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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Juliheft
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Krötzsch, Walther: Kunsthandwerker über ihre Arbeit, [2]
DOI article:
Aus dem nordischen Kunstleben / Die Daumier-Versteigerung in Paris / Londoner Kunstschau / Aus der Kunstwelt / Deutsche Kunst in Amerika / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Neue Kunstbücher / Bund deutscher Gebrauchsgraphiker
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0509

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einmal etwas in den Vordergrund treten, er wird aber nie ganz
vorn stehen können, weil dann entweder die Zweckform geschädigt
wird oder die Technik iiberfeinert werden muß.

Mit Ornament muß man äußerst vorsichtig sein, bei Zinti ganz
besonders.

„Was ist Ornament?“

Jedes Hinausgehen aus der materialreinen Fläche ist Orna-
ment. (Diese Fassung wird nach genauer Ueberlegung bestimmt
ausgesprochen und immer wieder gefunden.) J c d e s Angreifen
der natürliohen Oberfläche des Materials, sei es durch Politur,
durch Gravur, durch Auflagen besonderer „Ornamente“ ist
Ornament.

Natürliche, materialreine Oberfläclie ist z. B. hicr die Guß-
fläche an dieser Schale. Die Hohlform ist glattwandig, also ist einc
glatte Gußfläche entstanden.. Wenn ich sie poliere, ist sie erhöht,
gesteigert, —■ das ist schon Ornament. Wenn ich nun gar noch in
in diese Fläche li i n e i n arbeite durch Gravur oder sie belebe durch
Auflagen, durch Profile, Reliefs usw., dann verändere ich die natür-
Iiche materialreine Oberfläche, dann verengert oder verstärkt sich
der Begriff Ornament immer mehr.

Man muß sein Material g a n z g e n a u kennen.

Jungen kommen oft, vielleicht begabt, zeichnerisch begabt,
von der Schule. Wenn sie nicht h a n d w e r k 1 i c h geschult sind,
können sie nichts werden. Aus Zeichnen allein wird nichts. Es
ist ein wahres1 Elend mit den „Zeichnern“, die in der Industrie
arbeiten, die heute das und morgen etwas ganz anderes „entwer-
fen“. Das ist geradezu ein Sohaden, der zum großen Teile mit an
dem Tiefstande der großen Masse schuld ist.

Die Jungen miissen zu allererst mit dem Material umgehen.
Sie müssen ihren Arbeitsstoff und ihr Werkzeug gründlich kennen
lernen. Dann lernen sie die Grenzen kennen, in denen sie arbeiten
k ö n n e n , und d a n n e r s t haben sie die Möglichkeit i h r
E i g e n e s darin auszusprechen.

Bei rnanchen Dingen ist zeichnerisch gar nichts festlegbar.
Man macht sie technisch, sie werden aus dem Technischen, aber sie
lassen sich vorher, als Entwurf, nicht zeichnen. Sie ergeben
sich aus dem Handgriff bei der Arbeit. Der Handgriff glückt, man
erkennt’s und läßt die Form stehen, oder man erkennt ihn nicht, —•
dann arbeitet man weiter, macht’s wahrscheinlich schlechter, kommt
vielleicht noch einmal, ebenso zufällig, zu einer schönen, vollen
Lösung.

Das geht mir namentlich bei feinen Silberarbeiten so. Wenn
ich da oben drauf eine aufgelockerte Bekrönung anbringen will,
da weiß ich wohl im großen Ganzen, wie das werden soll, wie groß
und in welcher Art itn allgemeinen, — absr vorlier zeichnen Iäßt
sich das nicht. Da ist’s wieder das Traumhafte, das die Hand führt.
Das ist dann stets das t e c h n i s c h Feinste, Höchte, Schwierigste,
was so wird. W i e sich der Silberdraht an dieser Stelle, in die-
sem Augenblicke biegt, w i e er sich in seinen Formenzusammen-
hang einfügt, w i e er ihn bestimmt, w i e die Linienführung weiter
verläuft, w i e der Gesamteindruck eines solchen Teils oder des
Raumkörpers itn Ganzen sich auswirkt, das alles kommt nur aus
der Beherrschung des Materials und aus der B e h e r r -
schung der Technik. An diese darf man überhaupt nicht mehr
zu denken brauchen, — sie müssen selbstverständlich, gegen-
wärtig sein.

(Schluß folgt.)

Aus dcm nocdifcben Kunfftcbcn.

Die Museumsfragen sind jetzt tiberall im Norden in iFluß.

Um mit dem Positiven zu beginnen, so ist vor kurzem der
Neubau des Museums in Bergen feierlich eröffnet
worden. Er ist ein Werk des Architekten Reimers und hat etwa
sechs Jahre zu seiner Vollendung erfordert. Die Baukosten be-
laufen sich auf 1,6 Millionen Kronen. Bei der Neuordnung ist
grundsätzlich zwischen Schau- und Studiensammlung geschieden
worden; die letztere hat im Dachgeschoß Platz gefunden. Im
ersten Stockwerk ist die archäologische Sammlung im zweiten
und dritten sind die imittelalterlichen Sammlungen und die zur

norwegischen Kulturgeschichte untergebracht worden. Glanz-
punkte bilden der Saal der mittelalterlichen Holziplastik und die
reichen Sammlungen zur Geschichte der norwegischen, insbeson-
dere der westländischen Volkskunst, die erst in dem neuen Rah-
men zu verdienter Geltung kommen. Nachdem erst vor wenigen
.Tahren der Neubau der Rasmus Mayer-Samimlung mit ihren rei-
chen Schätzen zur Geschichte der neueren norwegischen Kunst
eröffnet worden ist, nimmt Bergen jetzt einen Platz in der vorder-
sten Reihe der nordischen Museumsstädte ein.

In Stockholm hat die von uns früher berichtete Erwerbung
eines gefälschten „griechischen“ Bildwerks durch das National-
museurn Anlaß zu Angriffen auf die Museumsleitung gegeben, die
von kompetenter Seite mit Recht zurückgewiesen worden sind.
Sie ist bei diesem Ankaufe mit aller gebotenen Vorsicht ver-
fahren; daß trotzdem gerade auf dem Gebiete der antiken Skulp-
tur Fehlgriffe leicht vorkommen können, weiß jeder Kenner der
Verhältnisse; eben erst ist Dr. Fredrik Poulsen, der Direktor der
Kopenhagener Glyptothek, wieder einer neuen Antikenfälschung
größten Maßstabes auf die Spur gekommen. Die Angriffe haben
indes das Gute gehabt, daß sie zu einer allgemeinen Aussprache
über die Aufgaben und die N o 11 a g e d e s N a t i o n a 1 -
m u s e u m s gefiihrt haben, und den Niederschlag dieser Aus-
sprache bildet der Antrag des Museumsdirektors Oberintendanten
Ael Gauffin auf Einsetzung eines Ausschusses, der die Aiblösung
der modernen Kunst vom Natioualmuseum und die Begründung
cines eigenen Museums für sie, also eines schwedischen Luxem-
bourgs, erwägen und vorbereiten soll. Diese Lösung erscheint
nicht nur wegen der aufs äußerstc gestiegenen Raumnot des
Nationalmuseums, sondern auch aus dem Grunde geboten, weil
die moderne Kunst bekanntlich die Museumspolitik vor Aufgaben
eigener Art stellt, die zweckmäßig nicht mit denen der Sammlung
älterer Kunst verkoppelt werden sollten.

Ganz urtklar ist vorläufig noch die Zukunft des Neubaues des
Natiional m u s eums i n K o p c' n h a g e n. Der Plan des
Kultusministeriums, der einen Um- und Erweiterungsbau des Prin-
zenpalais in Vorschlag brachte, hat bei der Volksvertretung sehr
wenig Anklang gefunden; der Kastellplan ist wieder mehr in den
Vordergrund getreten; zugleich aber hat eine Kopenhagener Zei-
tung eine Aktion in die Wege geleitet, die die Museumsfrage in
einem großen und monumentalen Stile gelöst sehen will und in
erster Linie wohl eine umfassende Anlage nach der Art der
bekannten Freiluftmuseen im Auge hat. Der gesunde Kern die-
ser Bewegung ist jedenfalls der, daß sie nichts von Not- und Ver-
legenheitslösungen wissen will. Bei Aufgaben dieser Art bildet
falsche Sparsamkeit einen teuren Luxus, indem gewöhntich schon
nach verhältnismäßig kurzer Zeit sich wiedcr neue dringende
Ansprüche melden. Jedenfalls ist augenblicklich die Lage völlig
unübersichtlich, und man muß unter Umständen mit überraschen-
den Entscheidungen rechnen, zumal da nran sich nach der allge-
meinen parlamentarischen Praxis aus solchen Verlegenheiten gern
mit Kompromissen hilft.

Endfich ist noch von dem Historischen Museum z u
Stockhoim zu berichten, daß die dort im Gange befindlichen
Umbauarbeiten ihrem Abschlusse nahe sind. Die der Bronze-
und der Eisenzeit gewidmeten Säle sind neu geordnet worden.
Unter den Neuerwerbungen des Museums ist eine auf Oeland
gefundene, der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstammende
Kupferdose hervorzuheben, deren Inhalt aus angelsächsischen
Silbermünzen dieser Periode besteht.

Auch das Stockholmer Nationalmuseum hat einige wertvolle
N e u e r w e r b u n g e n zu verzeichnen. Aus der dort jtingst
veranstalteten Ausstellung italienischer Gemälde der Renaissance,
tiber die wir früher berichtet haben, hat Herr Ingenieur Rasch
'das schöne Tintoretto-Biidnis und Dr. Ernil Hultmark die Madonna
von Girolamo Pacchiarotto angekauft. Beide Werke werden von
den Eigentümern bis auf weiteres dem Nationalmuseum als Leih-
gabe iiberlassen, und Dr. Hultmark hat zugleich auch ein iMadon-
nentondo von Botticelli und ein florentinisches Cassonebildnis des
15. Jahrhunderts aus seinem Besitze im Nationalmuseum depo-
niert, dessen italienische Renaissanceabteilung auf diese Art sehr
wertvolle Bereicherungen erfahren hat. Aus eigenen Mitteln hat

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