Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0056
DOI issue:
1/2. Oktoberheft
DOI article:Donath, Adolph: Die Aussichten des deutschen Kunstmarktes: zur Besserung der Wirtschaftslage
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Dte Ausßcbten dcs deuticben Kun{imat?ktes
Eur ße(Tet?ung dee lÜutfcbaftslage
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Adotpb Donatb
]\j ach schweren, langen Monaten tiefster Stille, die oft
^ in Leblosigkeit ausartete, scheint es auf und mit
dem deutschen Kunstmarkt wieder vorwärts-
zugehen. Die großen Kunsthändler, die internatio-
nale Beziehungen haben, klagen nicht — denn g r o ß e
Qualitäten werden wenigstens im A u s 1 a n d abge-
setzt — und die Masse der übrigen Kunsthändler beginnt
wieder zu atmen. Die Kunstfreunde kümmern sich
schon wieder um sie, man besucht die Antiquitäten-
handlungen und man kauft sogar, wenn nicht „höhere“
Summen auf dem Spiele stehen. Die Anzeichen einer
Besserung sind also da. Und wenn die gesamte Wirt-
schaft ein noch flotteres Tempo anschlägt, wird hiervon
auch der Kunstmarkt profitieren. Aber — die P r e i s e
von heute sind nicht die Preise von einst. Darnit rech-
net der Markt schon. Und täte er es nicht, dann würde
er die kräftigere Bewegung, die er mit dem Beginn
dieser Saison genommen hat, zweifellos aufhalten.
Die Preise von einst? Ich meine jene, die man für
die alte wie für die neue Kunst, für die „hohe Kunst“
wie für die kunstgewerbliche in den Jahren bezahlt hat,
welche den denkwürdigen Auktionen der Sammlungen
Lanna von 1910/11 gefolgt sind. Bis zum Kriege und
über den Krieg hinaus. Diese Preise nun werden vom
deutschen Kunstmarkt in absehbarer Zeit, bis auf
wenige Ausnahmen, nicht ausgegeben werden, aus dem
einfachen Grunde, weil das alte Kapital zum Hauptteil
vernichtet ist und ein neues sich erst bilden muß. Und
weil die Verhältnisse sich geändert haben, wandelt sich
auch die m a t e r i e 11 e G e s i n n u n g des Markts.
Er greift im al lgem e i n e n auf jene Preisgestaltung
zurück, wie wir sie vor 1910 gehabt haben. Auf fast
ailen Gebieten der Kunst. Und es ist gut, daß dem so
ist, und es scheint uns ein g e s u n d e s P r i n z i p ,
daß der Markt es durchführen will. Nur das S i c h -
A n p a s s e n an das Kaufvermögen der heutigen
Zeit, das weitaus schwächer ist als ehema'ls, wird den
deutschen Kunstmarkt wieder zur Bliite bringen. Der
U m s a t z wird den Ausschlag geben. Wenn die
größere Zahl der mit „besonderen“ Reichtümern
nicht besonders gesegneten Kunstfreunde wieder in den
Kunst- und Antiquitätenhandlungen erscheinen wird und
auf den- Kunstauktionen, um in den Wettstreit um die
Kunst und ihre Qualitäten einzugreifen — und mag es
auch bloß um die m i 111 e r e n Qualitäten gehen —
dann wird der Umsatz s t e i g e n und den Markt selbst
festigen. Es ist keine Frage: wir sind heute schon auf
dem Punkt, da der Umschwung einsetzt, und damit
aucli — der Wiederaufstieg des Kunstmarkts.
Die deutschen Kunsthandlungen alter Kunst ver-
fügen in ihrer Mehrzahl über gute „Ware“ und die der
modernen Kunst tun ihr möglichstes, um den Frcunden
der Kunst zu zeigen, was die neue Kunst jeglicher
Schattierung in den letzten Jahren hervorbrachte. Und
die Kunstauktionshäuser? In allen den Städten, in
denen sie wirken, arbeitet man mit größter Anspannung,
und die Ergebnisse, die schon seit Beginn der neuen
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Dte Ausßcbten dcs deuticben Kun{imat?ktes
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]\j ach schweren, langen Monaten tiefster Stille, die oft
^ in Leblosigkeit ausartete, scheint es auf und mit
dem deutschen Kunstmarkt wieder vorwärts-
zugehen. Die großen Kunsthändler, die internatio-
nale Beziehungen haben, klagen nicht — denn g r o ß e
Qualitäten werden wenigstens im A u s 1 a n d abge-
setzt — und die Masse der übrigen Kunsthändler beginnt
wieder zu atmen. Die Kunstfreunde kümmern sich
schon wieder um sie, man besucht die Antiquitäten-
handlungen und man kauft sogar, wenn nicht „höhere“
Summen auf dem Spiele stehen. Die Anzeichen einer
Besserung sind also da. Und wenn die gesamte Wirt-
schaft ein noch flotteres Tempo anschlägt, wird hiervon
auch der Kunstmarkt profitieren. Aber — die P r e i s e
von heute sind nicht die Preise von einst. Darnit rech-
net der Markt schon. Und täte er es nicht, dann würde
er die kräftigere Bewegung, die er mit dem Beginn
dieser Saison genommen hat, zweifellos aufhalten.
Die Preise von einst? Ich meine jene, die man für
die alte wie für die neue Kunst, für die „hohe Kunst“
wie für die kunstgewerbliche in den Jahren bezahlt hat,
welche den denkwürdigen Auktionen der Sammlungen
Lanna von 1910/11 gefolgt sind. Bis zum Kriege und
über den Krieg hinaus. Diese Preise nun werden vom
deutschen Kunstmarkt in absehbarer Zeit, bis auf
wenige Ausnahmen, nicht ausgegeben werden, aus dem
einfachen Grunde, weil das alte Kapital zum Hauptteil
vernichtet ist und ein neues sich erst bilden muß. Und
weil die Verhältnisse sich geändert haben, wandelt sich
auch die m a t e r i e 11 e G e s i n n u n g des Markts.
Er greift im al lgem e i n e n auf jene Preisgestaltung
zurück, wie wir sie vor 1910 gehabt haben. Auf fast
ailen Gebieten der Kunst. Und es ist gut, daß dem so
ist, und es scheint uns ein g e s u n d e s P r i n z i p ,
daß der Markt es durchführen will. Nur das S i c h -
A n p a s s e n an das Kaufvermögen der heutigen
Zeit, das weitaus schwächer ist als ehema'ls, wird den
deutschen Kunstmarkt wieder zur Bliite bringen. Der
U m s a t z wird den Ausschlag geben. Wenn die
größere Zahl der mit „besonderen“ Reichtümern
nicht besonders gesegneten Kunstfreunde wieder in den
Kunst- und Antiquitätenhandlungen erscheinen wird und
auf den- Kunstauktionen, um in den Wettstreit um die
Kunst und ihre Qualitäten einzugreifen — und mag es
auch bloß um die m i 111 e r e n Qualitäten gehen —
dann wird der Umsatz s t e i g e n und den Markt selbst
festigen. Es ist keine Frage: wir sind heute schon auf
dem Punkt, da der Umschwung einsetzt, und damit
aucli — der Wiederaufstieg des Kunstmarkts.
Die deutschen Kunsthandlungen alter Kunst ver-
fügen in ihrer Mehrzahl über gute „Ware“ und die der
modernen Kunst tun ihr möglichstes, um den Frcunden
der Kunst zu zeigen, was die neue Kunst jeglicher
Schattierung in den letzten Jahren hervorbrachte. Und
die Kunstauktionshäuser? In allen den Städten, in
denen sie wirken, arbeitet man mit größter Anspannung,
und die Ergebnisse, die schon seit Beginn der neuen
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