JHeue Kunffbücbet’.
Künfftet? übet? Kun{i.
Die formal-ästheiische Betrachtung des Kunstwerks bleibt
notwendigerweise oberflächenhaft, sie umgreift den optischen Be-
stand und gibt so allerdings der wissenschaftlichen Kunstbetrach-
tung eine sichere methodische Grundlage, aber sie dringt nicht vor
von der Schale zum Kern, vom Außen zum Innen, durch die Er-
scheinung zum Wesen. Was heute durchschnittlich in der Kunst-
geschichte geleistet w'ird, bleibt, sofern es überhaupt iiber eine
formal-ästhetische Analyse hinausgeht, hn Subjektiven verhaftet.
Je weniger man sich aber am rein Formalen des Kunstwerks oder
seiner bloß subjektiven Wertung geniigen läßt, desto mehr wird
man nacli einem Maß suchen, dessen objektive Geltung durch den
unmittelbaren Zusammenhng mit dem Kunstschaffen selbst ver-
biirgt ist.
Die mittelalterliche Kunst steht im geistigen Kosmos iiber-
individueller Werte. In ilir ist alle persönliche Prägung sekundär.
Seit der Renaissance aber tritt der Kiinstler als Individualität in
seinem Werke hervor, ja das Maß rulit nur im Einzelmenschen, so
daß jetzt Heines Forderung Geltung erhält: ,,Jedes neue Kunstgenie
muß nach seiner eigenen mitgebrachten Aesthetik beurteilt wer-
deu.“ Ausdruck findet diese für das gesamte Kunstschaffen der
Neuzeit entscheidende Wandlung schon darin, daß seit Mantegna,
Michelangelo und Dürer die Kiinstler — und zwar mit fortschrei-
tender Auflösung aller überindividuellen Bindung immer häufiger
und nachdrücklicher — iiber Art oder Ziel, Wesen oder Absicht
ihres Schaffens vor sich selbst und anderen Rechenschaft ablegen.
Das Kunstschaffen wird erst jetzt i.zur volllbe wußten
g e i s t i ge n T a t, und je mehr es sich iiber bloße handwerkliche
Virtuosität erhebt, je eigenwilliger ein Künstler gestaltet, desto deut-
licher tritt dies in die Erscheinung. Gewisse überindiv'iduelle Kate-
gorien bestehen zwar auch jetzt noch, aber sie setzen dem moder-
nen Kiinstler nicht unbediingt Maß und Grenze. Die letzte sichere
Grundlage für jede tiefere Deutung des Kunstwerks gibt so das
persönliche Ausmaß ihres Schöpfers selbst. Dies gilt vor allem
für das 19. Jahrhundert, in dem die grundlegende Wandlung „vom
Naturgegebenen zum Selbstschöpferischen des Geistes“ in der
Kunst langsam einsetzt. Die tatsächliche Wechselbezielnmg, wie
sie bisher während der ganzen europäisclien Kultur zwischen
Mensch und Natur bestand, hört melir und mehr auf, indem jene
geistige, noch lieute nicht sinnenhaft vom Erlebnis her zu dureh-
dringende Welt außerhalb der Natur entstelit, die in der Technik
sich eine neue Wirklichkeit geschaffen hat und iliren Ausdruck in
einer wachsenden Unabhängigkeit des Menschen von allem Außer-
menschlichen — das ist der äußerste Gegensatz zu der früheren
Beherrschung der Natur durcli den Menschen als dem ihr einbe-
zogenen Mittelpunkt findet. Von der unmittelbaren Auswirkung
dieser Entwicklung zeugen die Bekenntn'isse und programmatischen
Aeußerungen der Kiinstler der jüngsten und allerjüngsten Zeit.
Mögen sie der Betrachtung auch nicht unbedingtes Maß geben, so
bereitet ihr Studium, wie das der Künstlerbriefe seit der Renais-
sance überhaupt, doch das ge'istesgeschichtliche Eun-
d a m e n t d e r Kunstgeschichte, das vor rein ästheti-
scher Wertung bewahren kann. Auch iiber das wissensohaftliche
Interesse hinaus werden solche Dokumente fiir die Wiirdigung der
künstlerischen Tat bedeutungsvoll fiir alle, die eine formalistische
Kunstbetrachtung unbefriedigt läßt und als ganze Menschen vom
Kunstwerk ergriffen werden wollen.
Wer die Künstlerbriefe aus den letzten fiinf Jahrhunderten liest,
die Hermann U li d e - B e r n a y s in einem schmucken Dünndruck-
band zusammengestellt hat,*) wird nicht selten betroffen werden
von der unmittelbaren Beziehung, die zwischen dem brieflichen und
künstlerischen Ausdruck ein und desselben Menschen besteht.
*) Künstlerbriefe über Kunst. Bekenntnisse von Malern, Archi-
tekten und Bildhauern aus fünf Jahrlnmderten. Mit sechzig Selbst-
bildnissen und den Künstlerunterschriften. Dresden, Verlag Wolf-
gang Jess.
ORIGINAL-GRAPHIK
ALTER UND MODERNER MEISTER
Aldegrever, Altdorfer, Amman, Bacfchuizen, Bega, Beham, della
Bella, Belotto, Berghem, Binfc, Bol, Breenberg, Breughel, Callot,
Canale, Claude, Cranach, Drevet, Dürer, v. Dycfc, Edelincfc,
Gellie, Goltzius, Goya, Hollar, Lautensacfc, Leyden, Masson, Nan-
teuil, Ostade, Rembrandt, Ruisdael, Schongauer, Waterloo, Zeeman
-Helvetfaca-
Appian, Besnard, Bone, Bracquemond Buhot, Cameron, Corot,
Daubigny, Daumler, Forain, Haden, Legros, Lepere, Manet,
Meryon, Millet, Whistler, Zorn
Kalalog XVIII: Spezialverzeichnisse: Angeren, Daubigny, Daumler, Haden,
Jaque, Klipstein, Legros, Maclauglan, Whistler, Zorn.
Neu erschienen: Kompletter Katalog Nr. XXII, reich illustriert, Preis frs. S.—,
und Supplement-Katalog Nr. XXIII, relch illustriert, Preis frs. 3 —
GUTEKUNST & KLIPSTEIN
BERN (Schweiz) Hotelg;asse 811
i_i
Wenige Worte offenbaren uns oft Wesentliches von dem künst-
lerischen Werke des Briefschreibers. Wir begreifen Delacroixs
bewußten Durehbruch vom Klassizismus zuin Impressionismus,
wenn wir in einem einer Briefe lesen: ,,Ich bin an meinem Fenster
und sehe die schönste Landschaft, der Gedanke an eine Linie kommt
mir nicht in den Sinn: die Lerche singt, der Fluß spiegelt tausend
Diamanten, das Laub flüstert . . .“ Könnte das Wesen Millet’scher
Kunst besser umschrieben werden, als mit diesen, Millets eige-
nen Worten: „Ich habe mit einem gewissen Schauder all das
vermieden, was nacli Sentimalität aussehen könnte, im Gegenteil,
mein Trachten ist dahin gegangen, daß sie (die wasserschöpfende
Frau) schlicht und brav und ohne das Gefühl aufkoinmen zu lassen,
daß sie Frondienste leistet, ein Werk ist, das neben den andern
häuslichen Arbeiten für sie eine alltägliche Beschäftigung ist und
die Gewohnheit ihres Lebens bifdet.“ Die Eigenwilligkeit eines
M a r 6 e s cder v a n G o g h spricht sich wie im Werke so im
LUDWIGS GALERIE / OTTO H. NATHAN
Ludwlgstr. 6 MÜNCHEN Telefon 20970
GEMÄLDE ERSTEN RANGES
Insbesondere des 19.Jahrhunderts
Katalog auf Wunsch kostenfrei
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Kupfet?0id) s Kabmett
AntonsgafTe 5 Kö tn
Qcoßes Lagec in wectvollen alten Stiehen,
Llandseiepnungen, Qemälden, Antiquitäten
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KUNSTHAUS
PRO ARTE
BASEL
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MÖBEL
BLUMENRAIN 24
DIR. Dr. J. COULIN
513
Künfftet? übet? Kun{i.
Die formal-ästheiische Betrachtung des Kunstwerks bleibt
notwendigerweise oberflächenhaft, sie umgreift den optischen Be-
stand und gibt so allerdings der wissenschaftlichen Kunstbetrach-
tung eine sichere methodische Grundlage, aber sie dringt nicht vor
von der Schale zum Kern, vom Außen zum Innen, durch die Er-
scheinung zum Wesen. Was heute durchschnittlich in der Kunst-
geschichte geleistet w'ird, bleibt, sofern es überhaupt iiber eine
formal-ästhetische Analyse hinausgeht, hn Subjektiven verhaftet.
Je weniger man sich aber am rein Formalen des Kunstwerks oder
seiner bloß subjektiven Wertung geniigen läßt, desto mehr wird
man nacli einem Maß suchen, dessen objektive Geltung durch den
unmittelbaren Zusammenhng mit dem Kunstschaffen selbst ver-
biirgt ist.
Die mittelalterliche Kunst steht im geistigen Kosmos iiber-
individueller Werte. In ilir ist alle persönliche Prägung sekundär.
Seit der Renaissance aber tritt der Kiinstler als Individualität in
seinem Werke hervor, ja das Maß rulit nur im Einzelmenschen, so
daß jetzt Heines Forderung Geltung erhält: ,,Jedes neue Kunstgenie
muß nach seiner eigenen mitgebrachten Aesthetik beurteilt wer-
deu.“ Ausdruck findet diese für das gesamte Kunstschaffen der
Neuzeit entscheidende Wandlung schon darin, daß seit Mantegna,
Michelangelo und Dürer die Kiinstler — und zwar mit fortschrei-
tender Auflösung aller überindividuellen Bindung immer häufiger
und nachdrücklicher — iiber Art oder Ziel, Wesen oder Absicht
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Das Kunstschaffen wird erst jetzt i.zur volllbe wußten
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Virtuosität erhebt, je eigenwilliger ein Künstler gestaltet, desto deut-
licher tritt dies in die Erscheinung. Gewisse überindiv'iduelle Kate-
gorien bestehen zwar auch jetzt noch, aber sie setzen dem moder-
nen Kiinstler nicht unbediingt Maß und Grenze. Die letzte sichere
Grundlage für jede tiefere Deutung des Kunstwerks gibt so das
persönliche Ausmaß ihres Schöpfers selbst. Dies gilt vor allem
für das 19. Jahrhundert, in dem die grundlegende Wandlung „vom
Naturgegebenen zum Selbstschöpferischen des Geistes“ in der
Kunst langsam einsetzt. Die tatsächliche Wechselbezielnmg, wie
sie bisher während der ganzen europäisclien Kultur zwischen
Mensch und Natur bestand, hört melir und mehr auf, indem jene
geistige, noch lieute nicht sinnenhaft vom Erlebnis her zu dureh-
dringende Welt außerhalb der Natur entstelit, die in der Technik
sich eine neue Wirklichkeit geschaffen hat und iliren Ausdruck in
einer wachsenden Unabhängigkeit des Menschen von allem Außer-
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Beherrschung der Natur durcli den Menschen als dem ihr einbe-
zogenen Mittelpunkt findet. Von der unmittelbaren Auswirkung
dieser Entwicklung zeugen die Bekenntn'isse und programmatischen
Aeußerungen der Kiinstler der jüngsten und allerjüngsten Zeit.
Mögen sie der Betrachtung auch nicht unbedingtes Maß geben, so
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sance überhaupt, doch das ge'istesgeschichtliche Eun-
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Kunstbetrachtung unbefriedigt läßt und als ganze Menschen vom
Kunstwerk ergriffen werden wollen.
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lerischen Werke des Briefschreibers. Wir begreifen Delacroixs
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und sehe die schönste Landschaft, der Gedanke an eine Linie kommt
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Kunst besser umschrieben werden, als mit diesen, Millets eige-
nen Worten: „Ich habe mit einem gewissen Schauder all das
vermieden, was nacli Sentimalität aussehen könnte, im Gegenteil,
mein Trachten ist dahin gegangen, daß sie (die wasserschöpfende
Frau) schlicht und brav und ohne das Gefühl aufkoinmen zu lassen,
daß sie Frondienste leistet, ein Werk ist, das neben den andern
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