Muſeumsdirektion dahin richtig, daß der Muſeumsſaal
dem Unternehmer Herrn Martin lediglich miethsweiſe behufs
Veranſtaltung von Vorſtellungen der Liliputaner⸗Geſellſchaft am
Samstag auf deſſen eigene Rechnung überlaſſen wurde.
* Heidelberz, 3. Dec. Neue falſche Fünfmarkſchein-
kürzlich aufgetaucht, die einen halben Centimeter kürz⸗“
die echten, und die auch nicht aus Pflanzenf-
anderem ſtarken Papier beſtehen. Died
eigenthümlichen Rippen fehlen gän 6ι¹
durch eingezeichnete Stricheere „an der
rechten Seite fehlt. Ein beſe „deichen iſt, daß
alle Falſifikate die Nummer 6G0
* geidelberg, 3. Dee. Poſtka , welchen auf der Rückſeite

Preisverzeichniſſe oder ſonſtige geſchäftliche Mittheilungen aufge-
druckt ſind, werden nach einer früheren Bekanntmachung des

ſimmt „oie Kerwaltungskoſten haben im verfloſſenen Geſchöftit

Reichspoſtamtes nur noch bis zum 1. April k. J. als Druckſachen
befördert. Die Geſchäftswelt wird daher gut thun, in der Weih-
nachtszeit mit derartigen Karten aufzuräumen. „
Zridelberz, 3. Nopbr. (Eingefandt.) Wie uns mitgetheilt
wird, concertirt nächſten Sonntag in der Brauerei Gulden eine
aus auserleſenen Kröften der Kapelle des Großherzoglich heſſiſchen
Leib⸗Infanterie⸗Regiments aus Darmſtadt gebildete Abtheilung
derſelben. Die Leiſtungen der Kapelle ſind überall als gut be-
kannt und iſt deßhalb wohl nicht daran zu zweifeln, daß ſich das
Concert eines zahlreichen Beſuchs zu erfreuen haben wird.
Näheres durch Inſerate und Plakate.
XX Waibſadt, 1. Decbr. Bei der heute dahier ſtattgehabten

Wahl eines Abgeordneten zur Kreisverſammlung wurde

— trotz verſchiedener Machinationen — Herr Bürgermeiſter un
Bezirksrath Reinmuth von Reichartshauſen mit 17 gegen 1
Stimmen gewählt. Stellvertreter wurde Herr Rathſchreiber
Dünkel von Eſchelbronn.
Eypingen, 1. Dec. Bei der vor einigen Tagen vorgenommenen
Verpachtung der Jagd auf hieſiger Gemarkung wurde ein
Erlös erzielt, der mehr als 100 pCt. der vorhergegangenen Jagd“
pacht beträgt. Dieſer Preis wurde durch den reichen Wildbeſtand
unſeres Jagdgebictes erzielt. — In der geſtrigen Wahl zur
Kreisverſammlung Heidelberg wurden gewählt als Abge“
ordnete: im 1. Wahlbezirk (Eppingen) Herr Oberamtmann
Deitigsmann, im 2. Wahlbezirk (Richen) Herr Laudtage,
abgeordneter Wittmer; als Erſatzmänner im 1. Wahlbezir
Herr Bürgermeiſter Bentel von Eppingen und im 2. Wahlbezir
Herr Bezirksrath Jacob Gebhard III. von Richen. Die Wahlen
ſielen fämmtlich einſtimmig aus. Unter den Wahlmännern de
1. Bezirks befand ſich ein Mann, welcher am 13. d. M. das 91.
Sabentiabr vollendet hat und ſich großer Rüſtigkeit und Friſcht
erfreut.
*Carlsrnhe, 1. Dezember. Der Vorſtand des Vereins gegen
den Mißbrauch geiſtiger Getränke dahier erläßt folgende Publi-
kation: Die höchſte Steuer erheben wir Deutſche von uns
ſelbſt durch den Schnapsgenuß. Ungefähr 11 Liter Schuaps
jährlich werden im deutſchen Reich auf den Kopf der Bevölkerung
verbraucht, macht bei einer Bevölkerung von 47 Millionen Seelen
das hübſche Sümmchen von 496 Mitlionen Mark, wobei das
Gläschen nur zu 6 Pf. gerechnet iſt. Die Verwaltung des Reichs-
heeres und der Marine zuſammen koſtet dagegen im laufenden
Jahre nur 380 Millionen Mark oder unter Hinzurechnung ein-
maliger Ausgaben im Betrag von 50 Millionen 430 Millionen
Mark. Wie ſchwer empfinden wir die Laſt unſerer Ausgaben
für's Militär und wie wenig denken wir an die Abſchaffung der
viel größeren Ausgabe für den Schnaps! Und mit den 496
Millionen iſt noch lange nicht der ganze Schnapsaufwand be-
rechnet! Von den großen Summen, die wir auf Irrenhäuſer,
Krankenhäuſer, Gefängniſſe und Zuchthäuſer verwenden, kommt.
ein ganz geböriger Antheil auf das Schnapsconto! Der Kaffern-
könig Cetewayo hat mehr Verſtand bewieſen, als mancher hoch-
gebildeter Nichtkaffer, als er ſagte: „Wenn man Fäſſer Schnaps
in ein Land bringt, raubt man dem Volk ſein Gehirn!“ Der
Direktor der Irrenanſtalt Stefansfeld, Dr. Stark, hat in öffent-
licher Verſammlung erklärt, daß er in Stefansfeld unter 5535
aufgenommenen Männern 163 Trinker = 29 Prozent gefunden
habe und daß durchſchnittlich in den deutſchen Irrenanſtalten
unter den Männern 25 Prozent Trinker ſich befinden. Wie viele
Verbrechen im Schnapsdampf begangen werden, ſieht man in
jedem Gerichtsſaal und in jeder Zeitung, wenn die Meuſchen, die
Andere geſtochen oder todtgeſchlagen haben, ſich auf die Trunken
heit als „mildernden Umſtand“ berufen. Man hat aber auch bei
einer in 120 Gefängniſſen und Zuchthäuſern angeſtellten Nachfrage
herausgebracht, daß von 32 837 Gefangenen 13706 oder 41,
Prozent ihr Verbrechen unter der Einwirkung des Alkohols be-
gangen haben. Wie viele Krankheiten im Trinken ihren Urſprung
haben, weiß Jeder, der um ſich ſchaut; am beſten wiſſen's aber-
die Vorſtände der Krankenkaſſen. So manche Krankenkaſſe würde
glänzend ſtehen und deshalb die Beiträge ermäßigen oder die
Leiſtungen erhöhen können, wenn ſie im Stande wäre, jedem Mit-
glied die Schnapsflaſche zu verſiegeln. Darum fort mit der
Schnapsſteuer, die wir nicht dem Staat für etwas Peihmsiger-
oder Nützliches, ſondern dem Schnapshändler für etwas Ver“
derbliches und Unnöthiges bezahlen, und wir werden geſunder-
beſſer und glücklicher ſein!
Aus Baken. Das Verordnungsblatt der Steuerdirection
Nr. 20 enthält Verordnungen, die Eintheilung der Geſchäfts
bezirke der Steuercommiſſäre und die Impreſſen für die Fleiſch
ſteuer betreffend, Aenderungen im Aemterverzeichniß für die Ver-
waltung der Zölle und Reichsſteuern und Uebergangsapgaben
II. Theil und Perſonalnachrichten. — Der ehem. Hauptkaſſirer
und Rechnungsrath der bad. Staatseiſenbahnen, Jakob Weniger
und deſſen Geliebte, Eliſe Lan g, haben ſich, der N. B. Odsztg-
zufolge, am 15. d. M. vor dem großh. Schwurgerichte zu Karls“
ruhe wegen Unterſchlagung von 207,000 Mark zu verant-
worten. Weniger und ſeine Münchener Hausverwalterin ſitzen
ſchon ſeit Juli in Unterſuchungshaft. — Seit Sonntag wird ein
Soldat der 9. Comp. des Konſtanzer Regiments vermißt.
Derſelbe hatte vor ſeiner Flucht ein für einen Kameraden ange“
kommenes Kiſtchen in Empfang genommen, erbrochen und ſich den
Werthinhalt angeeignet. — In Weißenſtein bei Pforzheim wur
den zwei Arbeiter, Albrecht von Dürrmenz und Pfeil voß
Unteröwisheim, beim Neubau der Papierfabrik von einem heanf
ſtürzenden Quader ſchwer verletzt. Albrecht ſtarb nach Verlaul
von einer Viertelſtunde, Pfeil wurde wit verletztem Rückgrat in
das Spital gebracht.



Vermiſchte Nachrichten.
Stuttgurt, 30. Novbr. Der noch nicht lange hier beſtehende
Verein zur Förderung der Kunſt hat den Gedanken angeregt, in
hieſiger Stadt ein Denkmal des Reichskanzlers Fürſten
Bismarck und des Generalfeldmarſchalls Grafen Moltke
zu errichten, und beauftragte Herrn Profeſſor Dondorf mit der
Anfertigung der Portraitbüſten. Letzterer hat zu dieſem Zmot
dem genannten Künſtler im vorigen Jahr eine Sitzung gewährt
und das Werk iſt als ein in hohem Grade gelungenes zu 53
zeichnen. Zum Zweck der Aufnahme der Vortraitbüſte de
Kanzlers hat ſich Profeſſor Dondorf, nachdem aus Friedrichen
die Zuſage zu einer Sitzung hier eingetroffen, vorgeſtern dorth 0
begeben. Nach Vollendung der Arbeit werden beide Büſten vo 4
dem genannten Verein hier ausgeſtellt werden. — Zu einer wüg
digen Feier, des hundertjährigen Geburtetagg
Ludwig Uhlands (26. April 1887) hat ſich hier ein Ausſch.⸗
gebildet; desgleichen in Tübingen, der Geburtsſtadt des Dichtath
Hie Kaiſer Wilhelms⸗Spende. Der Aufſichtsrath
der Kaiſer Wilhelms⸗Spende hat in ſeiner Sitzung vom 23. O
tober c. den Jahres⸗Abſchluß pro 1. April 1885 bis 31. Märd
1886 revidirt und feſtgeſezt. den uns mitgetheilten 3
iſt auch für das verfla⸗ Siahr ⸗ir
der Zahl der M —
im laufend-
als ue
Eimlagen betruh

C 3Z3a —
+. Die S.
Iahr 1046 735 ½. (205 360 %½. mehr wie im
hie Bilanz für das letzte Geſchäftsjahr enthält „
u 5 135 375 , an Paſſiva 5 100 930 ¾. Der Jahres,
„oerſchuß beträgt mithin 34 443 ¾, welcher mit 9900 α
Garantiefond und mit 241 % dem Unterſtützungsfond, der H.
von 24 302 ¾ dem Sicherheitsfond überwieſen worden ſtud.
Der Sicherheitsfond, welcher nunmehr im Ganzen 200.727
beträgt, iſt zur Gewährung von Dividenden, ſowie de-
Uuterſtützung vorzeitig arheitzunfähig gewordener Mitglieder, h,

jahre 69 293 . betragen. Abr

In dem begonnenen, vom 1. Ah —
 
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