Leonid Pasternak. Studie zu einem der Tolstoi-Bildnisse
im Tolstoi-Museum, Moskau
führung und Umfang und Inhalt seiner Wirksamkeit sind hier auf
Grund des archivalischen Materials zum ersten Mal festgelegt, seine
künstlerische Bedeutung hat Hantsch iiberzeugend'gezeichnet, indem
er die Stärke und die Grenzen seiner Persönlichkeit besonnen ent-
wickelte. Prandtauer wird von ihm in kiirzester Formel Baumeister
der Klöster und Wiederbauer des (nach Ueberwindung der Tiirkcn-
gefahr sich erneuernden) Landes genannt. Neben seinem Groß-
werke Melk bildete sein Anteil an den Klosterbauten zu Garsten,
St. Florian, Kremsmiinster, Herzogenburg, seine Landkirchen und
seine Bautätigkeit in St. Pölten die Hauptposten seiner Lebens-
leistung. Kind des Volkes, von Hause aus Bildhauer, als Bau-
meister ganz zu den „Ungelehrten“ gehörig, hat er (was iibrigens
bei den Meistern des Barocks Regel war) Einflüsse von allen Sei-
ten willig aufgenommen, besonders solche aus dem Siiden und von
Fischer. Aber er hatte ein natürliches und großes Gefiihl für
Raumbehandlung und Raumwirkung, er stand in lebendigem Zusam-
menhange mit bodenständiger Ueberlieferung, und er liatte in sei-
nem Bauschaffen eine naive Sicherheit und Großartigkeit, die ihm
den genialen Zug gibt. Es hat etwas sehr Fesselndes, ja fast möch-
ten wir sagen Spannendes, wie Hantsch an der Analyse der
Schöpfungen Prandtauers diese Eigentümlichkeiten herausarbeitet
und danach seine Stellung zu Fischer und Hildebrandt bestimmt.
Der Raum verbietet, so verlockend es auch ist, auf Einzelheiten
einzugehen, und so mag, zugleich zur Charakteristik der schönen
Leistung von Hantsch, nur noch dies gesagt sein: es ist immer
wieder begliickend im Fortgange der Forschung zu beobachtcn, wie
reich die Trieb- und Schaffenskräfte des deutschen Barocks waren
und wie tief seine Wurzeln in dcn Nährboden unseres Volkstmns
hinabreichen.
A. Dr.
*
V o n I n g r e s b i s Cezanne — von diesen bciden Polen
ist ein Jahrhundert französischer Kunst begrenzt, das cine der bc-
dcutendsten Kunstepochen dcr neucren Zeit umfaßt. Dicse Epoche
stellt ein Buch dar, das der Direktor der Wiener Albertina, Prof.
A. S t i x , soeben im Verlag von Anton S c h r o 11 u. Co. in Wien
veröffentlicht hat und worin ganz besonders herrliche Dokumente
dieser Kunst, Handzeichnungen, welche den Geist ihrer Schöpfer
ganz ursprünglich und in besonderer Klarheit offenbaren, zum
ersten Male bekannt gemacht werden. Ingres, Prudhon, Gericault,
Delacroix, Daumier, Guys, Daubigny, Puvis de Chavannes, Millet,
Corot, Troyon, Rousseau, Monet, Renoir, Toulouse-Lautrec, Degas,
Rodin, Cezanne sind mit Meisterzeichnungen vertreten.
Kunffbandioeckct’ (ibec tbce Acbeit.
Don IDattbct’ KnötEfcb = Letpstg.
I.
Vorbemerkung: Wir bringen Teile aus Gesprächen mit
führenden Kunstgewerbetreibenden. Sie berühren wesentliche Fra-
gen und geben Einblicke sowohl in das technische, als auch in das
psychologische Geschehen. Es ist fiir uns von größtem Werte,
Gestalter der Form über ,,F o r m“ sprechen zu hören.
Fiau Einmy Roth, Berlin-Charlottenburg, fertigt kiinstlerischen
Schmuck und Kleingerät in Metall und Elfenbein. Sie ist auf ihrem
Gebiete als eine der reifsten Gestalterinnen anzusprechen und als
solche anerkannt.
Sie sagte u. a. das folgende:
Ich habe s. Zt. starke künstlerische Erlebnisse in Paris gehabt,
negative von der französischen Gestaltung im Kunstgewerbe, dann
sehr starke von den ägyptichen Arbeiten, die ich dort sah. Das
war wie ein Erwachen.
Seit der Zeit war’s mir klar, daß jede Saclie nur von ihrem
Zweck aus gestaltet werden kann. Man muß von der absolut guten
Gebrauchsform ausgehen zur schönen Form.
„Was ist denn ,schöne Form?‘“
Leonid Pasternak. Bildnis des belgischen Dichters
Emil Verhaeren. Lithographie
342
im Tolstoi-Museum, Moskau
führung und Umfang und Inhalt seiner Wirksamkeit sind hier auf
Grund des archivalischen Materials zum ersten Mal festgelegt, seine
künstlerische Bedeutung hat Hantsch iiberzeugend'gezeichnet, indem
er die Stärke und die Grenzen seiner Persönlichkeit besonnen ent-
wickelte. Prandtauer wird von ihm in kiirzester Formel Baumeister
der Klöster und Wiederbauer des (nach Ueberwindung der Tiirkcn-
gefahr sich erneuernden) Landes genannt. Neben seinem Groß-
werke Melk bildete sein Anteil an den Klosterbauten zu Garsten,
St. Florian, Kremsmiinster, Herzogenburg, seine Landkirchen und
seine Bautätigkeit in St. Pölten die Hauptposten seiner Lebens-
leistung. Kind des Volkes, von Hause aus Bildhauer, als Bau-
meister ganz zu den „Ungelehrten“ gehörig, hat er (was iibrigens
bei den Meistern des Barocks Regel war) Einflüsse von allen Sei-
ten willig aufgenommen, besonders solche aus dem Siiden und von
Fischer. Aber er hatte ein natürliches und großes Gefiihl für
Raumbehandlung und Raumwirkung, er stand in lebendigem Zusam-
menhange mit bodenständiger Ueberlieferung, und er liatte in sei-
nem Bauschaffen eine naive Sicherheit und Großartigkeit, die ihm
den genialen Zug gibt. Es hat etwas sehr Fesselndes, ja fast möch-
ten wir sagen Spannendes, wie Hantsch an der Analyse der
Schöpfungen Prandtauers diese Eigentümlichkeiten herausarbeitet
und danach seine Stellung zu Fischer und Hildebrandt bestimmt.
Der Raum verbietet, so verlockend es auch ist, auf Einzelheiten
einzugehen, und so mag, zugleich zur Charakteristik der schönen
Leistung von Hantsch, nur noch dies gesagt sein: es ist immer
wieder begliickend im Fortgange der Forschung zu beobachtcn, wie
reich die Trieb- und Schaffenskräfte des deutschen Barocks waren
und wie tief seine Wurzeln in dcn Nährboden unseres Volkstmns
hinabreichen.
A. Dr.
*
V o n I n g r e s b i s Cezanne — von diesen bciden Polen
ist ein Jahrhundert französischer Kunst begrenzt, das cine der bc-
dcutendsten Kunstepochen dcr neucren Zeit umfaßt. Dicse Epoche
stellt ein Buch dar, das der Direktor der Wiener Albertina, Prof.
A. S t i x , soeben im Verlag von Anton S c h r o 11 u. Co. in Wien
veröffentlicht hat und worin ganz besonders herrliche Dokumente
dieser Kunst, Handzeichnungen, welche den Geist ihrer Schöpfer
ganz ursprünglich und in besonderer Klarheit offenbaren, zum
ersten Male bekannt gemacht werden. Ingres, Prudhon, Gericault,
Delacroix, Daumier, Guys, Daubigny, Puvis de Chavannes, Millet,
Corot, Troyon, Rousseau, Monet, Renoir, Toulouse-Lautrec, Degas,
Rodin, Cezanne sind mit Meisterzeichnungen vertreten.
Kunffbandioeckct’ (ibec tbce Acbeit.
Don IDattbct’ KnötEfcb = Letpstg.
I.
Vorbemerkung: Wir bringen Teile aus Gesprächen mit
führenden Kunstgewerbetreibenden. Sie berühren wesentliche Fra-
gen und geben Einblicke sowohl in das technische, als auch in das
psychologische Geschehen. Es ist fiir uns von größtem Werte,
Gestalter der Form über ,,F o r m“ sprechen zu hören.
Fiau Einmy Roth, Berlin-Charlottenburg, fertigt kiinstlerischen
Schmuck und Kleingerät in Metall und Elfenbein. Sie ist auf ihrem
Gebiete als eine der reifsten Gestalterinnen anzusprechen und als
solche anerkannt.
Sie sagte u. a. das folgende:
Ich habe s. Zt. starke künstlerische Erlebnisse in Paris gehabt,
negative von der französischen Gestaltung im Kunstgewerbe, dann
sehr starke von den ägyptichen Arbeiten, die ich dort sah. Das
war wie ein Erwachen.
Seit der Zeit war’s mir klar, daß jede Saclie nur von ihrem
Zweck aus gestaltet werden kann. Man muß von der absolut guten
Gebrauchsform ausgehen zur schönen Form.
„Was ist denn ,schöne Form?‘“
Leonid Pasternak. Bildnis des belgischen Dichters
Emil Verhaeren. Lithographie
342