Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0267
DOI issue:
1./2. Februarheft
DOI article:Batavus, ...: Ein neuer Buytewech im Rijksmuseum
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0267
W. Buytewech, Wirtshausscene. Museum Boymans, Rotterdam
6in neuev Buytcinccb im Rijksmufcum
oon
Bataous s Amtiecdam
j ie holländische Malerei im ersten Viertel des
16. Jahrhunderts wird gekennzeichnet durch eine
außerordentliche Farbenfreudigkeit, durch ein kind-
liches Gefallen am bunten Schein. Im Kostüm der modi-
schen Herren und Damen jener Tage sind die fröhlichen,
hellen Farben vorherrschend, und ein kräftiges, feuriges
Rot ist für die Männertracht sogar besonders charakte-
ristisch. In kleinfigurigen, spitzgemalten, manchmal mi-
niaturhaft feinen Bildchen hat uns A. v a n d e V e n n e
das Tun und Treiben dieser Ge'sellschaft, in der
begrenzenden Flächen lehnt sich seine symmetrische
Kompositionsweise auch ganz ungezwungen an. Die
Wand parallel mit dem Bildrand dient als Abschluß-
kulisse und ihre vertikalen und horizontalen Kompo-
nenten werden durch Tischkanten, Stuhlbeine usw. un-
terstrichen. Die Figuren, als die Hauptsache, von
großen Abmessungen, f ü 11 e n wirklich den Raum. Ob-
wohl Buytewech auch als Radierer sehr Feines und
Geistreiches. geschaffen hat, so ist er doch als Maler erst
wirklich epochemachend, und ungleich bedeutender als
zwischen den Vornehmen und dem Volk noch keine
Scheidung eingetreten war, geschildert. Der Edelmann
mischt sich noch unter das Volk, das selbst nocli wenig
differenziert ist. Prinz Moritz von Oranien besucht die
Kirmes in Ryswyk, wie das van de Venne auf einem
Bilde im Ryksmus.eum festgehalten hat. Bei van de
Venne und den mit ihm verwandten Künstlern A. van
Breen und P. van Hilligaert spielt sich das ganze Leben
im Freien ab; sie alle malen fast aus.schließlich Bilder
kleinen Formats mit einer Menge von zierlichen, geputz-
ten Puppenfigürchen, die durch ihre Vielheit wirken!
Der Einzelne, als bestimmtes Individuum, kommt in Ge-
meinschaft mit s.einesgleichen erst zu seinem Rechte
bei einem Maler, dessen Name, wegen der Seltenheit
seiner Werke, bisher fast nur den Fachgelehrten be-
kannt war: W i 11 e m B u y t e w e c h. Er ist der
Schöpfer des eigentlichen Gesellschaftsstückes; im Ge-
gensatz zu van de Venne verlegt er seine Szenen in das
Innere des Hauses, und an den Innenraum mit seinen
van de Venne, der in erster Linie umrißscharfer Zeich-
ner und Illustrator ist. Seine Gemälde sind, wie ge-
sagt, sehr rar. In Holland war Schmidt-Degener der
erste, dem es gelang, ein Werk von ihm für eine öffent-
liche Sammlung zu erwerben — bezw. sich schenken zu
lass,en: die Gesellschaft junger Leute, die jetzt eine
Zierde des Museums Boymans bildet und in der
Schmidt-Degener englische Komödianten sehen möchte.
Der Rotterdamer Mäcen, der die.s Bild auf einer Auktion
bei Fred. Muller (19. VI. 1913) kaufte, trug damit eine
Ehrenschuld seiner Vaterstadt an den Künstler ab. —
Denn Buytewech war ein geborener Rotterdamer;
1591/1592 muß er in der Maasstadt das, Licht der Welt
erblickt haben, wie die neueste Archivforschung zu
Tage gefördert hat.Ein sehr frühreifes Talent scheint
der Künstler gewesen sein, wie Dürer und Lukas van
Leyden; sein frühestes graphisches Blatt, die lockere
9 Dr. E. Wiersum in Ond-Holland 1922, p. 55/56.
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6in neuev Buytcinccb im Rijksmufcum
oon
Bataous s Amtiecdam
j ie holländische Malerei im ersten Viertel des
16. Jahrhunderts wird gekennzeichnet durch eine
außerordentliche Farbenfreudigkeit, durch ein kind-
liches Gefallen am bunten Schein. Im Kostüm der modi-
schen Herren und Damen jener Tage sind die fröhlichen,
hellen Farben vorherrschend, und ein kräftiges, feuriges
Rot ist für die Männertracht sogar besonders charakte-
ristisch. In kleinfigurigen, spitzgemalten, manchmal mi-
niaturhaft feinen Bildchen hat uns A. v a n d e V e n n e
das Tun und Treiben dieser Ge'sellschaft, in der
begrenzenden Flächen lehnt sich seine symmetrische
Kompositionsweise auch ganz ungezwungen an. Die
Wand parallel mit dem Bildrand dient als Abschluß-
kulisse und ihre vertikalen und horizontalen Kompo-
nenten werden durch Tischkanten, Stuhlbeine usw. un-
terstrichen. Die Figuren, als die Hauptsache, von
großen Abmessungen, f ü 11 e n wirklich den Raum. Ob-
wohl Buytewech auch als Radierer sehr Feines und
Geistreiches. geschaffen hat, so ist er doch als Maler erst
wirklich epochemachend, und ungleich bedeutender als
zwischen den Vornehmen und dem Volk noch keine
Scheidung eingetreten war, geschildert. Der Edelmann
mischt sich noch unter das Volk, das selbst nocli wenig
differenziert ist. Prinz Moritz von Oranien besucht die
Kirmes in Ryswyk, wie das van de Venne auf einem
Bilde im Ryksmus.eum festgehalten hat. Bei van de
Venne und den mit ihm verwandten Künstlern A. van
Breen und P. van Hilligaert spielt sich das ganze Leben
im Freien ab; sie alle malen fast aus.schließlich Bilder
kleinen Formats mit einer Menge von zierlichen, geputz-
ten Puppenfigürchen, die durch ihre Vielheit wirken!
Der Einzelne, als bestimmtes Individuum, kommt in Ge-
meinschaft mit s.einesgleichen erst zu seinem Rechte
bei einem Maler, dessen Name, wegen der Seltenheit
seiner Werke, bisher fast nur den Fachgelehrten be-
kannt war: W i 11 e m B u y t e w e c h. Er ist der
Schöpfer des eigentlichen Gesellschaftsstückes; im Ge-
gensatz zu van de Venne verlegt er seine Szenen in das
Innere des Hauses, und an den Innenraum mit seinen
van de Venne, der in erster Linie umrißscharfer Zeich-
ner und Illustrator ist. Seine Gemälde sind, wie ge-
sagt, sehr rar. In Holland war Schmidt-Degener der
erste, dem es gelang, ein Werk von ihm für eine öffent-
liche Sammlung zu erwerben — bezw. sich schenken zu
lass,en: die Gesellschaft junger Leute, die jetzt eine
Zierde des Museums Boymans bildet und in der
Schmidt-Degener englische Komödianten sehen möchte.
Der Rotterdamer Mäcen, der die.s Bild auf einer Auktion
bei Fred. Muller (19. VI. 1913) kaufte, trug damit eine
Ehrenschuld seiner Vaterstadt an den Künstler ab. —
Denn Buytewech war ein geborener Rotterdamer;
1591/1592 muß er in der Maasstadt das, Licht der Welt
erblickt haben, wie die neueste Archivforschung zu
Tage gefördert hat.Ein sehr frühreifes Talent scheint
der Künstler gewesen sein, wie Dürer und Lukas van
Leyden; sein frühestes graphisches Blatt, die lockere
9 Dr. E. Wiersum in Ond-Holland 1922, p. 55/56.
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