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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI issue:
1./2. Juliheft
DOI article:
Waldmann, Emil: Max Liebermann: Zum 80. Geburtstage am 20. Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0492

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Max Liebermann, Bildnis Adolph Goldschmidt. Radierung
Paul Cassirer, Berlin

anders. Aber wenn man den großen und naturhaft ein-
fachen Gedanken kennt, aus dem dieser Reichtum ge-
boren wurde, beginnt sich alles zu ordnen und zu klä-
ren, von allen Seiten her und wie in einem bunten
Mosaik, Stein zu Stein so fügt sich Bild zu Bild zu
einem Gesamtwerk von äußerstem Gleichgewicht. Yom
Standpunkt der Netzeflickerinnen, diesem Meisterwerk
schwellendster Tonmalerei im Freilicht, angesehen, er-
scheint vielleicht die Linnenkammer und der Waisenhof

Max Liebermann, Bildnis Professor Albert Einstein

Nebenwerk. Verfolgt man aber die Linie der Farbe
zurtick bis in die kleinen bunten Dorflandschaften aus
Scheveningen und dann vorwärts bis zu den Reihen am
Meer und den Tennisspielern am Strande und von da
aus weiter bis in die Wannseegärten und das Interieur
mit der Familie, dann sieht man, daß der Kolorismus des
Meisters sich genau so folgerichtig entwickelt und
immer gesteigert hat, wie seine Tonmalerei und wie der
große und immer magistraler werdende Stil seiner

Max Liebermann, Schustermädchen
Ausstellung der Galerien Thannhauser, Berlin

Zeichnung, genau so logisch auch, wie der Prozeß der
Formauflösung durch das Licht und der Formverdich-
tung durch die innere Struktur. Dann steht man vor
dem begeisternden Schauspiel eines künstlerischen
Lebens, das zugleich immer reicher und vielseitiger,
zugleich aber auch immer strenger und beherrschter
die Natur meistert, die eigene und die andre, die Welt.
Nach dem Gesetz, nach dem es angetreten. Wer den
Wannseegarten vom Jahre 1925 sieht und daneben die
Bleiche und weiß sonst nichts von Max Liebermann,
also etwa ein Amerikaner, muß nicht unbedingt auf den
Gedanken kommen, daß dies nun derselbe Maler ge-

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