Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0508
DOI Heft:
1./2. Juliheft
DOI Artikel:Müller, Walter: Aus der Dresdner Skulpturen-Sammlung
DOI Artikel:Krötzsch, Walther: Kunsthandwerker über ihre Arbeit, [2]
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und im Haar ist nur der Oberkörper mehr zusammen-
gebeugt, der Kopf weniger s,tolz aufgerichtet, das Ge-
sicht kleinlicher. Was der Marmor noch an Größe be-
wahrte, ist in der Bronze ins Niedliche und Elegante
umgeformt.
Die Stücke sind noch unter den Augen des Künst-
lers entstanden, der SOjährig 1720 starb. Baron Le Plat,
der Einkäufer August des Starken, war 1699, 1714, 1716
und 1723 in Paris. Ein Yerzeichnis von den Ankäufen
einer dieser Reisen (im Hauptstaatsarchiv) nennt auch
die Venus und die Reitergruppen, doch ist das Verzeich-
nis nicht datiert. Nur aus der Tatsache, daß auch die
Büste des Kurprinzen von Coudray, die 1715 entstand,
aufgezählt wird, ist zu folgern, daß es von einer der
beiden letzten Reisen stammt. Da Coudray 1716 nach
Dresden übersiedelte und man schwerlich die Büste
des Prinzen noch acht Jahre in Paris gelassen hat, wird
es sich um Erwerbungen Lc Plat’s von 1716 handeln.
Lovis Corinth
Selbstbildnis 1923
Zum Todestage des
Meisters am 17. Juli
Qalerien
Thannhauser
Berlin-Miinchen-
Luzern
Kun(if)andu)et?ketJ übev lf)t?e At?beiL
Don IDaltbet? Krötsfcb - tetpEtg.
II.*)
Der Weißenfelser Silberschmied Kurt Pötzsch, Weißenfels a. d.
Saale, bringt auch Arbeiten aus Edelzinn. Seine Schöpfungen zeich-
nen sich aus durch Einfachheit und Klarheit der Form, oft verbun-
den mit technisch gewonnenen überaus subtilen Kleinformen von
großem Reize, erinnernd an das Blatt und Filigranwerk alter
Arbeiten.
Er sagt:
Der Arbeitsvorgang ist bei einem Zinngerät festgelegt: Zuerst
wird eine Zeichnung gemacht, die alle Formen und Maße genau
enthält oder wenigstens ein klares Bild von der Gesamtform gibt.
Danach wird ein Gipsmodell angefertigt, der Kern hergestellt, ein
Zinnabguß gemacht, der mit der Hand nachgearbeitet wird. Nach
der Durcharbeitung dieses Stiickes werden die übrigen, gleichen
Stücke gefertigt.
Der Zweck des Gegenstandes ist ausschlaggebend für die Ge-
staltung. Die verschiedenen Möglichkeiten, w.ie! man einem Zwecke
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ 1./2. Aprilheft 1927.
gerecht wcrden kann, werden rein empfindungsgemäß bewertet
und festgelegt.
Die Anpassung an das Material geht damit Hand in Hand.
Gußmaterial hat eine andere Formsprache als Schmiedematerial.
Jeder kennt doch ,,sein“ Material so genau, daß er ohne besondere
Ueberlegungen gerade das herausholt, was herauszuholen ist.
Ich beschäftige mich oft vier bis fünf- Wochen lang mit einer
Aufgabe, bis urplötzlich eine Lösung auftaucht, fast wie eine Vision,
wie ein Traumgebilde, — diese Lösung wird als die allein richtige
empfunden, deren man fähig ist. Und nun versuche ich unerbittlich
an diese Gestaltung heranzukommen und sie festzuhalten. Aucli
das Arbeiten ist dann oft traumartig. Das werden die besten Arbei-
ten, die so entstehen. Da hat man gar keinen Zweifel, das i s t so
und es ist dann auch wirklich gut.
Jeder Gegenstand ist, wenn er ein Höchstergebnis, eine wirk-
lich gute Arbeit ist, eine Vereinigung von Ausdrucksform und
Schönheitsform. Der persönliche Ausdruck des Gestalters wird ja
immer bestimmend sein. Der Materialausdruck kann hier und da
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gebeugt, der Kopf weniger s,tolz aufgerichtet, das Ge-
sicht kleinlicher. Was der Marmor noch an Größe be-
wahrte, ist in der Bronze ins Niedliche und Elegante
umgeformt.
Die Stücke sind noch unter den Augen des Künst-
lers entstanden, der SOjährig 1720 starb. Baron Le Plat,
der Einkäufer August des Starken, war 1699, 1714, 1716
und 1723 in Paris. Ein Yerzeichnis von den Ankäufen
einer dieser Reisen (im Hauptstaatsarchiv) nennt auch
die Venus und die Reitergruppen, doch ist das Verzeich-
nis nicht datiert. Nur aus der Tatsache, daß auch die
Büste des Kurprinzen von Coudray, die 1715 entstand,
aufgezählt wird, ist zu folgern, daß es von einer der
beiden letzten Reisen stammt. Da Coudray 1716 nach
Dresden übersiedelte und man schwerlich die Büste
des Prinzen noch acht Jahre in Paris gelassen hat, wird
es sich um Erwerbungen Lc Plat’s von 1716 handeln.
Lovis Corinth
Selbstbildnis 1923
Zum Todestage des
Meisters am 17. Juli
Qalerien
Thannhauser
Berlin-Miinchen-
Luzern
Kun(if)andu)et?ketJ übev lf)t?e At?beiL
Don IDaltbet? Krötsfcb - tetpEtg.
II.*)
Der Weißenfelser Silberschmied Kurt Pötzsch, Weißenfels a. d.
Saale, bringt auch Arbeiten aus Edelzinn. Seine Schöpfungen zeich-
nen sich aus durch Einfachheit und Klarheit der Form, oft verbun-
den mit technisch gewonnenen überaus subtilen Kleinformen von
großem Reize, erinnernd an das Blatt und Filigranwerk alter
Arbeiten.
Er sagt:
Der Arbeitsvorgang ist bei einem Zinngerät festgelegt: Zuerst
wird eine Zeichnung gemacht, die alle Formen und Maße genau
enthält oder wenigstens ein klares Bild von der Gesamtform gibt.
Danach wird ein Gipsmodell angefertigt, der Kern hergestellt, ein
Zinnabguß gemacht, der mit der Hand nachgearbeitet wird. Nach
der Durcharbeitung dieses Stiickes werden die übrigen, gleichen
Stücke gefertigt.
Der Zweck des Gegenstandes ist ausschlaggebend für die Ge-
staltung. Die verschiedenen Möglichkeiten, w.ie! man einem Zwecke
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ 1./2. Aprilheft 1927.
gerecht wcrden kann, werden rein empfindungsgemäß bewertet
und festgelegt.
Die Anpassung an das Material geht damit Hand in Hand.
Gußmaterial hat eine andere Formsprache als Schmiedematerial.
Jeder kennt doch ,,sein“ Material so genau, daß er ohne besondere
Ueberlegungen gerade das herausholt, was herauszuholen ist.
Ich beschäftige mich oft vier bis fünf- Wochen lang mit einer
Aufgabe, bis urplötzlich eine Lösung auftaucht, fast wie eine Vision,
wie ein Traumgebilde, — diese Lösung wird als die allein richtige
empfunden, deren man fähig ist. Und nun versuche ich unerbittlich
an diese Gestaltung heranzukommen und sie festzuhalten. Aucli
das Arbeiten ist dann oft traumartig. Das werden die besten Arbei-
ten, die so entstehen. Da hat man gar keinen Zweifel, das i s t so
und es ist dann auch wirklich gut.
Jeder Gegenstand ist, wenn er ein Höchstergebnis, eine wirk-
lich gute Arbeit ist, eine Vereinigung von Ausdrucksform und
Schönheitsform. Der persönliche Ausdruck des Gestalters wird ja
immer bestimmend sein. Der Materialausdruck kann hier und da
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