Die Jenaer Reklamelampen
Ausgehend von der Überlegung, ob es nicht mög-
lich sei, die zahlreichen, im Beleuchtungsplan
der Städte ausgeschalteten Gasarme und Kande-
laber sinnvoll zu verwenden, sind die Jenaer
Reklamelampen entstanden. Es ist damit eine
neue Art von Geschäftsreklame geschaffen, die
vielfache Vorzüge hat, da sie am Tage schon
augenfälliger ist, als die im Straßenbilde bisher
üblichen Formen der Werbung, und abends
in Mittel- und Kleinstädten oder in engen Groß-
stadtstraßen tatsächlich beherrschend hervortritt.
Ganz dem Zweck entsprechendes Material und
strenge Sachlichkeit in seiner Anwendung brin-
gen diese Wirkung hervor. Der Text der Re-
klame bedingt die Form der Lampe und die
Anordnung der Farben. Die Herstellung der Lam-
pen aus T- und Winkeleisenleilen verlangt äu-
ßerste Ökonomie und Einfachheit der Form.
Farbe und Schrift lebendig und wirksam zu
einer Einheit, einem organischen Gebilde zu
verschmelzen ist die Aufgabe, und sie ist nicht
immer leicht, denn diese Einfachheit wird durch
eine Fülle komplizierter und mannigfaltiger Er-
wägungen erreicht. Jahrelange Vorarbeit, die
darin bestand, aus wenigen Farben und Formen
ein künstlerisches Gleichgewicht — ein Bild —
zu schaffen, ging ihr voraus.
Bei gut und sorgfältig gewähltem Standort sind
die Lampen, wie fast allgemein anerkannt wird,
städtebaulich durchaus positiv zu werten. Es
ist nicht zu befürchten, daß der Stil eines
alten Städtchens oder eines alten Hauses dadurch
beeinträchtigt wird. Frühere Generationen waren
nicht so zaghaft in diesen Dingen und haben
recht daran getan. Daß man vielerorts unter
der Flagge des Heimatschutzes den systematischen
Kampf, der gegen die schöpferischen Kräfte
unter, unseren Architekten geführt wird, auch
auf solche Kleinarbeit auszudehnen sucht, ist
eine traurige Tatsache, und dieser Tatsache darf
sich eine Generation rühmen, die als einzige nie-
mals fähig gewesen ist, einen Stil aus sich zu
entwickeln. Dafür aber hat sie „Ideen" in rei-
cher Fülle hervorgebracht, die fast unausrott-
bar sind und berufen scheinen, auch den un-
verkennbar zutage tretenden Stilwillen unserer
Zeit durch zähen Widerstand zu brechen.
Die beleuchteten Autowegweiser, erst kürzlich
errichtet, scheinen mir eine verkehrsteclmische
Neuerung von einiger Wichtigkeit zu sein. Es
ist fast unbegreiflich, daß auf diesem Gebiet
noch so gut wie nichts geschehen ist. In schnel-
lem Tempo fahrende Automobile sind, ebenso
wie der den Bürgersteig begehende Fußgänger,
genötigt, die fast allenthalben durch Unleser-
lichkeit ausgezeichneten Straßenschilder an den
Ecken der Häuser zu entziffern. Am Tage
fast, am Abend ganz unmöglich. Wohl hat man
hier und da nach Auswegen gesucht, die aber
zu keiner Lösung geführt haben. Da bessernd
einzugreifen scheint wirklich wichtig. Vielleicht
nimmt eine einflußreiche Stelle oder eine um-
fassende Organisation, wie der Deutsche Auto-
mobilklub, diese Anregungen auf. Denn hier
steckt eine notwendige Aufgabe noch so in den
Anfängen, daß eine einheitliche Regelung noch
möglich wäre. Bei den Jenaer Richtungslater-
nen wurden die Farben nach dem Gesichts-
punkt der bestmöglichen Lesbarkeit sorgfältig
ausprobiert. Sollten sich diese beleuchteten Wei-
ser allgemeiner durchsetzen, wäre es sehr we-
sentlich, daß man sich von Anfang an für
bestimmte Himmelsrichtungen auf bestimmte
Farben festlegte, also etwa Norden: weiße Schrift
auf schwarzem Grund; Süden: weiße Schrift
auf rotem Grund; Osten: schwarze Schrift auf
gelbem Grund; Westen: weiße Schrift auf
blauem Grund. Walter Dexel
#
Die beleuchteten Wegweiler (ü. R. P. a.) werden ebenso wie die
Lampen hergestellt in den Mechanischen Werkstatten des Slädt.
Gaswerks Jena.
Die Beleuchtung erfolgt bei der Mehrzahl der bisher hergestellten
Lampen durch das Gas. Daß diese auch elektrisch beleuchtet
werden können und daß auch andere Befestigungsarten als alle Gasarme
und Kandelaber angewandt werden können, ist selbstverständlich.
fEUVAtf
drucksachen^^
IjLUTHERPLATZ?!
Reklame-Lampen Entwurf: Walter Dexel, Jena
153
Ausgehend von der Überlegung, ob es nicht mög-
lich sei, die zahlreichen, im Beleuchtungsplan
der Städte ausgeschalteten Gasarme und Kande-
laber sinnvoll zu verwenden, sind die Jenaer
Reklamelampen entstanden. Es ist damit eine
neue Art von Geschäftsreklame geschaffen, die
vielfache Vorzüge hat, da sie am Tage schon
augenfälliger ist, als die im Straßenbilde bisher
üblichen Formen der Werbung, und abends
in Mittel- und Kleinstädten oder in engen Groß-
stadtstraßen tatsächlich beherrschend hervortritt.
Ganz dem Zweck entsprechendes Material und
strenge Sachlichkeit in seiner Anwendung brin-
gen diese Wirkung hervor. Der Text der Re-
klame bedingt die Form der Lampe und die
Anordnung der Farben. Die Herstellung der Lam-
pen aus T- und Winkeleisenleilen verlangt äu-
ßerste Ökonomie und Einfachheit der Form.
Farbe und Schrift lebendig und wirksam zu
einer Einheit, einem organischen Gebilde zu
verschmelzen ist die Aufgabe, und sie ist nicht
immer leicht, denn diese Einfachheit wird durch
eine Fülle komplizierter und mannigfaltiger Er-
wägungen erreicht. Jahrelange Vorarbeit, die
darin bestand, aus wenigen Farben und Formen
ein künstlerisches Gleichgewicht — ein Bild —
zu schaffen, ging ihr voraus.
Bei gut und sorgfältig gewähltem Standort sind
die Lampen, wie fast allgemein anerkannt wird,
städtebaulich durchaus positiv zu werten. Es
ist nicht zu befürchten, daß der Stil eines
alten Städtchens oder eines alten Hauses dadurch
beeinträchtigt wird. Frühere Generationen waren
nicht so zaghaft in diesen Dingen und haben
recht daran getan. Daß man vielerorts unter
der Flagge des Heimatschutzes den systematischen
Kampf, der gegen die schöpferischen Kräfte
unter, unseren Architekten geführt wird, auch
auf solche Kleinarbeit auszudehnen sucht, ist
eine traurige Tatsache, und dieser Tatsache darf
sich eine Generation rühmen, die als einzige nie-
mals fähig gewesen ist, einen Stil aus sich zu
entwickeln. Dafür aber hat sie „Ideen" in rei-
cher Fülle hervorgebracht, die fast unausrott-
bar sind und berufen scheinen, auch den un-
verkennbar zutage tretenden Stilwillen unserer
Zeit durch zähen Widerstand zu brechen.
Die beleuchteten Autowegweiser, erst kürzlich
errichtet, scheinen mir eine verkehrsteclmische
Neuerung von einiger Wichtigkeit zu sein. Es
ist fast unbegreiflich, daß auf diesem Gebiet
noch so gut wie nichts geschehen ist. In schnel-
lem Tempo fahrende Automobile sind, ebenso
wie der den Bürgersteig begehende Fußgänger,
genötigt, die fast allenthalben durch Unleser-
lichkeit ausgezeichneten Straßenschilder an den
Ecken der Häuser zu entziffern. Am Tage
fast, am Abend ganz unmöglich. Wohl hat man
hier und da nach Auswegen gesucht, die aber
zu keiner Lösung geführt haben. Da bessernd
einzugreifen scheint wirklich wichtig. Vielleicht
nimmt eine einflußreiche Stelle oder eine um-
fassende Organisation, wie der Deutsche Auto-
mobilklub, diese Anregungen auf. Denn hier
steckt eine notwendige Aufgabe noch so in den
Anfängen, daß eine einheitliche Regelung noch
möglich wäre. Bei den Jenaer Richtungslater-
nen wurden die Farben nach dem Gesichts-
punkt der bestmöglichen Lesbarkeit sorgfältig
ausprobiert. Sollten sich diese beleuchteten Wei-
ser allgemeiner durchsetzen, wäre es sehr we-
sentlich, daß man sich von Anfang an für
bestimmte Himmelsrichtungen auf bestimmte
Farben festlegte, also etwa Norden: weiße Schrift
auf schwarzem Grund; Süden: weiße Schrift
auf rotem Grund; Osten: schwarze Schrift auf
gelbem Grund; Westen: weiße Schrift auf
blauem Grund. Walter Dexel
#
Die beleuchteten Wegweiler (ü. R. P. a.) werden ebenso wie die
Lampen hergestellt in den Mechanischen Werkstatten des Slädt.
Gaswerks Jena.
Die Beleuchtung erfolgt bei der Mehrzahl der bisher hergestellten
Lampen durch das Gas. Daß diese auch elektrisch beleuchtet
werden können und daß auch andere Befestigungsarten als alle Gasarme
und Kandelaber angewandt werden können, ist selbstverständlich.
fEUVAtf
drucksachen^^
IjLUTHERPLATZ?!
Reklame-Lampen Entwurf: Walter Dexel, Jena
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