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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Maiheft
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Schneider, Arthur von: Die Böcklin-Gedächtnisausstellung der Baseler Kunsthalle
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Aus dem nordischen Kunstleben / Londoner Kunstschau / Das Schicksal eines Tizian / Amerikas Kunstleben / Vom holländischen Kunstmarkt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Die Schule Reimann in Berlin / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0413

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Fassungen cines „Mädchens und Jüngdings beim Blumen-
pflücken“ (Nr. 59 und 60) und eine „Wassernymphe mit
Füllhorn“ (Nr. 61) aus dem Kunsthaus Zürich, alle drei
in süßen, rosa, violetten und blaßgrünen Tönen gehalten.
Hier findet sich große Begabung Böcklins: den Umriß
zweier menschlicher Gestalten in zwangloser Weise der
gegebenen Bildfläche rythmisch einzufügen, in kleinster
Dimension vorgebildet. Verwandt mit dem zarten Kolo-
rit dieser Gemälde ist schließlich die in mattem Silber-
glanz eines Corot erstrahlende kleine „Frühlingsland-
schaft mit Kindern, welche Maipfeifen schnitzen“, im Be-
sitze 0. Reinhardts in Winterthur (Nr. 53) oder der ganz
auf ein Graugrün und sorgfältigste Durchzeichnung
spitzer Schilfstengel gestellte „Pan zwischen den Säu-
ien“ der Modernen Staatsgalerie in München (Nr. 100);
um aus der Fülle der idyllisch genrehaften Kabinett-
stücke dieser Periode einige besonders eindrucksvolle
zu nennen.

Das schwierige Problem der letzten großen Schaf-
fensperiode Böcklins, zu deren Klärung die Basler Schau
vorzügliche Vergleichsobjekte bietet, kann hier ebenfalls
nur gestreift werden. Sicher geht die unmittelbare Wir-
kung mancher Gemälde dieser Epoche — am stärksten
wiederum im kleineren Format — nicht allein von der
Gewalt gegenständlicher Phantasievorstellungen oder
dem so oft bezwingenden lyrischen Stimmungsfaktor,
sondern vor allem von dem Wohllaut kompositioneller
Flächenfüllung aus. Daß der Künstler letzteren mit vor-
wiegend linearen Kontrastierungen erreicht, wobei die
Farbe in zunehmendem Maße nur als illuminierender
Dekor hinzutritt, diirfte ihm nicht zum Vorwurf gemacht
werden. Erreicht doch Böcklin mit dieser Art Bild-
gestaltung Schöpfungen von so unbedingt formaler Har-
monie wie die „Schlafende Diana von Faunen belauscht“
aus Hamburger Privatbesitz (Nr, 104) odcr den „Früh-
lingsabend“ des Budapester Museums. (Nr. 110). Und
ebenso sollte liier ein Vergleich mit der auf ganz ande-
ren Voraussetzungen beruhenden Kunst Marees unter-
bleiben. Eine der bedeutendsten Aeußerungen dieser
sorgsam wägenden Kompositionsweise und überlegter
Kolorierung ist die Bildniskunst des reifen Böcklin. Sie
findet auch bei der jüngeren Künstlerschaft — ich denke
dabei an die Bemerkungen des verstorbenen, feinsinni-
gen Basler Bildhauers Carl Burckhardt — begeisterte
Wiirdigung. Zwei Beispiele seien hier herausgehoben:

das lebensgroße, teilweise erst untermalte Kniestück der
Frau Clara Bruckmann (Jos. Kaiser, Viersen, Nr. 90) und
das fein getönte, ganz quatrocentistisch anmutende kleine
Brustbild Adolf Bayersdorfers im Jahre 1875 im Besitze
der Gräfin von Behayne in Paris (Nr. 101).

Bedenklich wird das Verfahren Böcklins m. E. erst,
wenn sich die illuminierten Flächen nicht zu schöner
Einheit binden, sondern ein Farbbezirk — meist ein
leuchtendes Purpurrot oder starkes Blau — in seiner
Intensität derart dominiert, daß er den ganzen übrigen
koloristischen Bildinhalt leer und stumpf macht; welche
Wirkung z. B. der grelle rote Mantel der „Kalypso“ des
Basler Museums (Nr. 121) erreicht. Bedenklich erscheint
es uns auch, wenn der Künstler über der beabsichtigten
Realisierung eines monumentalen Eindrucks die primi-
tivste Wahrscheinlichkeit der Stofflichkeit seiner Natur-
objekte vernachläßigt und etwa das Meerwasser bei der
„Toteninsel“ (Nr. 111) wie dunkelblaue Tinte, bei der
„Villa am Meer“ (Nr. 108) wie marmoriertes Buntpapier
schildert. Dazu gehört auch die häufige Gleichgültigkeit
gegen die stofflichen Reize der Karnation, die manchen
Akt seiner mythologischen Fabelvvesen hölzern erschei-
nen läßt.

Neben der großen Zahl von Gemälden seiner letz-
ten Periode mit vorwiegend zeichnerisch-plastischer
Tendenz gibt es abcr noch eine kleinere Gruppe von
Werken, die Böcklin — vergleichsweise in Analogie zu
seinem Frühstil — auf den Gegensatz farbiger Massen-
wirkung stellt. Hier wäre die großartige heroisch-pathe-
tische Landschaft des „Prometheus“ von Fr. Geh. Arn-
liold (Nr. 120) zu erwähnen; vor allem aber: die ganz
transparent gemalte, durch die süßen, merkwürdig anti-
naturalistisch zusammenklingenden Farbakkorde in eine
Märchenstimmung getauchte „Lebensinsel“ im Besitze
von Fr. Fmil v. Oelbermann in Köln (Nr. 131), wohl eines
der Glanzstücke der Ausstellung. Die Allegorie „Vita
somnium breve“ des Basler Museums (Nr. 130); in ihrer
oberen Partie ebenfalls aus „malerischer“ Anschauung
geboren, leitet als Ganzes zu der bekannten Stilstufe
Böcklins über, die mit den Mitteln des Wandbildes arbei-
tet und über das Tafelbild hinausstrebt. Unter den typi-
schen Beispielen dieser letzten Steigerung ins Monu-
mentale möchten auch wir mit dem Leiter der Ausstel-
lung der unheimlichen Dresdner Skizze des „Krieges“
(Nr. 142) den Vorzug geben.

Aus dem nocdifcben KunlHeben.

Dänemarks Herrenhöfe bilden ein Kronjuwel im
Kunstschatze des dänischen Volkes. Vom 16. bis 18. Jahrhundert,
von den ersten Regungen der Renaissance bis an die Schwelle des
Klassizismus, sind in allen Teilen des Landes jene zahlreichen
Herrensitze entstanden, die architektonisch vielfach Schöpfungen
von hohem Rang und Reiz, dazu aber noch von reichsten geschicht-
lichen und kulturgeschichtlichen Erinnerungen vergoldet sind. Seit
der Aufhebung der Fideikommisse sind diese unschätzbaren Denk-
mäler in ernster Gefahr. Die Geschlechter, die in manchen Fällen
Jahrhunderte lang auf demselben Hofe gesessen haben, sehen sich

jetzt, zumal da auch der Steuerdruck hart ist, vor großen Scliwie-
rigkeiten und mehr als einer kann den Besitz nicht mehr halten.
Oestrupsgarden auf Fiinen, Gammel Estrup in Jiitland, Lövenborg
auf Seeland werden zum Verkaufe ausgeboten. Lövenborg ist kunst-
geschichtlich bekannt und wichtig; um 1600 erbaut, zeigt es die
typischen Formen des Ueberganges von der mittelalterlichen Burg
zum Renaissanceschlosse. Die Inneneinrichtung ist Rokoko und
Louis XVI. Auch das feine seeländische Scliloß Lerchenborg ist zu
haben; es wurde 1742 in französischen Formen errichtet und liegt
in einem besonders anmutig und geschmackvoll ausgestatteten

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