Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0546
DOI Heft:
1./2. Augustheft
DOI Artikel:Kühnel, Ernst: Die Ausstellung islamischer Kunst im Haag
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0546
Dekor als typisch angesehen werden können? Das
beste, bisher bekannte Beispiel einer Verbindung von
Minai-Dekor iiber der Glasur mit Lüstermalerei zeigt
eine sehr instruktive, leider fragmentarische Sternfliese
der Herren Stora, übrigens ganz im Stil der Bagdader
Schule um 1200 gezeichnet.
Zur Frage der in der ietzten Zeit in erheblicher
Zahl und in nicht immer einwandfreien Stücke aufge-
tauchten „primitiven“ persischen Fayencen der Ghabri-,
Amol-, Hamadarrichtung erfuhr man im Haag kaum
etwas Neues, dagegen brachte eine weiße, harte und
völlig durchsichtige Schale des Rijksmuseums in Ant-
werpen, vom 11. Jahrh. etwa, von neuem das schon
wiederholt diskutierte Problem zur Sprache, ob man
nicht doch im Mittelalter vorübergehend Kaolinerde
auch in Persien gefunden und verarbeitet hat, wenn
auch vielleicht in so geringen Mengen, daß eine längere
Ausbeutung nicht möglich war, ist schwer zu glauben,
daß so ausgesprochene Porzellanqualitäten lediglich
durch stärkere Durchsetzung des Tons mit Glasurmasse
und durch ein bestimmtes Brennverfahren erzielt wor-
den sein sollten. Dieseibe Frage ist schon angesichts
der — ebenfalls ausgestellten — porzellanartigen
Flasche des Schloßmuseums für die Zeit des Schah
Abbas aufgeworfen worden. Die Lokalisierung einer
sowohl in Samarra wie in Samarkand gefundenen, von
der chinesischen Ueberlaufkeramik der Tangzeit augen-
scheinlich stark beeinflußten Fayencen des 9. bis 10.
Jahrh. steht noch aus; im Haag war auch diese seltene
Ware vertreten. Schließlich wäre unter der türkischen
Gruppe ein in seiner Art äußerst seltenes Schreibzeug
der Godmar Collection hervorzuheben, blau in blau
bemalt von der Richtung, die man als „frühe Kutahia-
Ware“ zu bezeichnen sich allmählich gewöhnt hat. Die
Identifizierung der unvergleichlich viel zahlreicheren
Abb. 4. Fayenceschale mit figürlichem Motiv. Persien, um 1300 (?)
Sammlung Bachst'itz, Haag
Abb. 5. Emaillierte und vergoldete Glasflasche. Syrien, um 1300
Sir Rob. Abdy, Paris
sog. Rhodosfayencen mit der notorisch hoch entwickel-
ten Produktion von Isnik stößt wohl kaum noch auf
Widerspruch; wer ihn laut werden lassen wollte, wird
sich immer erst mit dem — ebenfalls ausgestellten —
Krugdeckel des Museums zu Halle auseinandersetzen
müssen, der außer dem Datum 1582 die Inschrift trägt:
„Zu Nicäa bin ich gemacht und nun per Halle in Sachsen
bracht“ und seiner Form nach unzweifelhaft auf einem
typischen, zylindrischen „Rhodoskrug“ gesessen
haben muß.
Unter den G 1 ä s e r n bemerkte man neben zwei
anderen Prunkstücken die nur wenigen Fachleuten
durch Autopsie bekannte, große bauchige Flasche aus
dem Besitz von Sir Rob. Abdy (früher Sammlung Osma
in Madrid) mit Emaillierung und Vergoldung bester
Qualität und Zeichnung im reifen Mamlukenstil um
1300 (Abb. 5). Die begehrte Gattung der im Relief-
sclinitt dekorierten „Hedwigsgläser“ war durch das
prächtige Amsterdamer Exemplar sehr vorteilhaft
repräsentiert, und von den etwa gleichzeitig — 11. Jalir-
hundert — entstandenen fatimidischen Bergkristall-
arbeiten gab ein wenig bekanntes Reliquar in Löwen-
form aus der Sammlung Homberg Kunde.
Die schwächere Seite der Ausstellung bildeten
wohl die Teppiche, die ja aber bei anderen Gelegen-
heiten oft genug studiert werden können; unter den
Stoffen fiel eine schöne Gold- und Seidenwirkerei auf
Leinen als seltenes Erzeugnis einer zweifellos andalu-
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beste, bisher bekannte Beispiel einer Verbindung von
Minai-Dekor iiber der Glasur mit Lüstermalerei zeigt
eine sehr instruktive, leider fragmentarische Sternfliese
der Herren Stora, übrigens ganz im Stil der Bagdader
Schule um 1200 gezeichnet.
Zur Frage der in der ietzten Zeit in erheblicher
Zahl und in nicht immer einwandfreien Stücke aufge-
tauchten „primitiven“ persischen Fayencen der Ghabri-,
Amol-, Hamadarrichtung erfuhr man im Haag kaum
etwas Neues, dagegen brachte eine weiße, harte und
völlig durchsichtige Schale des Rijksmuseums in Ant-
werpen, vom 11. Jahrh. etwa, von neuem das schon
wiederholt diskutierte Problem zur Sprache, ob man
nicht doch im Mittelalter vorübergehend Kaolinerde
auch in Persien gefunden und verarbeitet hat, wenn
auch vielleicht in so geringen Mengen, daß eine längere
Ausbeutung nicht möglich war, ist schwer zu glauben,
daß so ausgesprochene Porzellanqualitäten lediglich
durch stärkere Durchsetzung des Tons mit Glasurmasse
und durch ein bestimmtes Brennverfahren erzielt wor-
den sein sollten. Dieseibe Frage ist schon angesichts
der — ebenfalls ausgestellten — porzellanartigen
Flasche des Schloßmuseums für die Zeit des Schah
Abbas aufgeworfen worden. Die Lokalisierung einer
sowohl in Samarra wie in Samarkand gefundenen, von
der chinesischen Ueberlaufkeramik der Tangzeit augen-
scheinlich stark beeinflußten Fayencen des 9. bis 10.
Jahrh. steht noch aus; im Haag war auch diese seltene
Ware vertreten. Schließlich wäre unter der türkischen
Gruppe ein in seiner Art äußerst seltenes Schreibzeug
der Godmar Collection hervorzuheben, blau in blau
bemalt von der Richtung, die man als „frühe Kutahia-
Ware“ zu bezeichnen sich allmählich gewöhnt hat. Die
Identifizierung der unvergleichlich viel zahlreicheren
Abb. 4. Fayenceschale mit figürlichem Motiv. Persien, um 1300 (?)
Sammlung Bachst'itz, Haag
Abb. 5. Emaillierte und vergoldete Glasflasche. Syrien, um 1300
Sir Rob. Abdy, Paris
sog. Rhodosfayencen mit der notorisch hoch entwickel-
ten Produktion von Isnik stößt wohl kaum noch auf
Widerspruch; wer ihn laut werden lassen wollte, wird
sich immer erst mit dem — ebenfalls ausgestellten —
Krugdeckel des Museums zu Halle auseinandersetzen
müssen, der außer dem Datum 1582 die Inschrift trägt:
„Zu Nicäa bin ich gemacht und nun per Halle in Sachsen
bracht“ und seiner Form nach unzweifelhaft auf einem
typischen, zylindrischen „Rhodoskrug“ gesessen
haben muß.
Unter den G 1 ä s e r n bemerkte man neben zwei
anderen Prunkstücken die nur wenigen Fachleuten
durch Autopsie bekannte, große bauchige Flasche aus
dem Besitz von Sir Rob. Abdy (früher Sammlung Osma
in Madrid) mit Emaillierung und Vergoldung bester
Qualität und Zeichnung im reifen Mamlukenstil um
1300 (Abb. 5). Die begehrte Gattung der im Relief-
sclinitt dekorierten „Hedwigsgläser“ war durch das
prächtige Amsterdamer Exemplar sehr vorteilhaft
repräsentiert, und von den etwa gleichzeitig — 11. Jalir-
hundert — entstandenen fatimidischen Bergkristall-
arbeiten gab ein wenig bekanntes Reliquar in Löwen-
form aus der Sammlung Homberg Kunde.
Die schwächere Seite der Ausstellung bildeten
wohl die Teppiche, die ja aber bei anderen Gelegen-
heiten oft genug studiert werden können; unter den
Stoffen fiel eine schöne Gold- und Seidenwirkerei auf
Leinen als seltenes Erzeugnis einer zweifellos andalu-
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