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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1/2. Novemberheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: Der Frankfurter Glasschnitt und die Familie Heß, [1]
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Darmstaedter, Ludwig: Georg Raphael Donner: vom Laienbruder zum bildenden Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0113

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rich II. angesteilt wird, 1782 stirbt13) und am 9. Novem-
ber begraben wird, naclidem er in Christoph Labhart
einen Schüler und seinen Nachfolger herangebil-
det. Mit Peter Heß ist die Frankfurter Cdas- und Hdel-

13) Jacob Hoffineister und G. Pistor: Künstler und Kunsthand-
werker in Hessen (Hannover, 1885), S. 44 u. z. unter „Hess“ und
,,Hesse“. Hier wird 1781 als sein Todesjahr angegeben. Aber Hiisgen
(a. a. 0. S. 222), der mit ihm „freundschaftlich“ verbunden war,
meldet genauer: „Herbst 1782“. Die authentischen Daten der An-
stellung und des Begräbnisses verdanke ich dern Prof. Dr. Lutluner
vom Hessischen Landesmuseum in Cassel. Hess wird in der Anstel-
lungsurkunde „Hesse“, im Kirchenbuch der Hofgemeinde „Hasse“
geschrieben.

steinschneider-Familie ausgestorben. — Der herzoglich
württembergische Hof-Edelstein- und Glasschneider
Michael Hess (1699—1739), von dem das österreichische
Museum für Kunst und Industrie in Wien einen bezeich-
neten Glasbecher von 1732 besitzt, war ihm in jungen
Jahren im Tode vorausgegangen14), ohne Nachkommen
gleichen Berufes zurückzulassen. Obwohl dieser
Michael nachweisbar auch aus Thüringen, nämlich aus
Gotha stammt, ist eine Beziehung zur Frankfurter Heß-
Familie nicht nachweisbar.

14) Pazaurek: Wiirttembergische Glas- und Edelsteinscbneider,
in der Zeitschrift „Kunstwanderer“ II, 1. Aprilheft 1920, S. 290 f.

Fortsetzung folgt.

Qcottg Rapbact Donnct?

Dom Latcnbcudet’ sum bitdonden Kündleü

oon

ludtütg DaRmlfacdtet’

| er Verfasser dieser Skizze besitzt 5 Donnersche
Figuren in Blei-Komposition, deren Bilder diesem
Artikel beigefügt sind. Die Figuren lassen erkennen, wie
hoch die s.chöpferische Gestaltungskraft und die tech-
nische Kunst von Georg Raphael Donner zu bewerten
sind. Donner arbeitete mit besonderer Vorliebe in
weichem Metall, einer Komposition von Blei und Zinn;
es ist bekannt, daß er die Flußfiguren zu seinem großen
Wasserbrunnen auf dem Neuen Markte sowie das Kruzi-
fix am Hochaltar der Hofburgkapelle in Wien und die an
den Felsen angeschmiedete Andromeda in einem der
Höfe des Wiener Rathauses in weichem Metall ausge-
fülirt hat.

Die erwähnten 5 Meisterwerke Donners umfassen
2 Gruppen, Leda und Venus, und 3 Einzelfiguren, die
Jahreszeiten darstellen. Man bewundert an ihnen nicht
nur die künstlerische Individualität, die hohe plastische
Schönheit, sondern insbesondere aucli die weiche und
leichte Behandlung und die vortreffliche Ziselierung des
Metalles.

Der Schöpfer dieser Figuren, Georg Raphael Don-
ner, ist am 25. Mai 1693 als Sohn eines Zimmermannes
in Eßlingen am Marchfelde geboren. Das Marchfeld
hatte unter dem Türkenkriege 1683 schwer gelitten,
seine meisten Bauernwirtschaften waren niederge-
brannt worden; eine ders.elben hatte der aus Heiligen-
kreuz stammende Vater Raphaels 1689 gekauft und dar-
auf sein Gewerbe angefangen.

Alte Anhänglichkeit an Heiligenkreuz und das dort
befindliche Zisterzienser Stift mögen den Vater Dönner
bewogen haben, den Sohn, den er fiir den geistlichen
Stand bestimmt hatte, gerade nach dem Stift Heiligen-
kreuz zur Erziehung zu geben.

In Heiligenkreuz stellte sicli bald heraus, daß des
jungen Raphaels Neigungen ganz anderswohin gingen,
als nacli der klösterlichen Betätigung. Der Abt Gerhard
Weichselberger hing an den alten, durch seinen Vor-
gänger, den Abt Marian Schirmer, gepflegten Traditio-
nen, die Ausschmückung der Stiftskirche und des Klo-
sters durch Klosterbrüder vornehmen zu lassen, die der
Malerei und der Bildhauerei kundig waren. Johann
Giuliani war als Bildhauer, Altomonte als Maler tätig.
Donner, der beim Eintritt in das Klos.ter 13 Jahre alt
war, war voll Phantasie und von leicht entzündbarem
Gemüt. Die Gemälde von Altomonte, die Statuen Giu-
lianis kamen ihm wie göttliche Erscheinungen vor, an
denen er sich nicht satt sehen konnte. Was wollten
gegenüber solchen himmlischen Genüssen der Chorge-
sang und die theologischen Studien bedeuten? Die Ak-
ten des Klos.ters geben die Antwort:

„Der Donner wurde von Giuliani als ein Knab von
13 Jahren beyläuffig aufgenohmen; er zeigte ein be-
sonderes Genie. Er raubte die Kherzen und zinnerne
Kriegeldekher und stacli mit seinem Griffel bey Nacht.“

Da seine Anlagen so offen lagen, wollte der Abt
Weicheslberger sich nicht hindernd in den Weg stellen,
und so durfte Raphael unter Guilianis Anleitung sicli
dem selbstgewählten Künstlerberuf weihen.

Wie lange diese Tätigkeit bei Giuliani dauerte, wis-
sen wir nicht. Am 12. August 1715 treffen wir den ju-
gendlichen Bildhauer in Wien, wo er mit der ehr- und
tugendsamen Elisabeth Prechtlin einen Heiratskontrakt
verabredete, der durch allerlei Hindernisse und I odes-
fälle nicht perfekt wurde und erst am 3. September 1724
zur Ehe führte. Donner wurde in dem Kontrakt von
1724 als „kayserlicher Gallantery Bildhauer“ aufge-
führt. Das war aber nur ein Titel olnie jedc Remunera-

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