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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Januarheft
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Sarre, Friedrich: Eine seltene Gattung persischer Keramik
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Donath, Adolph: Sammlung Victor Hahn
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0212

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Ischtar-Tores, geurteilt hat, „ein förmlich selbstschöpfe-
rischer Geist; es konnte ein solches Tier gelebt haben.“
Dieselbe Künstlerhand und die gleiche Töpferwerk-
statt erkennen wir bei dem Scherben einer formal und
technisch mit der obigen ganz übereinstimmenden
Schale, der sich gleichfalls. in der Berliner Sammlung
befindet (Abb. 3). Auch hier ist die Zeichnung des sitzen-
den Tieres (Wolf oder Schakal?) vorzüglich gelungen,
und es wicderholt sich in der erhobenen einen Vorder-
Pfote das erwähnte, besonders charakteristische Bewe-
Sungsmotiv.

Zeitlich muß die Gruppe persischer Keramik, um die
es sich hier handelt, dem 12. bis 13. Jahrhundert zuge-
schrieben werden. Für die künstlerische Bedeutung
spricht der Umstand, daß mehrere Kunstfreunde bei der
Bemalung der beiden Schalen, bei der Sphinx und dem
sitzenden Tier, an Darstellungen auf griechischen Va-
sen bester Zeit erinnert wurden. Hoffentlich gelingt es
einmal bei wissenschaftlich betriebenen Grabungen auf
perslschem Boden eine größere Anzahl von Gefäßen die-
ser hervorragenden Gattung zum Vorschein zu bringen
und ihren Herstellungsort genau zu bestimmen.

Sammlung Dictoc jiabn

oon

Adolpb Donatb

Soeben erscheint der Privatkatalog der Sammiung
Victor Hahn in Berlin. Adolph Donath hat die Sammlung
katalogisiert und „Der Kunstwanderer“ veröffentlicht
lieute die Einleitung zu den bciden stattlichen Bänden,
von denen jeder einzelne 75 Heliogravüren enthält, die in
der Kupferdruckanstalt von H. Winkehnann in Berlin nach
photograpliischen Aufnahmen von Q. Schwarz, dem
Photographen des Kaiser-Friedrich-Museums Berlin, her-
gestellt worden sind. Den Druck der zwei Bände be-
sorgte die Offizin W. Drugulin in Leipzig, den Einband
E. A. Enders in Leipzig. Der Katalog erscheint in einer
Auflage von 100 numerierten Exemplaren.

E i n 1 e i t u n g z u B a n d I.

^ls Dichter und Publizist ist Victor Hahn naturgemäß
Kuns.tenthusiast. „Naturgemäß“ aus dem Grunde,
;vch es keinen Dichter gibt, der schaffen könnte, ohne
ni]t den bildenden Künsten zusammenzustehen, und
^inen Publizisten, den sie nicht jederzeit anregen wür-
nen. Aber die Kunstschwärmerei allein macht nicht den
ammler, und die Zahl der „geborenen“ Sammler, wie
^methe es war, ist nicht Legion. Welche Momente also
Verraten den geborenen Sammler?

Victor Hahn geht schon seit vielen Jahren der
Funst nach. Wenn er einmal eine Bronze s.ah, von der
Ilrn sein Gefülil sagte, daß sie „schön“ sei, dann suchte
seinen Kunstverstand zu schärfen, indcm er „die Gat-
Unk“, der die Statuette angehörte, genauer studierte.
nh bot sicli „die gute Gelegenheit“, von der Goethe,
er Sammler, s.pricht, so erwarb der Kunstschwärmer
( ahn rasch das ers.ehnte Stück, und als die gute Gele-
stnheit wiederkam und mit dcr Zeit aucli die Mittel sich
ehrten, erwuchs aus dem bescheidenen Kunstschwär-
lllei der temperamentvolle Kunstsammler. Daß er aber
sn°r VOn ^en keborenen Sammlern ist, der bei allen den
J'e stvcrständlichen Enttäuschungen der Praxis an Er-
nung im Sammeln gewann und seine Schätze so
^Pnstlerisch siebte, daß nur Qualitäten übrigblieben, das
^eWeist schon das Gesicht seiner nach den Prinzipien
W'u Schönheitsempfindens, und der Wissenschaft ge-
ailten Kollektion von Skulpturen.

Er wollte eigentlich nicht als Sammler gelten. Er
kaufte, so sagte er mir vor Jahren, die Kunstdinge nur,
weil sie ihm Freude bereiten. Ja, er kaufte die Dinge
immer nur, wenn er dessen geWiß war, daß sie seine
Freude sein würden, aber — er reiste ihnen Jahre lang
nach, suchte die ersten Kunstkenner auf, besuchte die
ersten Kunsthändler, durchwanderte die Museen, ver-
folgte die Kunstliteratur und zeigte so alle t^'pischen
Eigenschaften des ecliten Sammlers. Bis er schließlich
selber dem Gefühl gegenüberstand, Sammler zu s.ein.

Der erste Band des Katalogs beschreibt die Bild-
werke iu Ton, Holz und Bronze, der zweite Band die
Gemälde, den Schlußteil der Bildwerke, sowie das
Kunstgewerbe der Sammlung. Ueber das Wesen der
Kunstbestände, die im zweiten Bande vermerkt werden,
s.preche ich noch kurz in der Einleitung zum zweiten
Katalog. Ich möchte aber hier schon erwähnen, daß
unter den Gemälden ragende Namen der italienischen
Kunst des 14.—16. Jahrhunderts sind, Namen wie Spi-
nello Aretino, Neri di Bicci, Alesso Baldovinetti, Lorenzo
di Credi, Andrea Solario, Giulio Clovio, daß unter den
Meistern des 15. und 16. Jahrhunderts ein Bild nach
Dürer auftaucht, das wohl Dürers Freund und Gehilfe
Hans. von Kulmbach schuf, daneben ein Werk seines
flämischen Zeitgenossen Ambrosius Benson und daß
als Glanzstück aus der Reihe der Maler der folgenden
Jahrhunderte ein Werk des Großmeis.ters der hollän-
dischen Kunst des 17. Jahrhunderts steht: der „Kopf
eines Greises“ von Rembrandt, der aus der Galerie des
Großherzogs von Ooldenburg stammt.

Victor Hahn s.ah überhaupt immer auf die Prove-
nienz seiner Qualitäten. So finden wir denn auch in
seinem Kunstgewerbe, das durchaus nicht sammlungs-
mäbig aufgestellt ist, sondern den Wohnräumen deko-
rativ sich einfügt, Möbel von vornehmster Marke und
Herkunft, Kostbarkeiten der Kleinkunst wie ein Berg-
kristallkreuz von der Hand Benvenuto Cellinis, dann
einen für Leo X. geschaffenen Gobelin des Pieter van

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