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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0337

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C ^.2

Üom bolländifd)cn Kunßmackt.

Deesdnec Kunßbtnef-

Muller u. Cie. in Amsterdam bringen unter der
Leitung von Ant. W. M. M e n s i n g am 5. April eine Sammlung
von alten Meistern und altem Kunstgewerbe zur Versteigerung.
Zwei Bildnisse des van Dyck sind hier die Hauptstücke: „Die
Rückkehr des Seefahrers“ und das Porträt des Jan de Wouwer.
Ferner enthält die Sammlung neben Brüsseler Tapisserien
aus der Odisseus-Folge (2. Hälfte des 16. Jahrh.) eine Kollektion
von B r o n z e n der italienischen Renaissance, unter deneri sich
Arbeiten von Giovanni da Bologna, Alessandro Vittoria u. a. finden.

Am 26. April beginnt dann bei Muller u. Cie., gleichsam als
Vorspiel zu der Versteigerung der Berliner Sammlung J a m e s
S i m o n, für die aber der Termin noch nicht festgesetzt ist, der
Verkauf der Kollektion Baron J a n s s e n aus Brüssel mit ihrem
Besitz an Frans Hals, Rembrandt (dem winzigen Kopf eines alten
Mannes von 1633), Rubens, van Dyck, Brouwer und den hollän-
dischen Kleinmeistern.

Kunßausßeltungen.

Sabbuüg.

Salzburg bereitet für das Frühjahr eine sehenswerte Veran-
staltung vor: Ueber Anregung und unter Leitung des Salzburger
Museums-Direktors Julius L e i s c h i n g ist eine Ausstellung
„Vom Puppenspiel zum Faust“ in Vorbereitung, die die
Entwicklung des Volksspieles umfassen wird vom Mysterium, vie
es namentlich auch im Salzburgischen seit altersher gepflegt wor-
den, über Puppenspiel und Marionette zum „Faust“ — diesen als
Haupt- und Mittelpunkt — in Bühnenbildern, Figurinen, Modellen,
Inszenierungen, der ganzen Faust-Literatur und Illustration, hat
doch der Weitgereiste auch Salzburg besucht, nach der Ueberliefe-
rung. Einen örtlich besonders naheliegenden und reizvollen An-
hang wird diese Ausstellung durch die Einbeziehung der Hans-
wurst-Komödie erhalten, die ja mit dem Puppenspiel untrennbar
verknüpft ist. Am Palmsonntag zur Eröffnung gelangend, wird die
Salzburger Ausstellung Ende April den Mittelpunkt der Jahres-
Hauptversammlung der „Gesellschaft für das süddeutsche Theater“
bilden, in deren Präsidium Oesterreich durch Hugo v. Hofmanns-
thal vertreten ist. Die Ausstellung, für die geeignete Räume im
Künstlerhause zur Verfügung stehen, dauert vorerst nur bis
Pfingsten.

Stuttgact.

Alfred Hirrlinger stellt aus im März-April: Kollek'tion
Oelgemälde Fürst Albrecht von Urach, Kollektion Oelgemälde und
Graphik Heinr. Baumgärtner, Stuttgart.

*

Im Kunsthaus Schaller : Anfang März bis Anfang April:
Gesamt-Ausstellung P. A. Böckstiegel (40 Gemälde, Aquarelle,
Handzeichnungen und Radierungen).

Utm.

Das Städtische Museum veranstaltet während des
März im Kupferstichkabinett eine große Ausstellung neuer ö s t e r -
reichischer Graphik, die durch eine Ansprache von Hofrat
Tietze-Wien eröffnet wurde und im Schwörhaus eine Ausstel-
lung vorbildlichen oberschwäbischen Kunstgewerbes der Gegen-
wart, hauptsächlich von Handwebereien.

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Die Dresdner Kunstwelt steht gegenwärtig im Zeichen zweier
Ausstellungen, von denen die eine dem Gedächtnis Lovis Corinths,
die andere dem 60. Geburtstage Emil Noldes gilt. Jeder von ihnen
ein Meister seiner Art, beide aber große Gegensätze, die zu über-
brücken ein vergebliches Bemühen wäre. Das eine steht jedoch
fest: die Werke Corinths sind gemeinverständlicher als diejenigen
Noldes, dessen Malerei immer nur einem engeren Kreise verständ-
lich ist und heute noch so umstritten wird wie vor 15 und 20 Jahren.

*Die Gedächtnisausstellung für Corinth wurde
am 22. Januar in den Räumen des Sächsischen Kunst-
vereins auf der Brühlschen Terrasse durch einen feierlichen
Akt eröffnet, dem u. a. Vertreter der staatlichen und städtischen
Behörden mit dem Ministerpräsdenten Heldt an der Spitze, Vertre-
ter der Akademie und der Künstlerschaft, sowie die Witwe Corinths
beiwohnten. Nach begrüßenden Worten des Vorsitzenden des
Sächsischen Kunstvereins, Graf v. Seebach, hielt Prof. Dorsch eine
Ansprache, in der er Corinth als Menschen und Künstler würdigte.

Nach der vorjährigen Berliner Ausstellung ist die Dresdner
die vollständigste und reichhaltigste von Werken Corinths, 135
Gemälde, 65 Aquarelle und Zeichnungen, ca. 100 Radierungen,
Lithographien und Holzschnitte umfassend, meist aus Privatbesitz
stammend, und der Sächsische Kunstverein hat keine Mühe ge-
scheut, die gewaltige Sammlung nicht nur aufzubringen, sonderti
auch äußerst übersichtlich, zum Teil, insbesondere bei der Graphik,
nach chronologischen Gesichtspunkten anzuordnen, so daß man
über alle Schaffensperioden des Meisters einen trefflichen und ein-
dringlichen Ueberblick gewinnt. Nach Ueberwindung großer
Schwierigkeiten war es dem Verein auch gelungen, das berühmte
Gemälde „Der KronleuChter“, das im vorigen Jahre auf der inter-
nationalen Kunstausstellung Venedig ausgestellt war und eine
Schaffung Corinths vom Rosenmontag ist, zu erlangen. Von impo-
santer Wirkung ist der große Saal mit den Monumentalgemälden
„Frau mit Putten“, „Susanna mit den beiden Alten“, „Selbstbildnis
am Walchensee“, „Varmencita“, „Ecce Homo“ und dem vielum-
strittenen Bilde des Reichspräsidenten Ebert. Voll tiefer Ergriffen-
heit steht man vor den monumentalen Gemälden „Versuchung des
heiligen Antonius“, der Kreuzigung, des geblendeten und des gefan-
genen Simson, der Pieta u. a., und welche Freude lacht aus dem
Kolossalbilde „Diogenes“ und äus den „Hexen“. Vierzig Selbst-
bildnisse in den verschiedensten Techniken bieten gewissermaße*
eine bildliche Biographie Corinths, wie sie so voll innerer Empfin-
dung nicht besser geschrieben werden könnte. An diese Selbst-
bildnisse hat der Künstler seine ganze Seele gelegt, sie sagen dem
Beschauer wie er lebte, schuf, sich freute und litt. Auf Einzelheiten
weiter einzugehen, erübrigt sich bei einem so oft gewürdigten Mei-
ster wie Corinth. Aber dem Sächsischen Kunstverein gebührt der
innigste Dank, daß er den Dresdner Kunstfreunden den Genuß bie-
tet, sich in das Lebenswerk Lovis Corinths in so ausgiebiger Weise
vertiefen zu können.

Die Jubiläumsausstellung von Emil No 1 de wurde
am 8. Februar im Städtischen Ausstellungsgebäude an der Lenne-
straße durch die Galerie Neue Kunst Fides feierlichts eröffnet,
gerade an demselben Tage, an dem das gleiche Kunstunternehmen
vor zwei Jahren ebenfails eine Nolde-Ausstellung in seinen damals
noch in der Zinzendorfstraße befindlichen Räumen eröffnete.
Reichskunstwart Dr. Redslob, der infolge Todesfalls in der Familie
am Erscheinen verhindert war, sandte ein Telegramm. Die Fest-
rede hielt Museumsdirektor Dr. Alois Schardt (Halle), der in den
Mittelpunkt seiner Ausführungen das Magische, das Persönliche
in Noldes Eigenart stellte und die modernen Bestrebungen in der
Malerei, insbesondere den Expressionismus mit der Romantik ver-
glich, wobei er allerdings selbst zugab, daß der Expressionismus
viele Gegner habe.

Nolde hat sich bald zum Phantastisch-Visionären, zum Magisch-
Mystischen gewandelt, und ihm hier auf seinem einsamen Wege zu
folgen, vvird manchem schvver fallen.

Paul Sorgenfrei-
 
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