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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1/2. Oktoberheft
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Schmitz, Alfred Ludwig: Grabungen im christlichen Aegypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0058

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holen. Dieser Platz war unter dem Namen K o m A b u
Girge bekannt, bedeutete also den „Schutthügel des
heiligen Georg“. Bei der Abtragung stellte sicli nun her-
aus, daß die Bezeichnung völlig zu Recht bestand, ob-
wohl seit vielen Jahrhunderten, seit der arabischen
Ueberflutung, das Gotteshaus zu Ehren des Heiligen ver-
schwunden sein wird. Die Museumsverwaltung von
Alexandria griff ein, legte den Hügel frei, fand einen
höchst rätselvollen Grundriß einer Kirche und rettete
wenigstens eine Reihe vou großen Trümmern der be-
deutenden Fresken, die hier von frommen Händen ge-
malt waren. Man sieht sie heute in Alexandria: eine
große Verkiindigung, einen traurigen Christuskopf mit
den typisch ägyptischen Gesichtsziigen und dem Kreuz
im Nimbus, ein Menasbild mit den beiden Kamelen und
ähnliche Darstellungen des christlichen Gedankens.

Diese Stiicke sind auch als Rudimente wichtig, sie
stammen spätestens aus dem 6. Jahrhundert und können
als völlig vereinzelte Zeugen der alexandrinischen Mo-
numentalmalerei schwer überschätzt werden. Aber sie
bedeuten trotzdem wenig neben der epochemachendeu
Entdeckung der Menasstadt, die einem
deutschen Archäologen, Carl Maria Kaufmann, 1905 ge-
lang. Er fand nach dreißigtägiger Kamelreise in der Ma-
reotiswiiste westlich von Alexandria die völlig ver-
schollene frühchristliche Wallfahrts.stadt, die im 4. und
5. ,ahrhundert um das Grab des Märtyrers Menas her-
umgewachsen war. Als Kaufmann die Stadt in drei-
jähriger Arbeit, die auch im Sommer nicht aussetzte,
ausgegraben hatte, sah man, wie um jene Zeit das
christliche Alexandria im hellenis.tisch-byzantinischen
Stile gebaut haben muß. Nicht weniger als vier von ein-
ander abweichende Grundrisse von Kirchenbauten
konnten sichergestellt werden. Es war fiir die christ-
liche Archäologie eine Entdeckung, die man mit der
Wiederfindung der Katakomben durch de Rossi ver-
gleichen zu dürfen glaubte.

Diese wichtige Arbeit wird heute wieder in die Er-
innerung gerufen, wo man in der Menasstadt
neue Aufräumungsarbeiten vorgenommen
hat. Als ich im Winter 1924/25 die Trümmer aufsuchte
— die Wände der Kirchen stehen nur etwa vier bis fünf
Meter hoch — fand ich den großen Schutthügel fortge-
räumt, den Kaufmann (aus Sorge vor einem Einsturz
der Katakombe) in der sogenannten Gruftkirche ge-
rade vor dem Halbkreis hatte liegen las.sen, in dessen
Tiefe man das verehrte und jetzt beraubte Grab findet.
Die Beseitigung der Einsturzmasse an dieser Stelle
brachte jetzt die Pfosten der Schola cantorum zum Vor-
schein, sicherte die Stellung des Altares unmittelbar vor
der Gruft und bestätigte so endgültig für diese frühe
Zeit die Form des Konfessio-Grabes, wie sie heute die
Anlägen von S. Peter und S. Paul in Rom zeigen. Ueber
die weiteren vermutlichen Ergebnis.se der neuen Räu-
mung wird ein Bericht in den Annales du Service des
Antiquites abzuwarten sein. Ich bin nicht autorisiert,
von den neuen Eeststehungen zu sprechen, die Barcize,
der die Aufräuinungsarbeiten als Beamter der Museums-
verwaltung geleitet hat, gemacht zu haben glaubt.

lu die mittelalterliche Zeit führen Feststellungsarbei-
ten, die zwei Italiener, der Architekt Patricolo und der
Arcluiologe Monneret de Villard in der jetzt zerfallenen
Barbara-Kirche v o n A 11 - K a i r o vor cinigen
Jahren vorgenommen haben. In diesem alten Kairo gibt
es ein nur von Kopten, also den christlich gewordenen
reinrassigen Nachkommen der alten Aegypter, bewohn-
tes Viertel. Eine ganze Reihe von zwar kleinen, aber bis
ins 6. und 7. Jahrhundert zurückgehenden Kirchen bietet
kunstgeschichtlich viel Interessantes. Die äußere Unan-
sehnlichkeit und die schlechte Erhaltung aller Bestände

Nischenbekrönung im Narlhex des weißen Klosters
phot. Dr. Schmitz-Berlin

ist wohl der Grund gewesen, daß sich bisher niemand so
recht um die wissenschaftliche Bearbeitung des Ganzen
gekümmert hat. Und doch kann Iiier ein monographi-
sches Vorgehen viel erreichen. Die beiden Italiener
haben es gezeigt, als sie wenigstens eine einzelne Kirche
einmal durcharbeiteten. Die Ergebnisse liegen heute in
einem luxuriösen, vorzüglich illustrierten Bande über
„La chiesa di Santa Barbara al Vccchio Kairo“ vor (Flo-
renz 1922). Man sieht vor allem endlich einmal an kon-
kreten Beispielen, wie im ägyptischen Mittelalter die is-
lamische und die koptische Kunst in Wecliselwirkung
miteinander treten. Die Arbeit an der Barbara-Kirche
hat dann noch eine große Ueberraschung gebracht. Man
fand, als man die Architektur von allen späteren Ein-

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