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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Delius, Rudolf: Die Neue Sammlung in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0202

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Die neue Sammlung in München

VON RUDOLF VON DELHIS, MÜNCHEN

i

n München wurde ein neues Museuni gegründet, mender Flut. Und ganz seltsam symbolisch wirkt

als Angliederung zum Bayerischen Nationalmu- so das reine Glas als ästhetischer Behälter des

seum, aber doch als ein ganz in sich abgeschlos- reinen Elementes. Daneben eine gravierte Zier-

sener Organismus. Dies Institut nennt sich Die schale „Die Windrose", auch schwedisch, die uns

neue Sammlung und ist ein Kunstgewerbemu- zeigt, wie fruchtbar das Klassizistische sich dort

seum der Gegenwart. mit der bürgerlichen Kultur verband. Wir den-

Also ein Gegenwartsmuseum praktischer Dinge, ken an die Zeit Bellmans und jene Einheit von

die sich hinauf steigern zur Kunst. Damit ist derber Realität, Rokokograzie und griechischem

eine breite Wirkungssphäre gegeben. In dieses Götterhauch, die Bellmans „Anakreontik" so

Museum sollen die Industriellen kommen, um herrlich macht. Diese schwedischen Stücke haben

zu sehen, was überall in der Welt in ihrem sicherlich etwas Anregendes und Aufregendes für

Fache gemacht wird, ebenso sollen die Hand- deutsche Glaskünstler.

werker sich hier anregen lassen zu Versuchen, Daneben steht Lob/neyr-Wlen: die raffinierte,

den Mut bekommen, einmal neue Wege einzu- fast überfeine, spielerische Art des verwöhnten

schlagen, und schließlich sollen hier die Kon- Selbstgenusses von Linie, Tönung und Schwung,

sumenten lernen, die Augen aufzumachen, den Diese Vitrine gibt eine vortreffliche Darstellung

Geschmack bilden, sich verfeinern in ihrem Ur- des Begriffes ,,Spätzeit". Anders wieder die

teil über gut und schlecht. Franzosen: Laliquc und Bacaarat suchen das

Das Museum bietet typische Musler dar: deutsche Aparte, sie bringen teils durch Pressung gc-

Arbeit, aber dicht danebengestellt Werke glei- musterte, teils schwere, kristallen-wuchtige Glä-

chen Themas aus der ganzen Welt. Was etwa ser, die zwar originell sind, aber doch ein wenig

die Weltausstellung in Paris von 1928 einmal absichtlich wirken.

tat, das soll hier dauernd geschehen: Vergleich, Wie hübsch kann die bayrische Industrie da 1er-
Klärung, Überblick. Erst wenn der deutsche nen und ihre eigene, ebenfalls in guten Proben
Künstler sieht, wie es in fremden Ländern, in ausgestellte Arbeit nun prüfend vergleichen, jc-
Schweden, England, Frankreich, Holland, Öster- denfalls aber, was die Hauptsache ist: sich an-
reich drängt und pulst zu neuer Form hin, erst regen lassen, sei es zu neuen Bahnen, sei es zu
dann wird er richtig orientiert und angelric- um so überzeugterem Festhalten an dem Eigenen,
ben, nun auch zu zeigen, was er selber kann. Die Sicherheit und Klarheit wird auf jeden Fall
Der griechische Gedanke des Agon, der im gefördert.

Wirklichen ewig fruchtbarste aller Gedanken: Ich habe dies eine Beispiel etwas näher ausge-

das Angestachelt-Werden durch einen Wettlauf führt, um zu zeigen, wie das Problem angefaßt

zum gleichen Ziel, dieser Agon-Gedanke auf ist: Nebeneinanderstellen selbständiger Leistun-

kunstgewerblichem Felde wird hier ständig ver- gen aus möglichst verschiedenen Ländern, um so

körpert. dem deutschen Handwerker und auch dem deut-
schen Käufer Gelegenheit zu geben, den eigenen

-/ •• 1 4. ■ 1 1 c-1 v t- Geschmack zu prüfen und zu läutern.

Zunächst stehen nur sechs Sale zur Verfügung, *

und es war für den Leiter Dr. Günther v. Pech- #

mann wohl nicht leicht, auf so engem Raum als

erste Ausstellung etwas Umfassendes und Ge- Nach diesem Prinzip werden alle sechs Säle ge-
schlossenes zu schaffen. Später sind Fachaus- ordnet: Keramik, Metalle, Stoffe, Bücher, Pla-
stellungen geplant: Tapeten, Schlosserei, schwe- kate, Flechtarbeiten, Spielzeug, Wachswaren. Nur
disehe Buchkunst, Spielwaren u. a. Diese erste Möbel mußten aus Raummangel vorläufig weg-
Überschau des Gesain tgebietes ist glücklich gelun- bleiben.

gen, sie doziert nicht, sie verlritt keine Partei Den Grundstock der Sammlung bildet ein Be-

und Theorie, aber sie regt an in freister und sitz des Münchner Bundes aus der Vorkriegszeit,

wohltuendster Weise. der nun durch Dr. v. Pechmann sehr geschickt

Nehmen wir als Beispiel den Saal mit der Glas- erweitert wurde. Seine Gattin Alice v. Pechmann

Sammlung, den man zuerst betritt. Da steht in stand ihm dabei tätig zur Seite. Ist doch die

der Mitte ein gläserner Brunnen aus Schweden, Frau in den Fragen des Geschmackes, besonders

von Edward Haid entworfen, eine einfache und wenn es sich um Dinge des täglichen Lebens

doch kühne, überzeugende Komposition. Das handelt, fast noch mehr zu Hause als der Mann.

Wasser füllt die gläserne Form, quillt lebendig Dieser steht fest in seiner wissenschaftlichen Bil-

in der Form und rieselt an der Außenwand her- dung und übersieht Geschichte und Menschheit,

ab. So ist das ganze Material eingehüllt von strö- die Frau aber hat die zarte Hand der instinkt-

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