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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1/2. Novemberheft
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Darmstaedter, Ludwig: Georg Raphael Donner: vom Laienbruder zum bildenden Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0115

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tion, und trotz seines hervorragenden Talentes gelang
es Donner nicht, zu jener Zeit mit irgend einer pla-
stischen Arbeit bedacht zu werden. Es fehlte ihm, was
die Hauptsache in Wien war, die Protektion, und es kam
noch hinzu, daß er aus dem allgemeinen Rahmen her-
ausfiel und genial, wie er war, Zopf und Perücken ver-
abscheute und in Kleid und Haartracht seinem eigenen
Geschmack folgte. Und auch in der Kunst ging er sei-
nen eigenen Weg. Das manierierte und gezwungene
Barock von Antonio Cavanese, von Giovanni Stanetti,
von Lorenzo Mathielli widerstrebte dem genialen Künst-

Grassalkowits’schen Palais und vieles andere her. Der
dod seines Gönners, des. Fürsten Primas im Jahre 1737
veranlaßte Donner, seinen Schwerpunkt wieder nach
der Hauptstadt zu verlegen. Er hatte inzwischen einen
so großen künstlerischen Ruhm erworben, daß der
Wiener Stadtrat besch'loß, des früheren Mitbürgers Ge-
nialität zur Errichtung eines öffeiitlichen Kunstwerkes.
in Wien zu nutzen. Donner erhielt 1738 den Auftrag, für
den anfangs erwähnten Brunnen auf dem Neuen Markte,
den er bis 1739 fertig stellte und der das schönste Werk
dieser Art in Wien darstellt. Der Erfolg war über Er-

Details vom Doimer-Brumien am Neuen Markt in Wien
Mit Genehmigung des Verlages Ant. Schroll & Co., Wien

ler; enttäuscht verließ er Wien und reiste 1725 mit dem
ihm kongenialen Bildhauer Jacob Schletterer nach Salz-
burg, wo er mit diesem im Schlosse Mirabell an der
Haupttreppe 7 lebensgroße Mannorstatuen und 19 be-
sonders lebenswahre Kindergestalten s.chuf. Von da
ging er 1726 nach Preßburg, wo ihn der kunstliebende
Fürstprimas von Ungarn, Emerich Esterhazy, prote-
gierte, ihn zu seinem Baudirektor ernannte und ihm ein
eigenes Gießhaus im Fürstengarten anlegen ließ, wo er
10 Jalire lang arbeitete und den Erzguß in größerem
Maßstabe betrieb. Von da rühren die für den Haupt-
altar der Preßburger St. Martinskirche ges.chaffene vor-
zügliche Reiterstatue des Heiligen Martin, der ein Stück
seines Mantels abschneidet, um es einem lebenswahr
dargestellten Bettler zu schenken, ein Marmorbasrelief
des Fürstprimas., vor einem Kruzifix knicnd, die herr-
lichen Statuen der 4 Jahreszeiten im Treppenhaüse des

warten groß, um so kleiner aber die Bezahlung, die für
Donners Mühe, Gieß- und Ausarbeitung 1200 Gulden
und für das im Jalir 1740 von ihm gefertigte herrliche
Bas.relief der Andromeda im Rathaushof gar nur 350
Gulden betrug. Und dabei zahlte man unter der Re-
gierung Karls VI. Gehälter an Sänger, Sängerinnen und
Tänzerinnen, die alles Maß überstiegen und in lebhaf-
testem Kontrast zu solcher Bezahlung standen. Infolge
seiiier Arbeiten machte man Donner nun zum Kayser-
lichen Kammer Bildhauer mit einem Jahresgehalt von
500 Gulden. Daß bei solcher Bezahlung Donner in dau-
ernder Geldverlegenheit war, kann uns nicht wunder
nehmem Seine Verhältnisse waren s.o schlecht, daß bei
seinem Tode die zur Universalerbin eingesctzte Gattiu
den Erbschaftsantritt verweigern mußte und daß zur
Bestreitüng der Beerdigungskosten noch Kleider ver-
kauft w.erden rnußten.

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®.b,beidelberg
 
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