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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Märzheft
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Volavka, Vojtěch: Ein Antonio Corradini-Bozzetto im Prager Stadtmuseum
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Schapire, Rosa: Ausstellung ostasiatischer Kunst aus Hamburger Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0312

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Dem Stile gemäß würde ich den Ursprung des Bozzetto
in die Zeit um 1730 verlegen, die mit Corradinis Wiener
Aufenthalt übereinstimmt. Das Bozzetto ist wahrschein-
lich dann in Wien geblieben und ward später Eigentum
Platzers, der 1740—1742 an der dortigen Akademie stu-
dierte. Es wäre dies nicht der einzige Beweis für den
heute schon allbekannten Sammeleifer der Barockbild-
hauer. Die kleine Plastik spielt in jener Zeit allgemein
und besonders diesseits der Alpen dieselbe Rolle wie in
der mittelalterlichen Malerei die Miniatur und in der
Renaissance sowie im Barock die Gravure. Sie trägt
einerseits zur Verbreitung des Stils vom Zentrum zur
Peripherie bei, anderseits dient sie als Vorlage in ikono-

graphischer und kompositionstechnischer Hinsicht. In
Platzers Werk finden wir zwar keine Wiederholung die-
ses, übrigens seit Bernini nicht seltenen Motivs, man
kann aber voraussetzen, daß das Bozzetto den Bildhauer
eher wegen seiner Stilqualitäten interessierte, wenn man
schon von dem bloßen Gefallen an einem schönen Bild-
werk absehen will. Corradinis Bestreben, die Masse
leicht schwingen zu machen, was namentlich in den spä-
teren Entwicklungsjahren ihn unter die ersten Vor-
kämpfer des Spätbarocks reiht, ist in ihren Folgerungen
den Bemühungen Platzers sehr verwandt. Jedenfalls
sind wir Platzer recht dankbar, uns so ein zweifelsohne
hochwertiges Werk erhalten zu haben.

Philipps dc Koninck
Landschaft

Qalerie van Diemen
in

Berlin

Ausßcllung ollallatifchct’ Kunil aus liamburgct? PriüatbcßK.

Don Rofa S cß a p i e e.

Dcr ostasiatische Vcrein in Hamburg liat die Ausstellung ost-
asiatischer Kunst aus Hamburger Privatbesitz fiir Kunst und Ge-
^erbe angeregt. An Bedentung kann sicli diese Ausstellung natur-
Sertiäß nicht mit der ostasiatischen Ausstellung in Köln vergleichen,
^le von den einschlägigen Pariser Museen beschickt worden war.

Die Annahme, Hamburg sei infolge seincr regen Beziehungen
Zu Qstasien besonders reich an bedeutenden Sammlungen ostasiati-
Scller Kunst ist ein Fehlschluß, muß ein Fehlschluß sein. Der zwan-
ZlSjährige oder noch längerc Aufenthalt in Cliina oder Japan ist
Eeine Gewähr dafür, daß das Gefülil fiir Wert und Bildung ost-
asiafischer Kunst erwacht. Die Kaufleute, deren Sinn auf Erwerb
Serichtet ist, dringen in den seltensten Fällen in die ihnen fremde

Kurltur ein; zumeist begnügen sie sich damit, ihr Haus mit moder-
nem ostasiatischen Trödel zu füllen, der jenseits von Kunst steht.
Liegt es denn in Europa anders? Wenn das Leben innerhalb einer
bestimmten Atmosphäre ohne weiteres das Gefiihl fiir Qualität
wecken und den Geschmack bilden wiirde, so wären die Häuser
vermögender Menschen nicht dieses grausame Sammelsurium von
Geschmacklosigkeiten, im besten Falle vom Innendekorateur be-
herrscht, aber olme Eigenwerte, das sie zumeist sind. Dabei ist
es sichcrlieh leichter, die kiinstlerischcn Werte eines Volkes zu
erfassen, dem man durch Geburt und Erziehung angehört, als sicli
in eine fremde Welt einzufühlen. Der Geschmack muß gebildet,
das Gefiihl für Qualität erzogen werdeii, der Entdeckungsspürsinn,

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