Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI Heft:
1/2. Septemberheft
DOI Artikel:
Kern, Guido Josef: Ein künstlerisches Sinnbild für den öffentlichen Arbeitsnachweis
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0028

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6in künftletnfdr>cs Sinnbild
füt? den öffenttieben Acbeitsnacdtneis

eon

Q. 7. Ketm

Weite Arbeitsnachweiskreise hatten seit iangem
gewiinscht, ein einheitliches Sinnbild und Werbezeichen
fiir die öffentliche Arbeitsvermittlung zu besitzen. Des-
halb hatte die Reichsarbeitsverwaltung im Arbeitsmarkt-
anzeiger vom 12. Januar 1926 aufgefordert, geeignete
Vorschläge einzureichen. Freunde und Sachverständige
des Arbeitsnachweiswesens, K ü n s 11 e r u n d T e c h -
n i k e r sind der Aufforderung gefolgt.

Mit der Sichtung des Materials wurde Professor Dr.
Kern betraut. Er war, da er als Kunsthistoriker
und Künstler die künstlerische, als Mitarbeiter der
Berufsberatung zugleich auch die gedankliche Leistung
abwägen und werten konnte, der gegebene Berater, um
die Auswahl des bestgeeigneten Entwurfs vorzubereiten.
Er erstattete einem kleinen Kreis von Sachverständigen,
in dem der Reichskunstwart vertreten war, sein Gut-
achten. Der Bericht wurde einmütig gutgeheißen. Mit
Genehmigung der Reichsarbeitsverwaltung bringen wir
ihn hier zum Abdruck. (Nun ist zu wünschen, daß der
Vorschlag vcn allen öffentlichen Arbeitsnachweisen an-
erkannt und das ausgewählte Plakat allgemein ais ein-
heitliches Sinnbild und Werbezeichen eingeführt w-ird.
Nähere Mitteilungen gehen den öffentlichen Arbeits-
nachweisen durch die Landesämter für Arbeitsvermitt-
lung alsbald zu.)

011 dem Qedanken ausgehend, daß der öffentliche
Arbeitsnachweis, wenn er den Ausgleich des
Arbeitsmarktes immer mehr erobern will, nicht auf die
zeitgemäßen Hilfsmittel eindrucksvoller Werbung ver-
zichten kann, hatte die Reichsarbeitsverwaltung sich
entschlossen, ein einheitliches, reichsgiiltiges künst-
lerisches Sinnbild für den öffentlichen Arbeitsnachweis
zu schaffen. Es war schon oft und längst von Arbeits-
nachweiskreisen der Wunsch ausgesprochen worden, für
die Arbeitsnachweistätigkeit ein Sinnbild zu besitzen, das
eher als das gedruckte Wort in die Augen fällt und,
wenn es auf allen Bekanntmachungen jedes öffentlichen
Arbeitsnachweises in Deutschland erscheint, sich tief,
lebendig und wirksam dem allgemeinen Bewußtsein ein-
prägt. Deshalb hatte die Reichsarbeitsverwaltung eine
Aufforderung an die Angehörigen, Freunde und Förde-
rerer der Arbeitsnachweisbewegung gerichtet, entspre-
chende Vorschläge einzureichen. Der Gedanke fand ein
lebhaftes und zustimmendes Echo. Es liefen etwa
sechzig Vorschläge ein. Sie stammen vornehmlich von
Sachverständigen der Arbeitsvermittlung, meistens von
solchen, die in der örtlichen Praxis tätig sind. Auf An-
regung einiger Arbeitsämter haben auch Künstler, Archi-
tekten, Techniker, Kunstgewerbe- und Verwaltungs-
schulen Entwürfe eingereicht.

Ehe auf die einzelnen Vorschläge eingegangen wer-
den soll, müssen wir uns die allgemeinen Gesichtspunkte
für ihre Beurteilung vergegenwärtigen. Die gestellte
Aufgabe war eine doppelte: eine gedankliche und eine
künstlerische. Für den gedanklichen Inhalt galt es, eine

Bildidee zu gewinnen, fiir deren künstlerische Gestal-
tung eine dekorative Form: ein Plakat oder eine Marke
(ein Signet). Ein dekoratives Werbezeichen muß, nach
den ürundsätzen der modernen Aesthetik, treffend, ori-
ginell, eindrucksvoll und einfach sein. Verständlichkeit
der Bildform auf den ersten Blick ist ebenfalls Erfor-
dernis; der Bildgedanke hingegen braucht nicht sofort
eindeutig klar zu sein, aber er muß zwingend auf den
Werbegedanken hinführen. — Die große Schwierigkeit
liegt nun darin, für den treffenden, originellen, eindrucks-
vollen, einfachen Gedanken die entsprechende Bildform
zu finden. Nicht jede an sich treffende Idee läßt sich
gut für ein künstlerisches Werbezeichen verwerten. Viel-
mehr ist der Kreis der Vorstellungen beschränkt, die sich
zu einem künstlerisch hervorragenden Ausdruck gestal-
ten lassen. Der Künstler, der sich mit der Idee beschäf-
tigt, sucht bereits mit der Idee die Form. Er wird von
vornherein jeden Gedanken verwerfen, den er in seiner
Vorstellung nicht zugleich zu einem eindrucksvollen
künstlerischen Bild gestalten kann. Der Nichtkünstler
hingegen sucht die Idee allein. Dabei geht er fast immer
von dcr falschen Voraussetzung aus, daß sich für eine
gute Idee stets auch eine gute Form finden lasse. Daher
sind die Ideen des Nichtkünstlers für den Künstler nur in
seltenen Fällen ohne weiteres verwertbar.

Nun zu den eingereichten Vorschlägen und Ent-
würfen selbst:

Da zunächst Vorschläge über die 1 d e e eines
künstlerischen Werbezeichens gesammelt werden und
diese erst dann künstlerisch gestaltet werden sollten, so
liegt bei den Einsendungen das Schwergewicht im Ge-
danklichen. Einige Mitarbeiter schlagen eine bildmäßige
Darstellung vor, die durch Schrift nur erläutert wird,
andere ein künstlerisches Schriftplakat, das durch die
Beigabe eines figürlichen Symbols eindrucksvoller ge-
staltet werden soll.

Befassen wir uns zunächst mit den gedanklichen
Vorschlägen. Den Anregungen folgend, welche die
Reichsarbeitsverwaltung in ihrem Ausschreiben gegcben
hatte, haben manche Einsender als Bildidee ein allge-
meines Symbol der Arbeit vorgeschlagen. Vereinzelt
erscheint als ein solchcs die Biene, das lebendige Symbol
zweckvoll organisierter Arbeit; als Einzelindividium und
als Gesamtbegriff. — Fast alle übrigen Sinnbilder ftir die
Darstellung der Arbeit leiten ihre Idee aus der Tätigkeit
des Menschen ab. Einige beziehen sich auf seine Be-
schäftigung innerhalb der großen Wirtschaftsgebiete wie
Elandel, Industrie, Landwirtschaft und werden dargestelt
durch Merkurstab und Schiff, durch Schwungrad, rau-
chende Schlote und Fabrikgebäude, durch Aehren und
Halme. Andere entnehmen ihr Motiv der persönlichen

21
 
Annotationen