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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Augustheft
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Londoner Kunstmarkt / Vom holländischen Kunstmarkt / Schloß Moritzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0554

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tondonec Kunßmackt.

Dtc Cottßctionen Ross und jiolfoed.

Unser L o n d o n e r Kunstref erent berichtet uns über
die jüngsten großen Auktionen:

Bei C h r i s t i e s wurde die berühmte Sammlung des ver-
storbenen Kanadiers James R o s s , Montreal, ausgeboten. Die
„Sensation“ aber kam nicht von Rembrandt, sondern von
Turners „Venedig: Dogana und Salute“, das Agnew für 29 000
Guineen erstand. Der zweite Turner „Helvoetsluys, das Kriegsschiff
Stadt Utrecht sticht in die See“ ging an Paterson (8500 Guin.).
Agnew kämpfte aucli um R e m b r a n d t s „Bildms eines Mannes“,
als Admiral Tromp bekannt, über das ja Wilhelm v. Bode geschrie-
ben hat. Mit 210 000 Goldmark setzte unter Beteiligung Knoedlers
und Sulleys das Bieten ein. Mit 30 000 Guin. (606 000 Goldmark)
kaufte es Agnew. Das Werk ist 1665 gemalt. Es geht vermut-
lich — einmal war es schon in der Kollektion der New Yorker
Schau — wieder über den Ozean. Knoedler erwarb Frans H a 1 s
Biidnis eines Mannes mit Schnurr- und Spitzbart in schwarzer
Tracht (5600 Guin.). Rubens „Auszug des Lot mit Familie aus
Sodom“ erwarb Richter (2100 Guin.), nachdem das Werk 1911 be-
reits 6500 Guin. bei der Butler-Versteigerung gebracht hatte.
R e y n o 1 d s entzückendes Gemälde der jungen Lady Ann
Fitzpatrick als „Sylvia“ ging an Agnew (18 500 Guin.), der auch
den zweiten Reynolds „Kopf der Theophila Palmer“ kaufte (2500
Guineen). Jacob van Ruisdaels „Sturmsee“ kaufte Hobson
(1000 Guin.). Raeburns Portärt der Elizabeth Hume ging an
Knoedler (5200 Guin.), der auch Romneys „Lady Sullivan“,
1779 gemalt, für 17 000 Guin. erstand.

Interessant war dcr Preis, den Boningtons Fischerbild
aus der Normandei brachte (3000 Guin., Agnew). Der Maler selbst
erreichte nur ein Alter von 27 Jahren. Millets „Lecon d’Equita-
tion“ brachte 500 Guin., Käufer^die Raeburn-Gallerie; Corot „Fon-
tainebleau“, Baron de Hatvany (1300 Guin.); Courbet „Küstensturm“,
Thomson (380 Guin.); Monticelli „Fest der Isis“, Thomson (700
Guin.), der auch Rossettis „La Ghirlandata“ erstand (800 Guin.);
Troyon „Apfelbaum“, Thoms.on (300 Guin.), während „Abstieg der
Kühe“ desselben Malers an Thomson (540) und „Der Wasserwagen“
an Lord Mays (160 Guin.) gingen; Rousseaus „Carrefour de la Reine
Blanche“, Wallis (460); Maube „Küste von Scheveningen“, Thom-
son (360 Guin.); Lord Leighton „Drei dekorative Paneele der
Musik“, Nutchell (300 Guin.).

Anschließend wurden aus verschiedenem Besitz eine ganze
Reihe namhafter Bilder versteigert, darunter Romneys Catherine
Chichester (Knoedler, 4000 Guin.) und seine Lady Chifford,
Schwester der vorgenannten (Leggatt, 4400 Guin.). Seine Frau
Hudleston brachte 6100 Guin, seitens Jonas, Paris, und seine Frau
Strutt 800 Guin. (Nicholson); Reynolds „Squire Musters“ 4000 Guin.,
Agnew; seine Frau Joseph Musgave 260 Guin., Nicholson; Frau
Huddesford 650 Guin., Paterson.

Drei Lawrences gingen an Agnew: Frau Jane Trower (3600
Guin.), E. Spencer (1200 Guin.), Robert Smith (1:100 Guin.). Fuller
erwarb Lawrences Bild der Königin Charlotte (4500 Guin.). Labey,
Paris, kaufte Gainsboroughs Porträt des Marquis Camden, 1800
Guin.; Withers kaüfte Hoppners Bildnis des Edward Constabie (620
Guin.); Rembrandts „Waldflußszene“ ergab 1155 Guin. und sein
Kopf eines alten Mannes 2340 Pfund.

*

Bilder und Zeichnungen, die früher der Kaiserin E u g e n i e
gehörten, sind von den Nachlaßverwaltern bei Christies verkauft
worden. Das Hauptstiick (auch an Größe) war Winterhalters
im Jahre 1855 gemaltes Bild der Kaiserin mit ihren im Kreise
sitzenden Hofdamen, das eine ganze Wand einnahm und von Turner
fiir 3750 Guin. gegen starke Pariser Gegenbieter erworben wurde.
Es wurde aber bald darauf bekannt gemacht, daß Turner im Auf-
trag des iLouvre handelte, so daß das Riesengemälde, das bei
der Flucht der Kaiserin aus dem Rahmen geschnitten und von
Compiegne nach England gerettet wurde, vermutlich iu seinen
Urrahmen, der sich noch in Compiegne befindet, wieder eingespannt

wird. Drei weitere Winterhalter wurden von Smith (220 Guin. für
die Herzogin von Alba); Seligmann, Kaiserin Eugenie als Marie
Antoinette; Featherstone, Profilbild der Kaiserin, angekauft.

Sampson zahlte 540 Guin. für zwei Canalettos, Ansichten von
Venedig, und 310 Guin. für Bouguereaus Madonna mit Kind und
Johannes; Sabin 820 Guin. für eine Waldlandschaft von J. Pater;
Coinaghi 780 Guin. fiir J. van de Capelle „Boote an der Küste“ und
210 Guin. fiir Wouvermann „Bach mit Briickchen“. Ein weiterer
Wouvermann, „Feldlager“, kaufte Melrose fiir 540 Guin.; Swaine
(620 Guin.) für Greuze, Knabenbildnis; Skilleter (380 Guin.) fiir
Calames Ansicht des Vierwaldstättersees; Swaine (620 Guin.) fiir
Knabenbildnis von Greuze, vermutlich den Dauphin darstellend;
Spink (1000 Guin.) für zwei Inselbilder in der Nähe von Venedig
von Guardi; Knoedler (480 Guin.) für die Besetzung Utrechts von
Teniers d. J.

Rosenbach erwarb bei Sothebys eine Erstausgabe des
Regiomontanus, „Tractatus contra Cremonensia“, Nürnberg, etwa
1470, für 79 Pf. Dr. Rosenbach ist übrigens von seiner alten Univer-
sität Pennsylvanien der Titel eines Ehrendoktors für Kunst
und Wissenschaft wegen seiner. Föderung der Bibliophie und des
Sammlerwesens verliehen worden.

Der Amerikaner kaufte ebenfalls bei Sothebys ein vieibegehr-
tes Exemplar von Ormes „British Field Sports“, Jahrgang 1807/08,
mit zwanzig farbigen Tafeln, große Seltenheit in der Sportliteratur,
für 2600 Pf. (52 000 Goldmark!)

Ein Romney, Porträt des Majors A. Robertson, 1782 gemalt,
wurde an Marsh 'für 2500 Pf. verkauft. Reynolds Bildnis der Gräfin
Harcourt erstand Winsor für 1460 Pfund.

Die Tapisserien und Teiie der Möbel aus dem
Besitze der Kaiserin Eugenie sind in der späteren Ver-
steigerung bei Christies in amerikanischen Besitz übergegangen.
Die wundervollen Gobelins mit Motiven aus Don Quichote, sieben
an der Zahi, mit A u d r a n s Signatur, wurden von Symons, New
York, für 13 400 Guineen erworben. Gespannt lauschte der volle
Saal au'f die Gegenpreise des Pariser Kunsthändlers Stettiner,
sonst aber ging niemand mit. Amerika lief Europa hier wieder
den Rang ab, denn die zweitschönste Gruppe des Tages, zwei
Louis XVI.-Kabinette, mit eingelassenen runden Plaques aus
Sevres, Michault signiert (1787), ging ebenfalls an Symons fiir
4500 Guin. Simon, Paris, gab 1500 Guin. für einen voliständigen
Satz Möbel im Empirestil, mit Beauvais-Gobelins überzogen, wie
auch 145 Guin. fiir einen dazu passenden Ofenschirm, und 350 Guin.
für einen runden Tisch, Zeit Louis XVI., A. Weisweiler gestempelt.
Permain zahlte 1450 Guin. für Uhr und Barometer aus derselben
Periode, von Sotiau, Uhrmacher des Dauphins, hergestellt. Aus
dem Besitz des Prinzen Victor Napoleon stammte ein flämischer
Gobelin des 17. Jahrhunderts mit Gartenmotiv, den Smith erstand
(580 Guin.). Aus dem Besitz des Sir Francis Astley Corbett wurden
anschließend acht Walnußstühle und ein Sessel aus der Zeit Köni-
gin Anna versteigert, die Permain für 4000 Guin. (8000 Goldmark)
erwarb. Partridge zahlte 480 Guin. ftir zwei vergoldete Spiegel
mft Konsolen (georgianische Periode). Später kaufte Jonas, Paris,
zwölf Beauvaiser Gobelinfauteuils, Louis XVI., fiir 2100 Guineen.

St. Bl.

*

Die Holford-Kollektion ist zum Leidwesen aller kunstsinnigen
Menschen jetzt bei C h r i s t i e s und Sothebys zur Auflösung
gelangt. Nach dem Tode des Obersten Sir George Holford ist
diese fabelhafte Anhäufung von Kunstschätzen, die Robert Holford
anfangs des 19. Jahrhunderts begann, von dem Palais im Park Lane,
London, dem beriihmten Dorchester House, jetzt auch dem Speku-
lationsbau ausgeliefert, von den Erben zum Verkauf gegeben wor-
den. In zwei starken Bänden hat Robert B e n s o n , dessen alte
Italiener von den Duveens erworben wurde, für die Erben des
Sir George den Inhalt von Dorchester House katalogisiert, so daß
man immerhin eine Erinnerung an die große Kollektion besitzt.

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