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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI issue:
1/2. Septemberheft
DOI article:
Kuhn, Alfred: Das Provinzialmuseum in Hannover nach seiner Reorganisation
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0027

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später setzt vorsichtig die Einführung in das Wesen der
Kunst in ihren verschiedenen Perioden ein. Es ist für
den Verfasser dieses erfreulich, solches konstatieren zu
dürfen, denn gerade hierauf hat er in Aufsätzen in der
„Museumskunde“ 1921 die Museumsleitungen hinzu-
weisen sicli bemüht. Auch damals forderte er eingehende
Beschriftungen, erklärende Texttafeln für das inter-
essierte Laicnpublikum. Dorner hat diesen Gedanken
verwirklicht. Die „Entmusealisierung des Museums“,
die der Unterzeichnete in jenen Aufsätzen in der „Muse-
umskunde“ gefordert hat, nämlich die Einbeziehung des
Museums in die Organik des Tages durch Abhaltung von

auch die Funktion erfüllen, volkserziehend in höherem
Maße zu wirken. Es muß sich als Dienerin der Allge-
meinheit betrachten. Unter diesen Umständen ist es
überaus erfreulich, daß Dr. Dorner, dem ein gewaltiges
Aktionsgebiet zur Verfügung steht, sich auf den Boden
dieser vorwärts weisenden Ideen gestellt hat, und es ist
nur zu wünschen, daß er die Widerstände, die ihm natur-
gemäß entgegengebracht werden, überwindet.

Was nun den letzten Punkt betrifft, über den hier
zu sprechen ist, nämlich die Ausmalung der Räume, so
kann darüber einstweilen ein Urteil nicht abgegeben
werden. Ein Prinzip der neuen Museumstechnik ist es,

Antependium aus Klcster Wennigsen. 2. Hälfte 13. Jahrh.
Provinzialmuseum Hannover

Vorträgen, festlichen Veranstaltungen in den Räumen
der Sammlungen, bemüht sich Dorner durchzuführen.
Zu diesem Zwecke hat er eine Beleuchtungsanlage ge-
schaffen, Nicht genug kann darauf hingewiesen werden,
wie wichtig es ist, die arbeitende Bevölkerung des
Abends in die Museumsräume zu bekommen, da sie die-
selben ja sonst niemals sehen. Der arbeitende Mensch
ist den Tag über anderweitig beschäftigt und am Sonn-
tag selten gestimmt, die Vormittagsstunden im Museum
zu verbringen. In den Kreisen der zünftigen Museums-
leute setzt man der abendlichen Oeffnung starken Wider-
stand entgegen, teils aus dem Gesetze der Trägheit, teils
aus Skeptizismus. Die schlechten Erfahrungen, die bis-
her damit gemacht worden sind, dürfen nicht abschrek-
ken. Gerade Amerika beweist, welche großen Möglich-
keiten noch imrner hler vorhanden sind. Das Museum
ist nicht nur eine Angelegenheit fiir Fachgelehrte. Ver-
langt man von der Volksvertretung große Mittel zu sei-
nem Ausbau und seiner Verschönerung, so muß es aber

die Räume neutral zu streichen, die Gegenstände vor die
klare Wand zu stellen, um sie auf diese in ihrer künst-
lerischen Wirkung zu erhöhen. Ausgehend von diesem
Grundsatz hat Dorner geglaubt, auch weltanschauliche
Gedanken bei der Farbengebung verwirklichen zu
können. Er hat drei große Akzente angenommen: Das
Mittelalter mit von oben gedrückten tiefen Fönen, die
folgenden Perioden heller mit kräftigen Tönen (die
Decke weiß, die Wände bis oben farbig), und das 19.
Jahrhundert differenziert, aber von oben her möglichst
befreit (die Wände nur bis dreiviertel Höhe farbig, die
Decke und ein Viertel der Wand weiß). Was der Unter-
zeichnete bisher hat sehen können, schien ihm nur zum
Teil gelungen. Durchaus erfreulich fand er das Treppen-
haus und einige Räume, darunter die der Romantiker
und der Klassizisten. Da er aber das Ganze noch nicht
fertig gesehen hat, so möchte er sicli über die Berechti-
gung der Dornerschen Wandanstriche einstweilen der
Meinung enthalten.

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