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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0283

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Aus der Werkslattgruppe des Deutschen Werkbundes Ledereinbande von Paul Kersten, Berlin

Ausstellungen

Kunstformen des Bucheinbandes

beißen Vor kurzem halle der Meißner Kunstverein in sei-
nen historischen Räumen auf dem Burglehn eine
Ausstellung alter und neuer Einbandkunst ver-
anstaltet, die durch wertvolle Leihgaben aus den
Beständen der Sächsischen Landesbibliothek und
des Leipziger Büchmuseums eine über den Rah-
men provinzialer Veranstaltungen hinausgehende
Bedeutung erlangte. Für die historische Abteilung
hatte die Landesbibliothek eine besonders schone
Auswrfh.1 ihrer berühmten Jakob Krause-Bände
hergeliehen, während das Buchmuseum durch aus-
gewählte Leihgaben die historische Entwicklung
von Form und Dekoration des Buches anschau-
lich machte. Für die neuzeitliche Einbandkunst
hatten hauptsächlich Mitglieder der beiden Fach-
verbände „Meister der Einbandkunst" und ..Jakob
Krause-Bund" für einen Überblick gesorgt, der
aber zur Beurteilung der künstlerischen Gesamt-
leistungen unserer heutigen Zeit doch nicht aus-
reichte. Es fehlten der Kreis der Leipziger Aka-
demie und einige namhafte Kunstbuchbinder; an-
dere waren nicht glücklich auf dieser Ausstellung
vertreten. Um so stärker zeigte, die Gegenüber-
stellung historischer und neuzeitlicher Einband-
kunst die beneidenswerte künstlerische Sicherheit
der alten Meister. Ganz abgesehen von einer tech-
nischen Wertung tritt auf den alten Bänden ein
einheitliches Dekorationsprinzip in Erscheinung,
das die Flächen teppichartig einteilt, so daß selbst
die unverzierlen Teile wirksames Ornament sind.
Nehmen wir dazu das in der prächtigen Gold-
auflagc doppelt lebendige Linienspiel des histo-
rischen Ornaments und seine immer wieder über-

raschende, phantasievolle Anwendung, so bleibt
kein Zweifel daran, daß die Werke jener allen
Meister ihren Platz als Höhepunkte der Einband-
kunst immer behaupten werden.
Zu den neuzeitlichen Einbänden mit ihren ganz
anders gearteten, von der Tagesmode beeinflußten
Delcorationsprinzipien müssen wir eine völlig an-
dere Einstellung suchen.

Unser Zeilalter hat einen anderen Rhythmus als
das Jahrhundert, in dessen letztem Drillel
Jakob Krause geruhsam seine zahlreichen Ein-
bände schuf. In der Unrast unseres Zeitalters
wird jede Anregung rascher aufgenommen, aber
nicht zur Reife gebracht, da man immer wieder
die neuere Sensation sucht. So zeigt auch die Ein-
bandkunst der letzten 25 Jahre eine schwankende
Kurve: vom strengen Pflanzenornament des neu-
zeitlichen englischen Einbandes über den deut-
schen Jugendstil und die Wiederholungen histori-
scher Schmuckformen bis zum Konstruktivismus
der Gegenwart. Hierbei ist weder ein bleibender
Eindruck für die künstlerische Entwicklung im
Sinne eines allgemeinen Zeitstils, noch ein solcher
einer ausgeprägten, künstlerischen Eigenart heu-
tiger Meister erkennbar. Der Einzelstcmpel hat
leider an Wertschätzung und Anwendung verloren.
Er ergab in der zwangsläufigen Wiederkehr oder
Reihung seiner Formen selbst in der Hand der
vorwiegend handwerklich eingestellten Meisler
noch schöne Resultate, wenn die Vergoldetechnik
beherrscht wurde. Dafür ist nun eine freie Rich-
tung in der Gestaltung von Schrift und Ornament
aufgekommen, die vorwiegend auf die Verwen-
dung des Bogen- und Liniensatzes beruht und geo-
metrisches Linienspiel bei zu schottischer Muste-
rung bevorzugt. Mit diesen Mitteln können in

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