b u r g e r B i 1 d e r ursprünglich i n e i n e m
Altar vereinigt gewesen sind. Wir ge-
w i n n e n d a mit ein e n neuen E y c k s c h e n
Altar, dessen Seitenstücke die be-
kannten Petersburger Tafeln darstel-
len, dessen Mi'ttelstück uns a 1 s Cxe-
mälde in der Aachener, als Zeichnung
i n d e r A a c h e n e r u n d W i e n e r K o p i e
e r h a 11 e n i s t. W i r n e n n e n d i e s e n A 11 a r
d e n „Petersburger A 11 a r“.9)
") In Analogie zum Genter und zum Dresdener Altar. Den
Namen „Petersburg“ und das entsprechende Eigenschaftswort be-
halten wir mit Rücksicht auf die ältere Literatur und zur Vermei-
dung von Verwechslungen bei.
(Schluß folgt.)
Übeß dte Kunßgetoecbe^jvtufeen
uon
Robect Scbmidt
Aus einer Ansprache beirn 50jährigen Jubiläum des
Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Vereins und des Kunst-
gewerbe-Museums in Frankfurt a. M. am 3. April 1927.
I—< ei diesem festlichen Anlaß lassen Sie mich ein paar
grundsätzliche Worte sagen, die mir außerordent-
lich am Herzen liegen.
Unsere Zeit scheint sich sehr amusisch zu ent-
wickeln und zugleich sehr antimuseai. In demselben
Maße, in dem der Zulauf zu den Boxkämpfen und Fuß-
balhvettspielen zunimmt, nimmt der Besuch der ernsten
Bühnen z. B. und der Museen ab. Ich hoffe und glaube
bestimmt, daß das eine vorübergehende Erscheinung ist,
daß das notwendige Cxleichgewicht zwischen Körper-
kultus und Geisteskultur sich bald wieder einstellen
wird; sonst würde ja die Welt ihren kulturellen und
künstlerischen Bankerott erklären müssen.
Die Kunstgewerbe-Museen aber sind heute in einer
besonders schwierigen Lage. Schweres Geschütz wird
— meist allerdings noch in versteckten Unterständen —
gegen sie aufgefahren. Gewiß, die moderne künstle-
rische Bewegung der „neuen Sachlichkeit“ steht einem
großen Teil der alten kunstgewerblichen Schöpfungen
— aber nicht allen! — entgegengesetzt gegenüber. Und
wir müßten nicht moderne Menschen sein, wenn wir uns
nicht für die Bestrebungen unserer führenden jungen
Künstler voll einsetzten. Natürlich haben sie Recht, wie
noch immer, solange die Welt steht, der Fortschritt der
Jugend Recht behalten hat. Aber warum dann die
Feindseligkeit gegen die Leistungen der vergangenen
Zeiten? Ist das nicht ein Armutszeugnis, beweist das
nicht recht geringen Mut und Ueberzeugungskraft für
die Richtigkeit und Gerechtigkeit der eigenen Sache,
wenn man sich in seiner eigenen Schöpferkraft irritiert
und bedroht fühlt durch gleichgerichtete, wenn auch
naturgemäß formal abweichende Bestrebungen früherer
Generationen?
Man vergesse das eine nicht: die Zeiten, in denen
die Kunstgewerbe-Museen als „Vorbilder“ für den
Künstler und Handwerker galten, sind ja 'längst vorbei.
Wenn nun aber die neue Bewegung nicht die durch-
schlagende Kraft hat, alle nur in Betracht kommenden
Bevölkerungsschichten mit sich zu reißen, so dokumen-
tiert sie dadurch nur, daß sie das Ideal unserer Zeit eben
noch nicht erreicht hat, daß sie vielmehr nur ein Ueber-
gangsstadium ist. Das kann auch nicht anders sein.
Denn die Kunst jeglicher Art befindet sich eben stets in
cwiger Bewegung und Fortentwicklung. Was heute als
das allein Seligmachende und Giltige erscheint, ist mor-
gen bereits zum alten Eisen geworfen; alle Kunst ist nur
ein Tasten, ein bestäudiges Suchen nach einem lüe er-
füllbaren Ideal; der einzige Unterschied zwischen unse-
rer Zeit und den vergangenen Epochen ist das schnellere
Tempo, in dem Geschmack, Moden und Bedürfnisse
wechseln.
Ich glaube aber letzten Endes, daß es gar nicht die
technisch und künstlerisch gleich- oder vielfach höher-
stehenden Leistungen des alten Kunsthandwerks sind,
aie heute bekämpft werden; es ist der rein äußerliche
Name „Kunstgewerbe“, der diese Leistungen und damit
auch ihre Sammelstätten, die Kunstgewerbe-Museen,
vielerorts in Mißkredit gebracht hat. Gewiß, das Wort
„Kunstgewerbe“, ein Wortgebilde des 19. Jahrhunderts,
ist keine gute Sprachschöpfung. Den Meistern, die
früher als Goldschmiede, als Schreiner, als Porzellan-
modelleure etwa tätig waren, ist es nie eingefallen, sich
als Kunstgewerbler zu bezeichnen; sie waren stolz
darauf, gute H a n d w e r k e r zu sein. Heute aber
glaubt jeder Jüngling, der einen Entwurf für eine ge-
drechselte Büchse oder einen Krug zu Papier gebracht
hat, glaubt jedes junge Mädchen, das einige Vorsatz-
papiere geschaffen oder einige Stoffe gebatikt hat, den
Namen „Kunstgewerbler“ für sich in Anspruch nehmen
zu können. dieser unselige Dilettantismus, diese wich-
tigtuende Spielerei arroganter Nichtkönner hut den
Namen „Kunstgewerbe“ vö'llig in Mißkredit gebracht.
Es ist imrner wieder zu bcobachten, daß das Wort
„Kunstgewerbe“ nur noch in Anführungsstrichen — also
mit überlegenem Spott — gebraucht wird. Das können
Sie in unendlich vielen Zeitungsartikeln und Büchern
konstatieren; aber auch eiu an verantwortlichster Stelle
stehender Mann hat kürzlich hier den Satz geschrieben:
„Das ,Kunstgewerbe‘, d. h. die spielerische Hervorbrin-
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Altar vereinigt gewesen sind. Wir ge-
w i n n e n d a mit ein e n neuen E y c k s c h e n
Altar, dessen Seitenstücke die be-
kannten Petersburger Tafeln darstel-
len, dessen Mi'ttelstück uns a 1 s Cxe-
mälde in der Aachener, als Zeichnung
i n d e r A a c h e n e r u n d W i e n e r K o p i e
e r h a 11 e n i s t. W i r n e n n e n d i e s e n A 11 a r
d e n „Petersburger A 11 a r“.9)
") In Analogie zum Genter und zum Dresdener Altar. Den
Namen „Petersburg“ und das entsprechende Eigenschaftswort be-
halten wir mit Rücksicht auf die ältere Literatur und zur Vermei-
dung von Verwechslungen bei.
(Schluß folgt.)
Übeß dte Kunßgetoecbe^jvtufeen
uon
Robect Scbmidt
Aus einer Ansprache beirn 50jährigen Jubiläum des
Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Vereins und des Kunst-
gewerbe-Museums in Frankfurt a. M. am 3. April 1927.
I—< ei diesem festlichen Anlaß lassen Sie mich ein paar
grundsätzliche Worte sagen, die mir außerordent-
lich am Herzen liegen.
Unsere Zeit scheint sich sehr amusisch zu ent-
wickeln und zugleich sehr antimuseai. In demselben
Maße, in dem der Zulauf zu den Boxkämpfen und Fuß-
balhvettspielen zunimmt, nimmt der Besuch der ernsten
Bühnen z. B. und der Museen ab. Ich hoffe und glaube
bestimmt, daß das eine vorübergehende Erscheinung ist,
daß das notwendige Cxleichgewicht zwischen Körper-
kultus und Geisteskultur sich bald wieder einstellen
wird; sonst würde ja die Welt ihren kulturellen und
künstlerischen Bankerott erklären müssen.
Die Kunstgewerbe-Museen aber sind heute in einer
besonders schwierigen Lage. Schweres Geschütz wird
— meist allerdings noch in versteckten Unterständen —
gegen sie aufgefahren. Gewiß, die moderne künstle-
rische Bewegung der „neuen Sachlichkeit“ steht einem
großen Teil der alten kunstgewerblichen Schöpfungen
— aber nicht allen! — entgegengesetzt gegenüber. Und
wir müßten nicht moderne Menschen sein, wenn wir uns
nicht für die Bestrebungen unserer führenden jungen
Künstler voll einsetzten. Natürlich haben sie Recht, wie
noch immer, solange die Welt steht, der Fortschritt der
Jugend Recht behalten hat. Aber warum dann die
Feindseligkeit gegen die Leistungen der vergangenen
Zeiten? Ist das nicht ein Armutszeugnis, beweist das
nicht recht geringen Mut und Ueberzeugungskraft für
die Richtigkeit und Gerechtigkeit der eigenen Sache,
wenn man sich in seiner eigenen Schöpferkraft irritiert
und bedroht fühlt durch gleichgerichtete, wenn auch
naturgemäß formal abweichende Bestrebungen früherer
Generationen?
Man vergesse das eine nicht: die Zeiten, in denen
die Kunstgewerbe-Museen als „Vorbilder“ für den
Künstler und Handwerker galten, sind ja 'längst vorbei.
Wenn nun aber die neue Bewegung nicht die durch-
schlagende Kraft hat, alle nur in Betracht kommenden
Bevölkerungsschichten mit sich zu reißen, so dokumen-
tiert sie dadurch nur, daß sie das Ideal unserer Zeit eben
noch nicht erreicht hat, daß sie vielmehr nur ein Ueber-
gangsstadium ist. Das kann auch nicht anders sein.
Denn die Kunst jeglicher Art befindet sich eben stets in
cwiger Bewegung und Fortentwicklung. Was heute als
das allein Seligmachende und Giltige erscheint, ist mor-
gen bereits zum alten Eisen geworfen; alle Kunst ist nur
ein Tasten, ein bestäudiges Suchen nach einem lüe er-
füllbaren Ideal; der einzige Unterschied zwischen unse-
rer Zeit und den vergangenen Epochen ist das schnellere
Tempo, in dem Geschmack, Moden und Bedürfnisse
wechseln.
Ich glaube aber letzten Endes, daß es gar nicht die
technisch und künstlerisch gleich- oder vielfach höher-
stehenden Leistungen des alten Kunsthandwerks sind,
aie heute bekämpft werden; es ist der rein äußerliche
Name „Kunstgewerbe“, der diese Leistungen und damit
auch ihre Sammelstätten, die Kunstgewerbe-Museen,
vielerorts in Mißkredit gebracht hat. Gewiß, das Wort
„Kunstgewerbe“, ein Wortgebilde des 19. Jahrhunderts,
ist keine gute Sprachschöpfung. Den Meistern, die
früher als Goldschmiede, als Schreiner, als Porzellan-
modelleure etwa tätig waren, ist es nie eingefallen, sich
als Kunstgewerbler zu bezeichnen; sie waren stolz
darauf, gute H a n d w e r k e r zu sein. Heute aber
glaubt jeder Jüngling, der einen Entwurf für eine ge-
drechselte Büchse oder einen Krug zu Papier gebracht
hat, glaubt jedes junge Mädchen, das einige Vorsatz-
papiere geschaffen oder einige Stoffe gebatikt hat, den
Namen „Kunstgewerbler“ für sich in Anspruch nehmen
zu können. dieser unselige Dilettantismus, diese wich-
tigtuende Spielerei arroganter Nichtkönner hut den
Namen „Kunstgewerbe“ vö'llig in Mißkredit gebracht.
Es ist imrner wieder zu bcobachten, daß das Wort
„Kunstgewerbe“ nur noch in Anführungsstrichen — also
mit überlegenem Spott — gebraucht wird. Das können
Sie in unendlich vielen Zeitungsartikeln und Büchern
konstatieren; aber auch eiu an verantwortlichster Stelle
stehender Mann hat kürzlich hier den Satz geschrieben:
„Das ,Kunstgewerbe‘, d. h. die spielerische Hervorbrin-
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