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oon
fißütnann Scbtrut^
Hrklärung abgegeben im Anscliluß an die Ausführungeu des Herrn Geli. Hofbaurats Prof. Bodo Bbhardt
iiber das Reichsehrenmal im Verein deutscher Architekten und Ingenieure am 11. Oktober 1926 im Meistersaal.
Wir bringen die folgenden ablehnenden Ansführungen
von Professor Dr. Hermann Schmitz zu dem Gedanken
des Reichsehrenmals auch aus dem Grunde, um zu vcr-
hindern, daß die deutsche Architekten- und Künstlerschaft
davon abgehalten wird, durcli falsche Hoffnungen ver-
leitet, weitere Kraft, Mittel und Reisen auf ein Projekt zn
verwenden, iiber das eine Einigung bisher nicht erzielt
und auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Das
Reichskabinett hat denn auch in richtiger Einsicht das
Projekt des Reichsehrenmals vorläufig zurückgestellt.
Die Redaktion.
Meine Damen und Herren!
Wenn wir uns die Bemühungen um das Reichs-
ehrenmal in den einzelnen Stadien vergegenwärtigen,
angefangen von der ersten Idee des Herrn Reichskunst-
warts Dr. Redslob, einer hochgestaffelten Bogenbrücke
über den Rhein, bis zu den lieute Abend von dem Geh.
Hofbaurat Bodo Ebhardt vorgetragenen, aus den ver-
schiedensten Gegenden Deutschlands zu Tage getrete-
nen Vorschlägen heiliger Haine und Toteninseln, wenn
wir uns weiter vergegenwärtigen den das Andenken
der Gefallenen herabwürdigenden Streit der verschie-
denartigsten Interessentengruppen untereinander: so
müssen wir die Ueberzeugung gewinnen, daß diese Be-
mühungen nicht aus der Tiefe des Volkswillens hervor-
gegangen, nicht von einer Volksbewegung getrageu
sind. Einige Kriegsbeschädigten- und Hinterbliebenen-
verbände haben in einer Eingabe an den Herrn Reichs-
präsidenten darauf hingewiesen, daß die beste Ehrung
für unsere gefallenen Brüder eine angemessene Für-
sorge für die Witwen und Waisen der Gefallenen und
für die Schwerverwundeten s.ei, und sie haben weiter
gesagt, daß, wenn tatsächlich dennoch eine sichtbare
monumentale Ehrung beabsichtigt sei, sie in Gestalt
einer baulichen Anlage im Dienste der Fürsorge für die
Opfer des Krieges geschaffen werden möchte, ob als
Siechen- oder Krüppelheim, Waisenhaus oder Kinder-
heim, Wohnsiedelung oder dergleichen, eine Schöpfung
der Zweckarchitektur, die dann in schlichter Form als
der Erinnerung an die Helden geweiht zu kennzeichnen
wäre.
Meine Damen und Herren, über den bestimmten
Anlaß des Reichsehrenmals hinaus möchte ich dem all-
gemeinen Gedanken Ausdruck geben, daß wir unsere
gefallenen Brüder nicht besser ehren können, als wenn
wir alle von verschwommenen Gefühlen eingegebenen
äußerlichen Verherrlichungen, alle zwecklosen nur zu
lauten Festlichkeiten Veranlassung gebenden Denkmals-
anlagen vermeiden, wenn wir dafür aber mit vollem
Ernst dahin streben, ein besseres Deutschland zu schaT
fen, frei von falschem Idealismus, ein Deutschland, frei
von billiger Sentimentalität, das alle seine Kräfte auf die
Lösung der zahreiehen brennenden Aufgaben zur He-
bung der sozialcn und seelischen Not unseres Volkes
richtct.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang, an die
Worte Abraham Lincolns zu erinnern, des großen Präsi-
denten und Volksmannes der Vereinigten Staaten, an-
läßlich der Einweihung eines Soldatenfriedhofs auf dem
Schlachtfelde von Gettysburg im Jahre 1863 iu dem blu-
tigeu Secessionskriege der aristokratischen Sklaven-
halterstaaten des Südens gegen die von Lincoln geführ-
ten bürgerlichen Nordstaaten.
,,Es sind jetzt siebenundachtzig Jahre her, seit
unsere Väter auf diesem Erdteil einen neuen Staat
errichtet liaben, der auf dem Gedanken der Freiheit
aufgebaut und in der Ueberzeugung geschaffen
wurde, daß alle Menschen frei und gleich geboren
sind. Augenblicklich sind wir in einen großen Bür-
gerkrieg verwickelt, der den Beweis erbringen soll,
ob unsere Nation oder irgend eine andere Nation, die
auf diesen Gedanken aufgebaut ist, dauernden Be-
stand haben kann.
Wir haben uns hier auf einem der großen
Schlachtfelder des Krieges versammelt, um einen
Teil dieses Schlachtfeldes als Ruhestätte für diejeni-
gen zu weihen, die ihr Leben dafür hingegeben haben,
damit die Nation lebe! Es ist nicht mehr als recht
und billig, daß wir das tun. Allein von einem höheren
Gesichtspunkt aus betrachtet, können wir diesem
Grund und Boden keine höhere Weihe geben. Die
braven Männer, die lebenden und toten, die hier ge-
kämpft haben, s i e haben ihm eine Weihe gegeben,
die wir weder vergrößern noch verringern können.
Die Welt wird wenig Wert darauf legen, was wir hier
reden; sie wird das bald vergessen, aber niemals
wird sie vergessen, was diese hier taten. F ü r u n s ,
die Ueberlebenden, ist es wichtiger,
s i c h d e r A r b e i t a n d e n unvollendeten
Aufgaben zu widmen, die diejenigen,
d i e h i e r g e k ä m p f t h a b e n , u n e i g e n -
nützig gefördert haben. Es ist für
uns wichtiger, die großen Aufgaben
ins Auge zu fassen, die vor uns lie-
g e n , indem w i r a u s d e m G e i s t d i e s e r
t e u r e n T o t e n d i e wachsende Hin g a b e
f ü r d i e S a c h e schöpfen müssen, d e r
s i e s i c h g e o p f e r t h a b e n ; und es muß unser
fester Wille sein, daß diese Toten nicht
u m s o n s t gestorben s i n d , daß unsere Na-
tion, unter Gottes Beistand, eine Geburt der Freiheit
erlebe, daß die Herrschaft des Volkes, durch das Volk
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Hrklärung abgegeben im Anscliluß an die Ausführungeu des Herrn Geli. Hofbaurats Prof. Bodo Bbhardt
iiber das Reichsehrenmal im Verein deutscher Architekten und Ingenieure am 11. Oktober 1926 im Meistersaal.
Wir bringen die folgenden ablehnenden Ansführungen
von Professor Dr. Hermann Schmitz zu dem Gedanken
des Reichsehrenmals auch aus dem Grunde, um zu vcr-
hindern, daß die deutsche Architekten- und Künstlerschaft
davon abgehalten wird, durcli falsche Hoffnungen ver-
leitet, weitere Kraft, Mittel und Reisen auf ein Projekt zn
verwenden, iiber das eine Einigung bisher nicht erzielt
und auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Das
Reichskabinett hat denn auch in richtiger Einsicht das
Projekt des Reichsehrenmals vorläufig zurückgestellt.
Die Redaktion.
Meine Damen und Herren!
Wenn wir uns die Bemühungen um das Reichs-
ehrenmal in den einzelnen Stadien vergegenwärtigen,
angefangen von der ersten Idee des Herrn Reichskunst-
warts Dr. Redslob, einer hochgestaffelten Bogenbrücke
über den Rhein, bis zu den lieute Abend von dem Geh.
Hofbaurat Bodo Ebhardt vorgetragenen, aus den ver-
schiedensten Gegenden Deutschlands zu Tage getrete-
nen Vorschlägen heiliger Haine und Toteninseln, wenn
wir uns weiter vergegenwärtigen den das Andenken
der Gefallenen herabwürdigenden Streit der verschie-
denartigsten Interessentengruppen untereinander: so
müssen wir die Ueberzeugung gewinnen, daß diese Be-
mühungen nicht aus der Tiefe des Volkswillens hervor-
gegangen, nicht von einer Volksbewegung getrageu
sind. Einige Kriegsbeschädigten- und Hinterbliebenen-
verbände haben in einer Eingabe an den Herrn Reichs-
präsidenten darauf hingewiesen, daß die beste Ehrung
für unsere gefallenen Brüder eine angemessene Für-
sorge für die Witwen und Waisen der Gefallenen und
für die Schwerverwundeten s.ei, und sie haben weiter
gesagt, daß, wenn tatsächlich dennoch eine sichtbare
monumentale Ehrung beabsichtigt sei, sie in Gestalt
einer baulichen Anlage im Dienste der Fürsorge für die
Opfer des Krieges geschaffen werden möchte, ob als
Siechen- oder Krüppelheim, Waisenhaus oder Kinder-
heim, Wohnsiedelung oder dergleichen, eine Schöpfung
der Zweckarchitektur, die dann in schlichter Form als
der Erinnerung an die Helden geweiht zu kennzeichnen
wäre.
Meine Damen und Herren, über den bestimmten
Anlaß des Reichsehrenmals hinaus möchte ich dem all-
gemeinen Gedanken Ausdruck geben, daß wir unsere
gefallenen Brüder nicht besser ehren können, als wenn
wir alle von verschwommenen Gefühlen eingegebenen
äußerlichen Verherrlichungen, alle zwecklosen nur zu
lauten Festlichkeiten Veranlassung gebenden Denkmals-
anlagen vermeiden, wenn wir dafür aber mit vollem
Ernst dahin streben, ein besseres Deutschland zu schaT
fen, frei von falschem Idealismus, ein Deutschland, frei
von billiger Sentimentalität, das alle seine Kräfte auf die
Lösung der zahreiehen brennenden Aufgaben zur He-
bung der sozialcn und seelischen Not unseres Volkes
richtct.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang, an die
Worte Abraham Lincolns zu erinnern, des großen Präsi-
denten und Volksmannes der Vereinigten Staaten, an-
läßlich der Einweihung eines Soldatenfriedhofs auf dem
Schlachtfelde von Gettysburg im Jahre 1863 iu dem blu-
tigeu Secessionskriege der aristokratischen Sklaven-
halterstaaten des Südens gegen die von Lincoln geführ-
ten bürgerlichen Nordstaaten.
,,Es sind jetzt siebenundachtzig Jahre her, seit
unsere Väter auf diesem Erdteil einen neuen Staat
errichtet liaben, der auf dem Gedanken der Freiheit
aufgebaut und in der Ueberzeugung geschaffen
wurde, daß alle Menschen frei und gleich geboren
sind. Augenblicklich sind wir in einen großen Bür-
gerkrieg verwickelt, der den Beweis erbringen soll,
ob unsere Nation oder irgend eine andere Nation, die
auf diesen Gedanken aufgebaut ist, dauernden Be-
stand haben kann.
Wir haben uns hier auf einem der großen
Schlachtfelder des Krieges versammelt, um einen
Teil dieses Schlachtfeldes als Ruhestätte für diejeni-
gen zu weihen, die ihr Leben dafür hingegeben haben,
damit die Nation lebe! Es ist nicht mehr als recht
und billig, daß wir das tun. Allein von einem höheren
Gesichtspunkt aus betrachtet, können wir diesem
Grund und Boden keine höhere Weihe geben. Die
braven Männer, die lebenden und toten, die hier ge-
kämpft haben, s i e haben ihm eine Weihe gegeben,
die wir weder vergrößern noch verringern können.
Die Welt wird wenig Wert darauf legen, was wir hier
reden; sie wird das bald vergessen, aber niemals
wird sie vergessen, was diese hier taten. F ü r u n s ,
die Ueberlebenden, ist es wichtiger,
s i c h d e r A r b e i t a n d e n unvollendeten
Aufgaben zu widmen, die diejenigen,
d i e h i e r g e k ä m p f t h a b e n , u n e i g e n -
nützig gefördert haben. Es ist für
uns wichtiger, die großen Aufgaben
ins Auge zu fassen, die vor uns lie-
g e n , indem w i r a u s d e m G e i s t d i e s e r
t e u r e n T o t e n d i e wachsende Hin g a b e
f ü r d i e S a c h e schöpfen müssen, d e r
s i e s i c h g e o p f e r t h a b e n ; und es muß unser
fester Wille sein, daß diese Toten nicht
u m s o n s t gestorben s i n d , daß unsere Na-
tion, unter Gottes Beistand, eine Geburt der Freiheit
erlebe, daß die Herrschaft des Volkes, durch das Volk
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