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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Juniheft
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Goldschmidt, Adolph: Max Friedländer: Zum 60. Geburtstag am 5. Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0440

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/ahrgang 1927

Herausgßber: i\dOlph Donütri

1./2. 7uniheftr

Jvlax 1. fviedländev

Hum 60. öebuutstage am 5- luni

oon

Adotpb Qoldfcbmtdt

lylax J. Friedländer, der Direktor des Berliner
^* * Kupferstichkabinetts, vollendet am 5. Juni sein
sechzigstes Lebensjahr. Nur selten nimmt man dies
Bege'bnis so wenig als eine Alters.erscheinunir ent-
.geg.en wie bei ihm, denn jugendliche Frische und stets
wachsende Schaffenskraft kennzeichnen nur den Auf-
stiekr. Es. ist ungewöhnlich unter den Kunsthistorikern,
daß ein Fachgenosse eine so allgemeine Anerkennung
und ein so allseitiges Vertrauen genießt, wie sie Fried-
länder zuteil werdeu. Er verdankt dies seiner einzigen
Kennerschaft und seiner s.charfen Vcrstandeslogik, sei-
ner wissenschaftlichen Lauterkeit und seiner unbeirr-
baren Sachlichkeit. Er ist sicli als Mensch imrner gleich
geblieben, und seine Veränderung beruht nur auf sei-
nem Wachstum.

Ich wurde seiner zuerst ansichtig während der
Studentenzeit im Kolleg bei Anton Springer in Leipzig
am Ende der achtziger Jahre. Da saß eine große Schar
von Kunsthistorikern, die zu Amt und Würden kamen,
und von denen manche schon das Zeitliche gesegnet
haben. Da waren Pauli und Sarrc und Kristeller und
von Loga und Alfred Gotthold Meyer und Flechsig und
Singer und Hofstede de Groot und Steinmann usw. In
den Seminarübungen, die nicht immer sehr lehrreich
waren, pflegte Springer irgendwelche ihm gerade
zugesandten Auktionskataloge vorzulegen mit Abbil-
dungen, deren Unterschriften er zudcckte, trotzdem sie
häufig auf fals.che Spuren geführt hätten. Wir sollten

den Autor der Bilder namhaft rnachen und rieten meist
vorbei oder antworteten gar nicht. Aber als Friedlän-
der in den Kreis trat, war plötzlich jemand da, der
richtig bestimmte. Das. war der bezeiclmende Anfang
seiner Laufbahn.

Springer war der anregende Historiker, der es
verstand, uns in Begeisterung zu versetzen, wir
hörten viel über den Zusammenhang der Kunst mit
Kultur und Geschichte, aber das Auge würde im An-
s.chauen von Kunstwerken wenig geübt. So zog es
Friedländer dcnn auch schon nach einem Semester zu
den Stätten, wo die Berührung mit den Kunstwerken
eine unmittelbare war, erst nach München, wo Wölfflin
gerade im Begriff war sich zu habilitieren, dann nach
zwei Semestern nach Florenz, wo er zu der Schar der-
jcnigen gehörte, die unter Schmarsow's Leitung in die
Kunst des italienischen Ouattrocento eingeführt wur-
den. Nachdem er auf dies.e Weise ein Anschauungs-
material in sich aufgehäuft hatte, kehrte er wieder nach
Leipzig zurück und verbrachte dort die letzten Seme- ’
ster seines Studiums bei dem seinem Ende entgegen-
gehenden und mit vielen Unterbrechungen dozierenden
Lehrer, unter dem seine Studien begonnen hatten. Er
war der letzte Doktorkandidat Springers, der bei ihm
sein Examen abs.olvierte. Das geschah im Jahre 1889.
Er gelangte dann gleich in das richtige Fahrwasser als
Volontär des Berliner Kupferstichkabinetts unter Fried-
ricli Lippmann, wurde 1894 beauftragt, die Kupferstich-

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