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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI Heft:
1./2. Maiheft
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Weigert, Hans: Die Erneuerung des Zwickauer Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0405

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los allen Dingen, aus welcher Zeit und von welchem
Wert sie auch seien, und damit zu einer Anhäufung von
Gegenständen führt, die den einzelnen um seine Wir-
kung bringt und das Museum zum Depot macht. Diese
Gefahr ist hier glücklich vermieden. Jedes Stiick ist
wirkungsvoll aufgestellt und ist Repräsentant einer
Gattung.

Das Interessanteste an der ganzen Neugestaltung ist
die Farbengebung, die Heinrich K o c h vom Dessauer
Bauhaus geschaffen hat. Hier sieht man, wozu konstruk-
tivistische Bilder gemalt werden. Die Ausmalung des
Zwickauer Museums ist angewandter Konstruktivismus.
Nicht etwa, daß sich an den Wänden ein abstraktes For-
rnenspiel breit machte. Die Farbe ordnet sich durchaus
der Architektur unter, bleibt stets sachlich. Aber die
an sich gleichgültige Architektur bekommt durch die
Phantasie des Malers ein Antlitz. Hier wird eine Nische
blau, da ein Simsstreifen rot, dort der schmale Vorsprung
eines Pilasters schwarz gegeben. Zwischen aiesen
sparsamen Akzenten aber nur neutrale, dienende Far-
ben: ocker, blaßgrün, grau. Alles ungemein feinfühlig
aufeinander abgestimmt, so kultiviert, wie es nur die
Frucht über viele Jahre geübter — eben in der abstrak-
ten Malerei geübter — Farbexperimente sein kann.
Erfreulich besonders, daß kein Schema befolgt wird.
Wo die Wände verschiedenen Gegenständen als Hinter-
grund dienen, sind sie verschiedenfarbig gehalten. Wo
der Raum als Einheit wirken soll, wie in der Eingangs-
halle und im Vortragsraum, sind sie einander gleich.
Erstaunlich übrigens, wie sich Architektur durch Farbe

verbessern läßt, wie eine klare, schöne Struktur durch
starkfarbige Akzente sichtbar gemacht wird, und wie
etwa pompöse Stuckkaturen durch kalkige Eintönigkeit
neutralisiert werden können.

Ein bedeutender Gewinn wäre es für die Wirkung
der Eingangshalle, wenn ’das Bronzestandbild König
Albcrts herausgenommen werden könnte, das im Garten
einen trefflichen Platz hätte. Seine ästhetischen Quali-
täten sind an sich schon recht schwach, und in dem jetzi-
gen Stil des Museums wirkt es gänzlich deplaziert. Lei-
der begreift ja heute niemand eine so'lche Frage als das,
was sie in einem Museum doch nun einmal ist, als eine
künstlerische. Sie ist hoffnungslos politisch, obwohl sie
mit der Frage nach den Verdiensten König Aiberts —
die unbedingt zu bejahen ist — hier nichts zu tun hat.

Eine Aufgabe bleibt weiter die Repräsentation der
Gegenwart. Sie ist sehr geschickt, aber nur proviso-
risch durch Zusammenbringen von Leihgaben aus Künst-
ler- und Kunsthandelsbesitz gelöst. Ein Raum gehört
der „Brücke“, an der Zwickau durch den hier geborenen
Pechstein besonderen Anteil hat. Zwei kleine Räume
zeigen Abstrakte und Sacbliche, meist Dresdner.

Nun wäre nur noch die Sammlung von Erinnerungen
an Robert Schumann, auch einen Sohn Zwickaus
museumsgemäß aufzustellen. Jetzt nimmt sie in falsch
verstandener Pietät durch Zusammenhäufung alles
auf Schumann bezügliche den wirklich eindrucksvollen
Stücken ihre Wirkung. Als Ganzes aber darf das
Zwickauer Museum heute schon als Muster eines Pro-
vinzialmuseums gelten.

lieiligenkopf, um 1500
Holz

Zwickau,

Museum

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