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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI Heft:
1/2. Dezemberheft
DOI Artikel:
Waldmann, Emil: Moderne Wandmalereien im Bremer Ratskeller: ein Werk Karl Dannemanns
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0170

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schüchterner Bravour, einen Raum der alten Berliner
Weinstube von Luther und Wegener mit Szenen aus
den Geschichten E. Th A. Hoffmanns ausgemalt. Dann
half er Slevogt bei seiner Inszenierung der „Dou-Juan-
Aufführung“ in Dresden, inszenierte in Dresden selb-
ständig Busonis „Faust“ und richtete für die Oper in
Hannover mit großein Erfolg die Aufführung der „Zau-
berflöte“ ein. Er hat den Sinn für das Festliche und
Heitere, er beherrscht die musikalisch bes.chwingte Im-
provisation und verfügt jetzt, nach harter, zuchtvoller
Arbeit, über jene Leichtigkeit der Hand, der man die
Mühsal und das harte Ringen init der Durcharbeitung
der Ideen und Bildvorstellungen, mit den Schwierig-

Mänaden, Cymbeln und Pauken, Panther und gefleckte
Tiger und der trunkene Es.el. Einige bremische Lokal-
geschichten durften nicht fehlen, der Ratskellergeist der
„Frau Rose“ gleicli am Eingang, erhielt sein Gegen-
stiick zu der frei erfundenen Komposition vom „Trun-
kenen Wappen“ auf dem ein Weingott mit dem ehr-
würdigen Bremer Schlüssel wie mit einer Pansflöte
hantiert, und eine Querwand eines toten Eckraumes
ward die Malfläche für das einzige wirkliche erzählende
Genrebild, das „Schwarze Loch“, wo nach der Rats.-
kellerlegende einst ein ehrsamer Säufer sich und sein
Seelenheil an den Teufel und die Toten verwürfelte.
Alles Andere ist freie Dekoration aus dem Phantasie-

Karl Dannemann, Das trunkene Wappen

keiten und den Widerständen des Komponierens nicht
mehr anmerkt.

Der Rautn, selbst der strenge gotische Raum mit
tief herabgezogeuen Gewölben, is.t für Dannemann le-
diglich Malfläche. Er dekoriert frei, scheinbar leicht,
über die Flächen hin. Gliederungen und Pfeiler sind für
ihm keine Bindungen, scliief einschneidende Fenster und
Luftlöcher kaum Verlegenheiten. Er faßt die große
Gesamtfläche durch den aus seinen Bildern sich ent-
wickelnden Rhythmus zusammen, malt um Fenster-
kanten herum, läßt ein halbes Bein weg, wenn da
irgendwo ein Luftloch einsclmeidet und malt die andere
Hälfte des. Beines jenseits des Luftloches gemütsruhig
weiter, mag auch ein Architekt solches Tun mit Kopf-
schütteln betrachten. Der Gesamtrhtythmus hält das
Ganze doch zusammen.

Das Thema war inhaltlich gegeben und bedurfte
kaum eingehender Erörterung. Szenen aus dem
bacchischen Kreise. Der Gott und Silen, Satyrn und
Nymphen und, natürlich Liebesgötter, Weingötter und

reich der bacchischen Vorstellungen. Festgeschloss.ene
Gruppen wechseln mit leichtbewegtem Figurenvolk ab,
lockere Reigentänze lösen sich in launig bewegte und
reizend verdrehte Gestalten auf, der Rhythmus steigt
und fällt und steigt wieder und verflattert schließlicli
mit fröhlichem Takt in die leere Luft, und ein überfülltes
„manneken“ eilt zur Treppe.

Natürlich s.ielit man, daß Dannemann Slevogts
Schüler ist. Wo wäre der Bessere, den man, wenn man
Wandmalereien macht, als. Vorbild folgen könnte?
Aber, bei mancher Verwandtschaft in der Behandlung
der Einzelfigur, wahrt der Jüngere in allen entscheiden-
den künstlerischen Eragen seine Eigenart, besonders in
der Flächenführung, wo er sicli sehr stark in das Gebiet
der kontrapos.treichen Zusammenfügung der Gruppen
vorwagt, und im Gebiet der farbigen Gesamthaltung,
wo er sicli behutsame Zurückhaltung auferlegt, mit
sicherem Instinkt dafür, daß in so strengem architek-
tonischen Raum und bei derart leichtem, fließenden
Rhythmns der Komposition ein Wetteifern mit würz-

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