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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI Heft:
1/2. Dezemberheft
DOI Artikel:
Hartlaub, Gustav Friedrich: Aufgaben des modernen Kunstmuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0155

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von Wölfflin geschaffenen Methoden formaler Erkennt-
nis, insbesondere das von ihm mit solchem Erfolg ange-
führte Mittel des direkten Vergleichs, anch bei
den mehr volkstümlichen Vorträgen und Eührungen im
Kunstmuseum vor einem nicht akademischen Publikum
das Höchste zu leisten vermögen. Tritt dann nocli zur
Erkenntnis des Eormalen die allgemeine Beziehung des
Stils zu den übrigen Geistesinhalten einer Kulturperiode,
so verbindet der Kunstvortrag in vorbildlicher Weise
Anleitung zum S e h e n und zum E r k e n n e n ,
aesthetische Würdigung des Einzelkunstwerks und Klä-
rung iiber die kulturgeschichtliche Bedingtheit aller
schöpferischen Leistungen. Sowohl der rein künstlerisch
wie der rnehr geschichtlich eingestellte Zuhörer, der
nach weltanschaulichen Zusammenhängen verlangende
Geist nicht wenjger als der welcher in der Einmaligkeit
der schöpferischen Leistungen sein Genüge findet — sie
kommen beide bei einer derartigen Betrachtungsweise
auf ihre Rechnung. Tatsächlich hat man z. B. in Mann-
heim in den Vorträgen des sog. Freien Bundes die ver-
gleichende Formbetrachtung eines Wölfflin mit der all-
geinein kulturgeschichtlichen Einbeziehung, wie sie
andere Forscher betreiben, viclges.taltig zu verbinden

und hat damit die Kunstvorträge über neue und alte
Perioden der Entwicklung für die verschiedenartigsten
geistigen Bedürfnisse fruchtbar zu machen versucht.

Führungen, erläuternde Redehilfen vor dem Origi-
nalkunstwerk selbst, systematische Vorträge und Vor-
tragsreihen zur neuen und alten Kunst, Vorträge, die
aucli das Jüngste und Fragwürdigste im organischen
Zusammenhang mit dem Gewesenen darstellen: solche
Hilfe zur Verlebendigung hat der Beamte des modernen
Museums täglich zu leisten und gerade dieser Teil seiner
Funktion hat wohl bei der Breite des Museumspubli-
kums den unmittelbarsten Anklang gefunden. Das mo-
derne Museum ist so neben seiner Sammeltätigkeit,
seiner Ausstellungsarbeit schließlich auch zu einer Art
von Akademie geworden, eine Akademie freilich,
die alles andere als ,,akademisch“ zu sein hat, eine Aka-
demie, die keineswegs in erster Linie Wissen und Er-
kenntnisse vermitteln soll, sondern deren einzige Auf-
gabe es ist, durch Ausstrahlung geistig anregenden Le-
bens, jene innere Verbundenheit zwischen Kunstsamm-
lung und Publikum immer wieder zu erneuern, ohne die
ein solches Institut seine innere Berechtigung einbüßt.

Friedrich Feigl, Inder. Aquarell

Aus der Kollektivausstellung Feigl in der Neuen Kunsthandiung in Berlin
 
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