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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1/2. Novemberheft
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Aus dem nordischen Kunstleben / Schweizerische Kunstchronik / Ein Landsitz der Kolonialzeit als Museum hergerichtet / Kunstauktionen / Bode und der Hohenzollernvergleich / Die Welt der Kunstgelehrten / Urys Londoner Bilder / Aus der Künstlerwelt / Kunstausstellungen / Rathenaus Bilder im Städel / Die Geschichte der Perspektive / Maler und Holzfäller
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0127

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dieses Großmeisters der Barockarchitektur. Tessin ist ebenso wie
sein Vater, der aus Stralsund eingewanderte ältere Nikodemus
Tessin, in der Großkirche (Skt. Nicolai) zu Stockholm beigesetzt,
und es besteht nun die Absicht, die Grabstätte der beiden Meister
durch ein würdiges Grabmal zu schmücken, dessen Enthüllung zur
Feier des Gedenktages im Jahre 1928 geplant ist. Der Aufruf zur
Eröffnung der Geldsammlung ist außer von den Prinzen Carl und
Eugen von einer großen Zahl hervorragender Vertreter der Archi-
tektur, der Kunstgeschichte und Kunstverwaltung und anderer Ge-
biete des geistigen und öffentlichen Lebens unterzeichnet.

Kölnischer Meister um 1370,
dem Meister des Clarenaltares nahestehend
Auktion bei Math. Lempertz, Köln

Das Stockholmer Ausstellungsleben hat in die-
sem Herbst recht rege eingesetzt. Die Ausstellung französischer
Kunst in der schwedisch-französischen Kunstgalerie brachte Stticke
von Manet, Pissarro, Gauguin, Degas, Raffaelli, liauptsächlich äber
Bilder von lcbenden Fränzosen, wie Denis, Herbin, Manguin, Mar-
quet, Utrillo, Derain, Vlaminck. Bezeichnend fiir das Interesse der
schwedischen Sammler und Kunstfreunde ist die Tatsache, daß
gleich bei der Eröffnung zelm Bilder im Gesamtwerte von 30 000
Kronen vcrkauft wurden. Die Kunstakadcmie veranstaltete eine
umfassende Ausstellung von Werken des feinen Ivar Arosenius
(1878—1908), eines Romantikers, der schwebende intime Stimmun-
gen mit zarter Poesie zu schildern verstand. Die Ausstellung bildet
ein Glied der interskandinavisclien Veranstaltungen und geht von
Stockhohn zunächst weiter nacli Helsingfors und Oslo. — Auf dem

Gebiete der lebenden schwedischen Kunst bildete das Hauptereignis
die Ausstellung der neun jüngere Künstler umfassenden „Uppsala-
gruppe“, die zusammen mit zehn Eingeladenen über 500 Kunstwerke
zeigten. Gesamtcharakter: viel Talent, keine Einheitlichkeit. Das
Pendel schwang von der ,,Neuen Sachlichkeit“ (die in Schweden
viel Anklang bei den Künstlern findet) bis zur Farbenphantastik.

Zu H a s s 1 ö f in Süd-Halland ist ein höclist bemerkenswertes
Grab freigelegt worden, dessen Entdeckung in erster Linie archäo-
logiscli von erheblicher Wichtigkeit ist. In einem Grab'nügel fand
man dort eine Steinsetzung in der Form eines Schiffes. Die ver-
brannten Gebeine des Toten waren in einer Steinkiste beigesetzt,
die einen Teil der südlichen Langseite des Schiffes bildet. Sie ent-
hielt eine vortrefflich erhaltene Tonurne mit Stoffresten und Grab-
beigaben aus Bronze. Ein Stein zeigte merkwiirdige Zeichnungen.
Bisher kannte man nur ein einziges Grab mit „hällristningar“, das
Königsgrab zu Kivik; das Hasslöfgrab aber ermöglicht eine Datie-
rung der hällristningar, da es mit großer Wahrscheinlichkeit in das
Bronzealter etwa um 1000 v. Chr. zu setzen ist. Die bisher be-
kannten Schiffsgräber aus der Bronzezeit (auf Gotland) sind sämt-
lich oberirdisch. Arthur Norden ist der Ansicht, daß die Form des
Grabschiffes auf verwandte ägyptische Schiffsgrabformen hinweist.
Die Untersuchung des Fundes wird fortgesetzt; er ist jedenfalls in
verscliiedener Hinsicht einzigartig und verspricht wertvolle Auf-
schlüsse zur Kultur- und Religionsgeschichte der germanischen
Bronzezeit.

Seit vielen Jahren arbeitet Gustav Vigeland bereits an der
gigantischen B r u n n e n a p 1 a g e f ü r O s 1 o , die, wenn sie
einmal vollendet ist, nach ihren Abmessungen wie nach ihrem Reich-
tume an plastischen Figuren kein Seitensttick haben wird. Als
Mittelpunkt der Gesamtanlage ist ein gewaltiger Monolith gedacht.
Dieser Monolith ist nunmehr von der Bruchstelle nach Oslo beför-
dert worden. Man sah dem Transporte, der auf dem Seewege er-
folgte und besondere technische Vorbereitungen erforderte, nicht
ohne Besorgnis entgegen, aber er lief dank der umsichtigen Leitung
durch Jngenieur Eeg-Henriksen und dank der, Gunst des Wetters
glücklich ab, und nun wird der Riesenstein von der Landungsstelle
langsam zum Platze der Brunnenanlage weiterverbracht. Mit niclit
geringerer Spannung als diesen Transport begleitete ganz Oslo den
des Osebergschiffes, jenes einzigartigen Denkmals der
Wikingerkultur und -kunst, das aus dem Schuppeu hinter der Uni-
versität, der es zwanzig Jahre beherbergt hat, nach Bygdö über-
führt wurde, wo es In einem Neubau des Volksmuseums endgiltig
aufgestellt werden soll. Das ehrwürdige Königsgrabschiff wurde
zu dieser seiner vermutlich letzten Fahrt auf Schienen gesetzt und
so mitten durch die Stadt befördert. Die Zeitungen brachten fort-
laufend „Bulletins“ iiber den Fortgang der Unternehmung. Das
Schiff mußte nahe der Karl Johannstraße übernachten und wurde
dabei von einem ttichtigen Regengusse gründlich abgewaschen. Es
war ein sehr merkwürdiges Bild, dies mehr als tausend Jahre alte
Denkmal in dem Ralimen einer modernen Großstadt zu sehen. Der
Schlußteil der Fahrt wurde zu Wasser zuriickgelegt; noch einmal
konnte das Osebergschiff die Fahrwasser grüßen, in denen es einst
gesegelt war. Jetzt harrt es in einem Schuppen auf Bygdö der end-
giltigen Ueberführung in das künftige Wikingermuseum. r.

Sct)weizeti&)e Kunttcbronik.

In der Ulirenstadt La-Chaux-de-Fonds ist ein neues
Museum eröffnet worden, das den Griindern zur Ehre gereicht und
die bisher in jahrzehntelangem Provisorium verwahrten Gemälde,
Stiche und Plastiken endlich passend zur Geltung bringt. Euro-
päische Wertc wird in der abgelegenen Industriestadt niemand
suclien, aber die einheimische und kantonale, sehr beachtenwerte
Kunst — deren ältere Periode in niemand geringerem als Leopold
Robert gegipfelt hat —, sind recht erfreulich vertreten.

In der eben begonnenen Genfersaison jagt eine Ausstel-
lung die anderc, aber die wenigsten verdienen auch nur iiber dic
Stadt-, geschweige die Landesgrenzen hinaus Beachtung. Hoff-
nungen setzte man auf eine mit viel Geräusch lancierte Fran-
z o s c n ausstellung im großen Museum, sie ist jedoch gründlich
mißraten, weil man ihre Bestellung den Vertretern verschiedener

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