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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Maiheft
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Winkler, Friedrich: Der Lemberger Dürerfund
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0393

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Die Zeichnungssammlung im Lubomirski-Museum
hat zwei Glanzpunkte: Düier und Rembrandt. Mit
Dürers 26 echten Arbeiten ist fast alles Wichtige ge-
nannt, das aus der Zeit vor 1550 vorhanden ist. Eine
sehr schöne Verkündigung H. H o 1 b e i n s d. Ä., eines
der eindrucksvollsten Werke des Künstlers, und eine
kleine Landschaft von W. H u b e r verdienen noch an-
geführt zu werden. Das dem jüngeren H o 1 b e i n zu-
geschriebene Bildnis ist eine charakteristische Arbeit

Selbstbildnis Diirers von 1493

des Fr. C 1 o u e t oder aus seinem Kreise, wie es deren
noch so viele gibt. hi seinem Aufsatze erwähnt H. S.
Reitlinger noch eine L i o n a r d o nahestehende Zeich-
nung und einen A 11 d o r f e r. Die erstere ist eine ge-
wissenhafte, für den Meister selbst aber trotz bestechen-
der Züge viel zu trockene Arbeit, in der Art des B o 1 -
t r a f f i o. Der Altdorfer ist eine schwache Arbeit der
Donauschule.

Die Liste, die H. S. Reitlinger von den Dürerblättern
aufgestellt hat, ist im allgemeinen zutreffend. Er hat
einen ..Raub der Europa“ (Kreide) nicht aufgenommen,
der ein bemerkenswertes Werk der Frühzeit (im An-
schluß an eine viel erörterte Zeichnung der Albertina)
ist. Die von ihm erwähnte Anbetung des Kindes ist ein
typischer K u 1 m b a c h. Hingegen läßt seine Bespre-
chung der Blätter manchen Zusammenhang unerörtert,

der sich dem mit Dürer Vertrauten schne'll darbietet.
Nahezu die Hälfte aller Zeichnungen sind in seinem Auf-
satze abgebildet. Daß das stolze Selbstbildnis der Wan-
derzeit. das adligste der drei erhaltenen, auf der Rück-
seite 1493 datiert ist, hat Reitlinger übersehen. Diese
Riickseite gehört zum sonderbarsten in Dürers Werk:
sechsmal hat er dasselbe Kissen gezeichnet, mit einer
Besessenheit, die an Menzel erinnert. Den jungen Stier
(Abb. bei Reitlinger) verwendete Dürer in setnem Ent-
wurf für den Stich des verlorenen Sohnes (Britisches
Museum), er ist also um 1496 spätestens entstanden.
Zahlreich sind die Studien nach Akten und für Madonnen,
wie überhaupt in des Künstlers Werk. Die nackte Frau
in der Nische, die wohl in Erinnerung an Venedig ge-
zeichnet wurde, ist gleichzeitig mit der Zeichnung 1498
datiert.

Nicht viel später is.t eine nackte Frau mit einem
Spiegel, von einer Fülle und Weichheit der Formen, die
an Jacopo de Barbari erinnert. Schwer fällt die Wahl
bei den fünf Madonnen. Zwei entzückende kleine Stu-
dieu, eine mit der Feder, die andere in Silberstift (dat.
1513), sprühen den ganzen Zauber derartiger Gelegen-
heitsarbeiten, die Dürer gleichsam zur Uebung des Hand-
gelenkes hinwarf. Den beiden größeren Madonnen (Abb.
bei Reitlinger) ist der reife Zeichnungsstil der Jahre nach
der zweiten italienischen Reise eigen, wo Größe und
Skizzenhaftigkeit der Linienführung sich wundersam
paaren. Die Madonna in der Halle scheint mir eine Vor-
arbeit zu der hervorragenden Baseler Zeichnung von
1509, einer der wenigen bildmäßigen Zerchnungen des
Künstlers, zu sein. Aus dieser Glanzzeit Dürer’schen
Schaffens sind noch mehrere andere Arbeiten, ein erster
köstlicher Entwurf zu den Reliefs der Fuggerkapelle in
Augsburg, der nicht ausgeführt worden ist, Simon mit
den Türen von Gaza, eine meisterliche Draperiestudie
(1511), eine edle Verklärung Christi, die wohl im selben
Zusammenhange wie das Helldunkelblatt der Albertina
von 1507 entstanden ist, und vor allem die farbige Bild-
skizze zu den Nürnberger Kaiserbildern von 1512. Vor
dieser zartgetönten Skizze mit Rahmen wird man wie-
der einmal daran erinnert, daß Dürer so zeitlos wie nur
wenige andere Künstler wirken kann. Leider läßt die
Wiedergabe von diesem Kleinod das Beste, die köst-
liche Kolorierung, aus. Von der zweiten italienischen
Reise scheinen mehrere Blätter in der Sammlung zu
sein: ein Ruderer, ein Kinderköpfchen auf blauem
Papier uud die merkwürdige Kohlezeicnnung von 1505
mit Christus auf dem Bahrtuch, die an mantegneske An-
regungen denken läßt. Schließlich seien noch aus den
späteren Jahren zwei Männerköpfe (wohi 1515 datiert),
ein Entwurf für ein Schmuckstück, wie deren mehrere
erhalten sind, und die bei Reitlinger abgebildete Grab-
legung erwähnt.

Von Tieren, die Dürer häufig gezeichnet hat,
sind eine Pferdestudie mit dem Silberstift, wohl
der Entwurf, der im Stich des kleinen Pferdes benutzt
wurde, und ein Rehkopf (Kopie) zu erwähnen, der das-
selbe Modell wie das schöne Aquarell der Sammlung
Bonnat zeigt. diesmal schärfer im Profil gesehen.

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