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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI Heft:
1./2. Aprilheft
DOI Artikel:
Krötzch, Walther: Kunsthandwerker über ihre Arbeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0378

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— — Schöne Form — — das ist in erster Linie gut abge-
wogene Forrn — ist in allererster Linie materialgerechte Form.
Das Material entscheidet letzten Endes doch iiber den Eindruck
der endgiltigen Erscheinung.

Silber z. B. m u ß gebuckelt sein. Bei ihm m u ß man von
von vornherein mit Liclit und Schatten, mit Glanz und Matte rech-
nen. Silber hat Körper, der fiir sicli lebt. Man kann ein minder-
wertiges Material versilbern, aber das ist niemals, na eben — Silber.
Silber, das ist ganz selbständige Seele.

Für PorzeUan kann ich nicht arbeiten, wenigstens nicht sofort
unter voller kiinstlerischer Verantwortlichkeit. Es ist leicht auf
dem Papier fiir Silber o d e r Porzellan zu „entwerfen“. Ich muß
und ich will aber erst das Material beherrschen, dann kann
ich reifes gestalten.

Ich glaube, meine ganze Art ist Barock. Mit Gotik kann ich
nicht viel anfangen. Renaissance ist mir schrecklich. Aber dieses
reiche, innere Verhaltene des Barock spricht zu mir. Meine Arbei-
ten sind alle irgendwie verwandt mit Barock, nicht in der Einzel-
form, wahrscheinlich im „Silbsr“, in meiner Vorliebe fiir d i e s e s
Material, das so weich, so voll, so reich ist.

Wenn ich an einen Gegenstand herangehe, mache ich erst eine
Zeichnung oder ein Modell. Das ist das erste Formen der Idee. Bei
diesem ersten Darstellen und Festhalten kommen schon allerlei
Zufälligkeiten zur Geltung. Man sieht vielerlei Feinheiten und
Reize, an die man urspriinglich nicht dachte, dasselbe kann ich dann
bei der Arbeit im Material beobachten, — jedes Material hat eben
seine Seele und seine Sprache fiir sich. Es gibt Formen, die nur
in Silber möglich sind, nur silberfähig. Die findet man oft in diesem
ersten, versuchenden, spielenden Gestalten.

Dinge, die Dauerwert haben sollen, miissen auch Dauer-
form und Dauermaterial haben. Verbrauchsdinge fiir den Augen-
blick dtirfen dem augenblicklichen Gefallen und dem geringeren
Materiale nachgehen.

Dauerfonn, das ist solche Form, die aus Zweck, Material und
Teclmik möglichst rein gebildet wird, ohne Ornament, olme Künste-
lei. So bin ich nie für Verquickung von Gebrauchsform mit soge-
nannter Schönheitsform. Ich sah bei den Wienern eine kleine Dose,
auf deren Deckel, groß, ein Hirsch in bewegter Form, mit Geweihen
und mit Blumen und Ranken stand. Fiir mein Empfinden war das
nichts. Was will die Dose darunter? Was will der Hirsch da-
rüber, die hohe Gruppe auf der Dose, fiir die sie nicht Griff und
nicht Zweck ist? Sie ist — nur „Schmuck“, Ornament.

„Was ist ,Ornament?‘ “

Darauf kann ich eine letzte Antwort nicht erlangen: Ornament
ist Aufteilung der Fläche. Schmuck ist Kaprize. Schmuck ist —
Schönheit —, das kann man niclit beantworten. Jedenfalls ist Orna-
ment niclits selbständiges.

Jede direkte Nachahmung der Naturform lehne ich ab. Ich
erinnere an die Elfenbeinrosen, die Großmutter trug. Gut, man soll
sie aufheben als Andenken, als alte Form, aber man soll heute nicht
mehr dasselbe tun. Wir sind andere Menschen als unsere Groß-
eltern. Wir leben hastiger, unter zerreibenderen Verhältnissen als
sie. Wir reagieren schneller, auch fltichtiger, wir brauchen deshalb
andere Formen, wenn sie unseren Bedingungen gerecht werden
sollen. Aber das ist eben die Aufgabe, unsere „Form“ zu fin-
den und zu gestalten.

Form ist Ausdruck m e i n e s Wesens. I c h bin die Arbeit.
Die Arbeit ist mein Wesen. Ich kann nicht Schönheitsform von
Ausdrucksform trennen, weil jede Form, die ich gewoilt, ge-
staltet habe, ich selbst bin. Wenigstens bin ich selbst so
wesentlich drin, daß eine Trennung der Strömungen, die an der
Gestaltung wirkten, nicht mehr möglich ist. Ist die fertige Arbeit
Selungen, dann ist sie eben Ausdruck v o n m i r , und darin ist
a'ler technischer und materialer und Zweckausdruck, ist jede Schön-
heitsform eingeschlossen.



Frau Friede Kieser-Mahrun, Dessau, bildet Tierterrakotten
(Waldkaterkeramik Dessau) von besonderer Höiie. Sie erweist
ehie feinfühlige gltickliche Hand vor allem in der Herausarbeitung




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„Seit Jahrzehnten erprobt und als
der beste in allerWelt anerkannt“

P. RUSCH

DRESDEN = A. Sidonienstrasse 27

Gemälde

Antike Möbel, Gobelins
Porzellane, Tafelsilber

aus der staatlichen Gemäldegalerie,
dem KgL Residenzschloß
und dem Johanneum zu Dresden

T. J6279

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