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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Curjel, Hans: Zu Ewald Dülbergs Don-Giovanni-Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0130

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perer, der in bezug auf das Leben der Bühne
im gleichen Maß das Verlogene oder Aufgelegte
zu verbannen weiß wie in bezug auf das rein
Musikalische.

Gerade dieses, die Verbannung des geistigen
Talmi, ist das Wesentliche der Wiesbadener Don-
Giovanni - Aufführung gewesen. Wir verfolgen
diese im heutigen Opernleben selten, um nicht zu
sagen nie vorhandene rücksichtslose Sauberkeit,
die sich selbstverständlich in der musikalischen
Verwirklichung durch Klemperer wie auch in
der dienenden Regie Hagemanns gleicherweise
zeigte, allein an Dülbergs Anteil.
Das grundsätzlich W ichtige ist die Einstellung,
die Dülbcrg der Arbeit gegenüber eingenommen
hat und die Vorbedingungen, die er dafür mit-
bringt. Die Szene wächst unmittelbar aus dem
Werk hervor, das aus den beiden gleich starken
Komponenten Handlung und Musik besteht.
Sachliche Kenntnis des Werks in bezuff auf den

D

Verlauf der Handlung wie in bezug auf die
Musik ist Voraussetzung. In ihrem Dienst steht
der Bülinenbau, der statt „prachtvoller farben-

prächtiger Bilder" (o falsches Gefühl!) Spiel-
räume schafft, die den einzelnen Szenen ebenso
die volle Entwicklung erlauben wie sie ihrer-
seits mit durchgehenden Baugliedern die Hand-
lung als Ganzes zusammenfassen. Diese grund-
sätzliche Einstellung Dülbergs bringt es mit
sich, daß alle peinlichen und halbpeinlichen
Mätzchen, alles Knallige oder Aufdringliche weg-
fällt. So allein kann das Werk in seiner vollen
Kraft sich entfalten; es bedarf weder witziger
Unterstreichungen noch der Krücken moderner
Bearbeitung. So ist es die positive Folge der
Arbeitsweise Dülbergs, daß im Prinzip mög-
lichst auf das Original und seine Bühnenanwci-
sungen zurückgegriffen «erden konnte.
Dieses Zurückgreifen auf das Original besteht
nun selbstverständlich nicht in einer wortge-
treuen Reproduktion des Szenehbildes und der
Kostüme, wie sie zu Mozarts Zeit verwendet
wurden. Buchstabenglauben wäre ja auch hier
völlig fehl am Ort. Allein das reine Wesen des
Originals ist gefaßt, durch die volle Ausnützung
moderner Bühnentechnik die einzig richtige Art

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