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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1/2. Oktoberheft
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Kohlhaussen, Heinrich: Deutsche Bildteppiche des Mittelalters
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Zimmermann, Ernst: Die Meißner Service Friedrichs des Großen: drei weitere während des siebenjährigen Krieges bestellte Service aufgefunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0067

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scheiden zurück, um nicht das Wes.entliche, den groß-
zügig gesehenen Entwicklungsablauf zu beeinträchtigen,
der dann in den klassisch stilisierten Zusammenfassun-
gen überaus einprägsam formuliert is.t. Die Schlag-
worte der Programmübersicht am Schluß ziehen das
Fazit. Zuerst über den stofflichen Gewinn. In bunten
Schwärmen gleiten die Gestalten vorüber: die rührend
erzählten Geschichten verehrter Lokalheiliger, die
Szenen aus geistlichen Spielen, die Darstellungen ritter-
licher Romane, die Liebesallegorien, bald im fröhlichen
Glauben an Treue und Sieg der Tugenden, bald in
schmerzlicher Resigniertheit tiber Undank und Untreue
der Welt. Die Lös.ung aus den Fesseln mittelalterlich-
höfischer Konvention wird symbolhaft in der Gestalt
der wilden Leute, die die Natursehusucht, die Freiheit
des Individuums propagieren und als Schrittmacher
einer neuen Zeit erscheinen. Nicht weniger groß ist der
künstlerische Gewinn. Trotz mancherlei Verbindungen
mit Miniaturen, Graphik und Gemälden überwiegt bei
den guteii und großen Arbeiten der materialgerechte
eigene, der Teppichstil. Die sinnliche Pracht
starkfarbiger Flächen und die Ausdrucksgewalt gebun-
dener Linienführung klingen in den dekorativen Reihen

eines vielgestaltigen ikonographischen Programms zu
einem wundervollen Ganzen zusammen. Und so stehen
denn die deutschen Bildwirkereien nach Form und In-
halt dcm damaligen deutschen Empfinden besonders ge-
mäß und dadurch gegen fremde Einflüsse gefeit als
großartige Dokumente s.pätmittelalterlicher nationaler
Kultur vor den Augen des ergriffenen Betrachters.

An dieser Stelle darf das gleichzeitig im K u r t
W o 1 f f - V e r 1 a g von Luitpold Herzog in
Bayern herausgebrachte WTerk über die frän-
k i s c h e B i 1 d w i r k e r e i nicht iibergangen werden.
Es rechtfertigt sich neben dem Kurthschen Corpus ein-
mal durcli seine 41 Farbenlichtdrucktafeln, zum andern
durcli die kritische Einführung und detaillierte Farb-
und Inhaltsangabe. Die gelungene Farbentafel ist ge-
rade für die Vors.tellung von der Wirkung der stark-
farbigen Bildteppiche unerläßlich. Wenn dazu noch wie
hier eine aus innerer Anteilnahme erwachsene Erläute-
rung hinzukommt, die auch das scheinbar Unbedeutende
nicht übersieht und den Beschauer zwangsläufig zum
Sehen und Erkennen führt, so sind alle Voraussetzun-
gen geschaffen, die außerhalb des Betrachters s.elbst
liegen.

Trübner, Walpurgisnacht

Aus der Sammlung Theodor Schall. — Auktion bei Paul Cassirer / Hugo Helbing, Beiiin

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Dt?et weiteve wäbvend des (tebenjäbviQen KvleQes beffellte Sevvlee aufgefunden

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jie Vorliebe Friedrichs des Großen für Porzellan ist
bekannt. Sie war etwas Natürliches bei einem
Fürsten, der obwohl ernst genug, dennoch ein zu leiden-
schaftlicher Freund der Kunst war, um sich nicht anfangs
für das damals fiir Deutschland so moderne Rokoko zu
begeistern. Zumal dessen Wiege, wie in dieser Zeit
die fast aller Kunst, in Frankreich stand. Schon früh hat
daher Friedrich d. Gr. kaum nachdem er König gewor-
den, in Meißen Bestellungen gemacht. Vor allem aber
war es während des siebenjährigen Krieges, nachdem er

rriermann

im Anfang Dresden genommen und sich hier viele Mo-
nate, dann im Jahre 1760 sich längere Zeit in der Um-
gebung von Meißen aufgehalten hat, daß er seine Stel-
lung als Sieger wenigstens Sachsen gegenüber, aus-
nutzte, um die Meißner Manufaktur für sich arbeiten zu
lassen, soweit es nur ging. Er tat dies freilich durchaus
uicht a'llein, um, wenn wieder einmal Frieden, sich selber
mit schönen Dingen zu umgeben. Viehnehr war ein
großer Teil der bestellten Sachen für seine verdienten
Generäle bestimmt. Fr mußte sie, dcs Geldes durcli den

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