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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

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1./2. Juniheft
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Schmitz, Hermann: Schloß Freienwalde als Walter Rathenau-Stiftung: Zur geplanten Eröffnung am 10. Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0464

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men eine gewisse Bedeutung auch für die fernere Ent-
wicklung unserer Museen, Schlösser und ähnlicher Kul-
turstiftungen im Allgemeinen, die in Zukunft mehr als
bisher auf die Opferwiiligkeit und tätige Mitarbeit des
Bürgertums angewiesen sein werden. Im Besonderen
ist die hier gefundene Lösung auch wegweisend für die
Förderung der wichtigen Aufgaben auf dem Gebiete der
Heimatmuseen, namentlich in der Mark Brandenburg
und der Ostmark, wozu die Mitarbeit der Museen der
Landeshauptstadt unentbehrlich ist. Das Innere des
Schlosses ist zum überwiegenden Teile in dem Zustande
erhalten geblieben, in dem es die Königin bei ihrem
Tode 1805 hinterlassen hat; nur die Textilien, Möbel-
bezüge, Fenstervorhänge und Fußteppiche waren so
stark vers.chlissen, daß sie, neben einigen verfallenen
Wandtapeten, von Walter Rathenau ersetzt werden
mußten. Die historischen Räume der Königin s.ollen
allmählich durch charaktervolle Erzeugnisse des
Berliner und märkischen Kunsthandwerks der Zeit
um 1800, wie auch durcli Bilder und Stiche der
früheren Bewohner des Schlosses. und der Ge-
gend, womit Rathenau den Anfang gemacht hatte,
berelchert werden, wie denn auch in pietätvoller
Weise das. Eine oder Andere an Bezügen und Vorhän-
gen ersetzt werden könnte. So wird in diesen fein
proportionierten Räumen mit ihren alten Möbeln und
Papiertapeten ein Bild altpreußischer Wohnungskultur
um 1800 geboten werden, wie es nur in Paretz ähnlich
zu finden ist. Daß die Mitwirkung unserer Museen an
einer Aufgabe wie dieser zeitgernäß ist, ersieht man aus.
den letzten Bulletins des Pennsylvariiamuseums in
Philadelphia, in denen die Einrichtung zweier Land-
lräuser der Umgegend mit Hilfe des Museums bes.chrie-
ben wird. Die von Rathenau selbst bewohnten Räume
im oberen Geschoß sollen teilweise als Gedächtnis für
ihn hergerichtet werden; man will dort seine Büste in
Bronze aufstellen, seine Bildnisse und seine Schriften,
die ja zum Teil im Schlosse oben im Arbeitszimmer,

mit dem Blick auf den Park und das Oderbruch entstan-
den, zusammenstellen. Damit wird zugleich die Erinne-
rung an den Verstorbenen und seine Verdienste um die
Erhaltung dieses Denkmales altpreußischer Kultur um
1800 festgehalten.

Der Park, der mehrere Menschenalter hindurch
jeder durchgreifenden Pflege entbehrt hat, soll durch
den Tiergartendirektor Timm in der Richtung der be-
reits von Rathenau begonnenen Umgestaltungen nach
und nach neu geordnet werden. Es sind bereits vor
dem Schloß neue Rasenflächen, Blumenbeete und Wege
entstanden, und der Park hinter dem Schloß ist durch
einen neuen Weg an der Berglehne entlang um eine
herrliche Aussicht auf die Stadt Freienwalde und das
Oderbruch bereichert worden. Neue Bäume, teilweise
Geschenke der Firma Spaeth, werden gepflanzt; durch
Aribringung von Namen an ihnen sollen Naturkennt-
nisse verbreitet werden. Durch den Vogelkenner
Freiherrn von Berlepsch sind zahlreiche Nis.tstätten für
die märkische Vogelwelt geschaffen, und als ein kleiner
Zug des schönen Bürgersinnes, in dem die Schöpfung
umgewandelt wird, sei erwähnt, daß Herr Landrat
Mengel Papierkörbe aus Beton aufstellen läßt, die mit
Ins.chriften von Oberbarnimer Heimatdichtern besetzt
sind, in denen das Publikum in poetischer und heiterer
Form um Sauberhaltung und Schutz des nunmehr der
Oeffentlichkeit gehörenden Besitzes gebeten wlrd.

Eine reichillustrierte Festschrift mit einem Vorwort
des Herrn Landrat Mengei, dem Andenken Walter
Rathenaus gewidmet, wird zur Eröffnung erscheinen.
Gerhart Hauptmann hatte die Freundlichkeit, eine Wid-
mung zur Erinnerung an uns.eren verstorbenen Freund
und seine Stiftung beizusteuern, deren letzter Satz hier
eine Stelle finde: ,,So wir auch mir in glücklicher Zeit,
stehen nun die gastfreien Pforten von Park und Schloß
Freienwalde allen offen, ein Segen für viele Generatio-
nen, das dem Donator zum schönen dauernden Denkmal
werden möge.“

Platte eines Nähtisches
der Königin Luise
von E. Kürsten
in Orlamünde 1803

Schloß Freienwalde

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