Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0551
DOI issue:
1./2. Augustheft
DOI article:Sachse, Albert: Die Professorenecke im Leipziger Südfriedhof
DOI article:Venturi, Adolfo: Spielkarten: ein Meisterwerk mittelalterlicher Kupferstecherkunst
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lied wie früher bei Rietschel und Heinrici: „Wir treten
ins Leben, um zu sterben, wir gehen von dannen, um
ewig zu leben.“
Ein seltener Rundgang aber ein schöner! Wir den-
ken beim Besuche dieser stillen Ecke an Roseggers
Wort: „Gib deiner Seele einen Sonntag, und deinem
Sonntag eine Seele!“ Wollten doch alle, die vorüber
gehen, sich sagen, mit welch einfachen Mitteln hier ge-
arbeitet worden ist. Es diirfte nicht schwer fallen, auch
fiir den eigenen Grabstein einmal ein kurzes Symbol zu
finden. Unsere christlichen Friedhöfe wiirden viel
gewkmen.
Spielkacten
Stn jYleiftet’tuet’k rmtte(altet?(icbet? Kupfer(!ecbct?kun(i
üon
Ado tfo
1 nsere heutigen Spielkarten sind als Werk des
Malers und Kupferstechers M a n t e g n a oder
wenigstens der venezianischen Schuie bekannt. In
Wirklichkeit miissen sie aber wohl als sehr seltene Denk-
mäler der ferrarischen Kunst des 14. Jahrhunderts an-
gesehen werden.
Unter dem Namen „tarocchi“, Tarockkarten,
stellten sie eine Reihe von Bildern dar, die dem gewöhn-
lichen mittelalterlichen Volke die Sitten, die Kultur und
die Ideale der Renaissance in gemeinverständlicher
Ausdrucksweise vermitteln sollten.
üentuvi
Die Reihe beginnt mit der Darstellung der s o z i a -
1 e n S t ä n d e : Karte 1 zeigt den B e 111 e r , der, auf
seinen Stock gesttitzt, sich unter der Kälte zusammen-
kauernd, mühselig einherzieht, eine bejammernswerte
Gestalt, von Hunden gehetzt und von Zeichen des Ver-
falles umgeben; von zerbröckelnden Mauerresten, von
kahlen, dornigen Pflanzenstielen. Auf der zweiten Karte
steht der D i e n e r eines vornehmen Hauses, ein hiib-
scher, schlanker Jüngling mit enganliegender Kleidung;
vorsichtig stellt er eine Platte auf den herrschaftlichen
Tisch. Das Handwerk ist vertreten durch einen
500
ins Leben, um zu sterben, wir gehen von dannen, um
ewig zu leben.“
Ein seltener Rundgang aber ein schöner! Wir den-
ken beim Besuche dieser stillen Ecke an Roseggers
Wort: „Gib deiner Seele einen Sonntag, und deinem
Sonntag eine Seele!“ Wollten doch alle, die vorüber
gehen, sich sagen, mit welch einfachen Mitteln hier ge-
arbeitet worden ist. Es diirfte nicht schwer fallen, auch
fiir den eigenen Grabstein einmal ein kurzes Symbol zu
finden. Unsere christlichen Friedhöfe wiirden viel
gewkmen.
Spielkacten
Stn jYleiftet’tuet’k rmtte(altet?(icbet? Kupfer(!ecbct?kun(i
üon
Ado tfo
1 nsere heutigen Spielkarten sind als Werk des
Malers und Kupferstechers M a n t e g n a oder
wenigstens der venezianischen Schuie bekannt. In
Wirklichkeit miissen sie aber wohl als sehr seltene Denk-
mäler der ferrarischen Kunst des 14. Jahrhunderts an-
gesehen werden.
Unter dem Namen „tarocchi“, Tarockkarten,
stellten sie eine Reihe von Bildern dar, die dem gewöhn-
lichen mittelalterlichen Volke die Sitten, die Kultur und
die Ideale der Renaissance in gemeinverständlicher
Ausdrucksweise vermitteln sollten.
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Die Reihe beginnt mit der Darstellung der s o z i a -
1 e n S t ä n d e : Karte 1 zeigt den B e 111 e r , der, auf
seinen Stock gesttitzt, sich unter der Kälte zusammen-
kauernd, mühselig einherzieht, eine bejammernswerte
Gestalt, von Hunden gehetzt und von Zeichen des Ver-
falles umgeben; von zerbröckelnden Mauerresten, von
kahlen, dornigen Pflanzenstielen. Auf der zweiten Karte
steht der D i e n e r eines vornehmen Hauses, ein hiib-
scher, schlanker Jüngling mit enganliegender Kleidung;
vorsichtig stellt er eine Platte auf den herrschaftlichen
Tisch. Das Handwerk ist vertreten durch einen
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