ttaliemfcbe Jvtaleeet des l?. und 18. 7af)t?bundeüts
Ausßettung aus Bet?tinet? Betit^
von
Hßümann üoss
A m 16. Mai ist im Antiquitätenhaus.W e r t h e i m die
** aus etwa 170 Gemälden bestehende Ausstellung:
der itapenischen Barockmalerei in Gegenwart des
Reichsaußenministers Dr. Stresemann, des
Kultusministers Dr. B e c k e r , der in Begleitung
Geheimrat Prof. Dr. Wilhelm W a e t z o 1 d t s er-
schienen war, und des italienischen Botschafters. Grafen
Aldrovandi Marescotti feierlich eröffnet wor-
Qiovanni Battista Tiepolo, Zephir und Flora
Galerie Paul Bottenwieser, Berlin
den. Sie ist der ersteVersuch auf deutschem Boden über
das Schaffen dieser über ein Jahrhundert verpönten und
verkannten Phas.e der Kunstentwicklung' eine Ueber-
siclit zu geben. In Italien war es die 1922 im Palazzo
Pitti zu Florenz veranstaltete ,,Mostra della Pittura ita-
liana del Sei e Settecento“, die mit mehr als 1000 Ge-
mälden ein umfassendes, allerdings durch die Ueber-
fülle den Laien eher verwirrendes als aufklärendes
Gesamtbild der Hpoclie zu entwerfen suchte. Das zu
einem wesentlichen Teil wenig oder garnicht bekannte
Material, das der Forschung so erschlossen wurde, hat
iu der Folgezeit viele Früchte gezeitigt.
In London fand 1925 durch die Initiative des Bur-
liugton Fine Arts Club einc intime Leihausstellung aus
engl. Privatbesitz statt, deren Tliema — allerdings
unter Ausschließung des eigentlichen Settecento — das
gleiche wie in Florenz war und über die ich s. Zt. im
„Kunstwanderer“ ausführlich berichtet habe. Die Lon-
doner Ausstellung umfaßte nur etwa 40 Gemälde und
konnte naturgemäß mit einer derartig geringen Zahl
keine wirklich ausreichende Vorstellung von den haupt-
sächlichsten Meistern und Bestrebungen einer der viel-
seitigsten Epochen der Kunstgeschichte geben. Es blieb
bei einem zufällig wirkenden Ensemble, das allerdings
durch manches bedeutende Werk von dem hohen Ni-
veau des alten englischen Privatbesitzes in ehrenvoller
Weise Zeugnis, ablegte.
In Berlin waren die Vorbedingungen für den Ver-
sucli, cinen Querschnitt durch das italienische Kunst-
schaffen des 17. und 18. Jahrhunderts zu legen, an sich
bei weitem nicht s.o günstig wie in Florenz und London,
wenn man sich in der Hauptsache auf das am Orte er-
reichbare Material beschränken wollte. Auch der von
den großen Sammlern der letzten Generation vereinigte
wertvolle Kunstbesitz konnte nur verhältnismäßig
wenig zum Gelingen des, Ganzen beitragen, da seine
Stärke bekanntlich mehr in den Italienern der Renais-
sance und den Niederländern des 15. bis 17. Jahr-
hunderts besteht.
Unter solchen Umständen war es eine für das
Aus.stellungskomitee besonders erwünschte Fügung,
daß fühlbare Lücken des Privatbesitzes durch den seit
Jahren bei uns überraschend aufgeblühten Gemälde-
handel ergänzt werden konnten. Wenn auch keines-
wegs verkannt werdeh soll, daß das s.ozusagen „ideale“
Ziel, in etwa 150—200 Gemälden alle führenden Persön-
iichkeiten und Richtungen gleichmäßig gut zu vertreten,
sich in voller Herrlichkeit nicht verwirklichen ließ, so
ist doch im Rahmen des Durchführbaren ein Gesamt-
bild erreicht, das s.owohl der künstlerischen Qualität
des einzelnen Werkes wie seinem kunsthistorischen Zu-
sammenhang weitgehend Rechnung trägt. Innerhalb
des Ganzen treten als klare Kollektivpersönlichkeiten
die einzelnen lokalen Gebilde lieraus., in cinzelnen
Räumen abgeteilt: die Schulen. von Rom, Bologna,
Genua, Neapel, Veuedig, daueben manches Wcrk der
kleineren Kunstschulen, wie Bergamo, Parma, Verona.
Den Ausgangspunkt in kunsthistorischer Beziehung
bildet der Kreis um Caravaggio, den Begründer
der neuen naturalis.tischen Hlelldunkehnalerei. Von dem
großen Künstler selber sieht man zum ersten Mal ein
von den Zeitgenossen viel bewundertes, später ver-
schollenes Hauptwerk, den „Unglauben des, Thomas“,
den ich vor einigen Jaliren im Charlotten'burger Möbel-
speicher wiederauffand und veröffentlichte; aus seiner
Richtung sind ferner M a n f r e d i, C a r o s e 11 i und
G e n t i 1 e s c h i, ferncr die Niederläuder Honthorst
und S t o m e r mit interessanten Proben ihres Könnens
vertreten. Für die deutschen Fachgenossen ist ein „heil.
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Ausßettung aus Bet?tinet? Betit^
von
Hßümann üoss
A m 16. Mai ist im Antiquitätenhaus.W e r t h e i m die
** aus etwa 170 Gemälden bestehende Ausstellung:
der itapenischen Barockmalerei in Gegenwart des
Reichsaußenministers Dr. Stresemann, des
Kultusministers Dr. B e c k e r , der in Begleitung
Geheimrat Prof. Dr. Wilhelm W a e t z o 1 d t s er-
schienen war, und des italienischen Botschafters. Grafen
Aldrovandi Marescotti feierlich eröffnet wor-
Qiovanni Battista Tiepolo, Zephir und Flora
Galerie Paul Bottenwieser, Berlin
den. Sie ist der ersteVersuch auf deutschem Boden über
das Schaffen dieser über ein Jahrhundert verpönten und
verkannten Phas.e der Kunstentwicklung' eine Ueber-
siclit zu geben. In Italien war es die 1922 im Palazzo
Pitti zu Florenz veranstaltete ,,Mostra della Pittura ita-
liana del Sei e Settecento“, die mit mehr als 1000 Ge-
mälden ein umfassendes, allerdings durch die Ueber-
fülle den Laien eher verwirrendes als aufklärendes
Gesamtbild der Hpoclie zu entwerfen suchte. Das zu
einem wesentlichen Teil wenig oder garnicht bekannte
Material, das der Forschung so erschlossen wurde, hat
iu der Folgezeit viele Früchte gezeitigt.
In London fand 1925 durch die Initiative des Bur-
liugton Fine Arts Club einc intime Leihausstellung aus
engl. Privatbesitz statt, deren Tliema — allerdings
unter Ausschließung des eigentlichen Settecento — das
gleiche wie in Florenz war und über die ich s. Zt. im
„Kunstwanderer“ ausführlich berichtet habe. Die Lon-
doner Ausstellung umfaßte nur etwa 40 Gemälde und
konnte naturgemäß mit einer derartig geringen Zahl
keine wirklich ausreichende Vorstellung von den haupt-
sächlichsten Meistern und Bestrebungen einer der viel-
seitigsten Epochen der Kunstgeschichte geben. Es blieb
bei einem zufällig wirkenden Ensemble, das allerdings
durch manches bedeutende Werk von dem hohen Ni-
veau des alten englischen Privatbesitzes in ehrenvoller
Weise Zeugnis, ablegte.
In Berlin waren die Vorbedingungen für den Ver-
sucli, cinen Querschnitt durch das italienische Kunst-
schaffen des 17. und 18. Jahrhunderts zu legen, an sich
bei weitem nicht s.o günstig wie in Florenz und London,
wenn man sich in der Hauptsache auf das am Orte er-
reichbare Material beschränken wollte. Auch der von
den großen Sammlern der letzten Generation vereinigte
wertvolle Kunstbesitz konnte nur verhältnismäßig
wenig zum Gelingen des, Ganzen beitragen, da seine
Stärke bekanntlich mehr in den Italienern der Renais-
sance und den Niederländern des 15. bis 17. Jahr-
hunderts besteht.
Unter solchen Umständen war es eine für das
Aus.stellungskomitee besonders erwünschte Fügung,
daß fühlbare Lücken des Privatbesitzes durch den seit
Jahren bei uns überraschend aufgeblühten Gemälde-
handel ergänzt werden konnten. Wenn auch keines-
wegs verkannt werdeh soll, daß das s.ozusagen „ideale“
Ziel, in etwa 150—200 Gemälden alle führenden Persön-
iichkeiten und Richtungen gleichmäßig gut zu vertreten,
sich in voller Herrlichkeit nicht verwirklichen ließ, so
ist doch im Rahmen des Durchführbaren ein Gesamt-
bild erreicht, das s.owohl der künstlerischen Qualität
des einzelnen Werkes wie seinem kunsthistorischen Zu-
sammenhang weitgehend Rechnung trägt. Innerhalb
des Ganzen treten als klare Kollektivpersönlichkeiten
die einzelnen lokalen Gebilde lieraus., in cinzelnen
Räumen abgeteilt: die Schulen. von Rom, Bologna,
Genua, Neapel, Veuedig, daueben manches Wcrk der
kleineren Kunstschulen, wie Bergamo, Parma, Verona.
Den Ausgangspunkt in kunsthistorischer Beziehung
bildet der Kreis um Caravaggio, den Begründer
der neuen naturalis.tischen Hlelldunkehnalerei. Von dem
großen Künstler selber sieht man zum ersten Mal ein
von den Zeitgenossen viel bewundertes, später ver-
schollenes Hauptwerk, den „Unglauben des, Thomas“,
den ich vor einigen Jaliren im Charlotten'burger Möbel-
speicher wiederauffand und veröffentlichte; aus seiner
Richtung sind ferner M a n f r e d i, C a r o s e 11 i und
G e n t i 1 e s c h i, ferncr die Niederläuder Honthorst
und S t o m e r mit interessanten Proben ihres Könnens
vertreten. Für die deutschen Fachgenossen ist ein „heil.
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