Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0536
DOI issue:
1./2. Augustheft
DOI article:Rave, Paul Ortwin: Zeichnungen deutscher Meister in der Nationalgalerie
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0536
/ahrgang 1927 12. Augustneft
Beicbnungen deutfctyev Jvleiftec in det? JHationalgatecie
oon
Paut Ot?tu)tn Raoe
1 11 den Jahrgängen 1925 und 1926 des „Kunstwan-
* derers“ sind vier Aufsätze über die neuen Erwer-
bungen der Nationalgalerie erschienen.*) Die Oel-
gemälde und Zeichnungen aus der Zeit um 1800, die
seit Kriegsende der Sammlung zugewachsen waren,
konnten besprochen und teilweise in Abbildungen mit-
geteilt werden: Werke der Kobell, Oeser, Tischbein
und anderer, dann solche C. D. Eriedrichs und seines
Kreises, ferner Overbecks und seiner Freunde, schließ-
lich Friedr'ich Wasmanns. Nun gibt eine Ausstellung
von Zeichnungen deutscher Meister in den drei
Geschossen des ehemaligen Kronprinzenpalais er-
wünschte Gelegenheit, zusammenfassend über die
neuen Erwerbungen an Eiandzeichnungen, Tusch- oder
Wasserfarbblättern zu berichten, die seit 1910 den
Bestand vermehrt haben, also Ergänzungskäufe zu dem
damals Vorhandenen sind.
Das Sammelgebiet der Nationalgalerie setzt ein mit
dem Erwachen einer arteigenen deutschen Kunst, als
vielerorts durch die Gegenwirkungen gegen die Aka-
demien ein neues Aufblühen im Kunstleben Deutsch-
lands spiirbar ward. Aber gerade diese Zeit ist erst
in den letzten Jahrzehnten nachdrücklicher in den
Gesichtskreis geriickt worden -— vielleicht immer noch
nicht intensiv genug. Die Nationalgalerie konnte sich
jedenfalls an der Erhellung dieser Zeitläufte um 1800
durch mancherlei glückliche Käufe beteiligen, durch die
Erwerbung ganzer Serien von Blättern der Akademiker
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ Mai, Juli, September 1925,
Januar 1926.
des 18. Jahrhunderts, der Vertreter der klassischen
oder romantischen Landschaft, der friihen Deutsch-
Römer.
Wie damals die ,,Alte Akademie“ ihre Lehrweise
in Fächer geteilt hatte, wird an einer Anzahl Blätter
deutlich. Das Bereich der antiken Geschichte und
Mythologie können Werke von Karl Russ, Ender,
Fiiger belegen, besondere Aufmerksamkeit verdient
Fiigers Entwurf zum Vorhang im Wiener Burgtheater,
auch das Selbstbildnis mit Frau und dem (etwa vier-
jährigen) Söhnchen vor Raffaels Biiste und der Auf-
schrift: „Aut Cäsar Aut nihil“. Tischbein, Holzer zei-
gen die Allegorie, Karl Posl, Oeser, Klengel, Ferdinand
und Franz Kobell die Landschafterei, Joseph Hikel die
Bildniskunst, Johann Peter Krafft die Buchillustration.
Interessant ist auch ein Blatt des Adam von Bartsch,
der durch Herausgabe des Peintre Graveur die graphi-
sche Kunstforschung begriindet hat und Skriptor war
an der k. k. Hofbibliothek und Kustos an der Kupfer-
stichsammlung. Ebenso gehört Chodowieckis Zeichen-
kunst in das Bereich der Nationalgalerie, obwohl sie
noch an drei verschiedenen Stellen in Berlin gesammelt
wird. Neben vielem anderen findet sich da ein köst-
lich.es Blatt von ihm: „Beym Professor Nicolai 1786“,
ein anderes „Die Grazien verbinden dem Amor die
Augen, Hymen steckt seine Fackel an Amor seiner
an 1772“, oder eine Vorlage für den Stecher, wie
Werther in der Gesellschaft beim Grafen ist: „Ich
dachte und gab nur auf meine B . . . acht“, ferner Bild-
nisse wie das Ramlers oder Prinz Heinrichs von Preus-
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Beicbnungen deutfctyev Jvleiftec in det? JHationalgatecie
oon
Paut Ot?tu)tn Raoe
1 11 den Jahrgängen 1925 und 1926 des „Kunstwan-
* derers“ sind vier Aufsätze über die neuen Erwer-
bungen der Nationalgalerie erschienen.*) Die Oel-
gemälde und Zeichnungen aus der Zeit um 1800, die
seit Kriegsende der Sammlung zugewachsen waren,
konnten besprochen und teilweise in Abbildungen mit-
geteilt werden: Werke der Kobell, Oeser, Tischbein
und anderer, dann solche C. D. Eriedrichs und seines
Kreises, ferner Overbecks und seiner Freunde, schließ-
lich Friedr'ich Wasmanns. Nun gibt eine Ausstellung
von Zeichnungen deutscher Meister in den drei
Geschossen des ehemaligen Kronprinzenpalais er-
wünschte Gelegenheit, zusammenfassend über die
neuen Erwerbungen an Eiandzeichnungen, Tusch- oder
Wasserfarbblättern zu berichten, die seit 1910 den
Bestand vermehrt haben, also Ergänzungskäufe zu dem
damals Vorhandenen sind.
Das Sammelgebiet der Nationalgalerie setzt ein mit
dem Erwachen einer arteigenen deutschen Kunst, als
vielerorts durch die Gegenwirkungen gegen die Aka-
demien ein neues Aufblühen im Kunstleben Deutsch-
lands spiirbar ward. Aber gerade diese Zeit ist erst
in den letzten Jahrzehnten nachdrücklicher in den
Gesichtskreis geriickt worden -— vielleicht immer noch
nicht intensiv genug. Die Nationalgalerie konnte sich
jedenfalls an der Erhellung dieser Zeitläufte um 1800
durch mancherlei glückliche Käufe beteiligen, durch die
Erwerbung ganzer Serien von Blättern der Akademiker
*) Siehe „Der Kunstwanderer“ Mai, Juli, September 1925,
Januar 1926.
des 18. Jahrhunderts, der Vertreter der klassischen
oder romantischen Landschaft, der friihen Deutsch-
Römer.
Wie damals die ,,Alte Akademie“ ihre Lehrweise
in Fächer geteilt hatte, wird an einer Anzahl Blätter
deutlich. Das Bereich der antiken Geschichte und
Mythologie können Werke von Karl Russ, Ender,
Fiiger belegen, besondere Aufmerksamkeit verdient
Fiigers Entwurf zum Vorhang im Wiener Burgtheater,
auch das Selbstbildnis mit Frau und dem (etwa vier-
jährigen) Söhnchen vor Raffaels Biiste und der Auf-
schrift: „Aut Cäsar Aut nihil“. Tischbein, Holzer zei-
gen die Allegorie, Karl Posl, Oeser, Klengel, Ferdinand
und Franz Kobell die Landschafterei, Joseph Hikel die
Bildniskunst, Johann Peter Krafft die Buchillustration.
Interessant ist auch ein Blatt des Adam von Bartsch,
der durch Herausgabe des Peintre Graveur die graphi-
sche Kunstforschung begriindet hat und Skriptor war
an der k. k. Hofbibliothek und Kustos an der Kupfer-
stichsammlung. Ebenso gehört Chodowieckis Zeichen-
kunst in das Bereich der Nationalgalerie, obwohl sie
noch an drei verschiedenen Stellen in Berlin gesammelt
wird. Neben vielem anderen findet sich da ein köst-
lich.es Blatt von ihm: „Beym Professor Nicolai 1786“,
ein anderes „Die Grazien verbinden dem Amor die
Augen, Hymen steckt seine Fackel an Amor seiner
an 1772“, oder eine Vorlage für den Stecher, wie
Werther in der Gesellschaft beim Grafen ist: „Ich
dachte und gab nur auf meine B . . . acht“, ferner Bild-
nisse wie das Ramlers oder Prinz Heinrichs von Preus-
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