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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0284

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der Hand eines schöpferisch und technisch be-
gablen Meisters gute, zeitgemäße Wirkungen er-
zielt werden. Indes wird eine Gefa'hr daraus, wenn
undisziplinierte, gesuchte Formvorstellungen in
willkürlicher asymmetrischer Anordnung ihren
Niederschlag auf dem Buche finden. Von beiden
Alien zeigte die Ausstellung Beispiele, und wenn
auch fruchtbare Ansätze zu einem zeilgemäßen
Dekorationsslil erkennbar waren, so läßt sich doch
eine gewisse allgemeine Ideenarmut nicht über-
sehen, die in der einseitigen Anwendung einer ab-
strakten Ornamentik begründet ist. Auch die alte
Technik der Ledereinlagen war nicht durch ein-
wandfreie Arbeiten vertreten, wohl aber durch
einige groteske Entgleisungen. Zu solchen sind
auch die kuriosen Einfälle der Leipziger Groß-
buchbinderei II. Sperling zu rechnen, deren buch-
fremde Profilierungen in Leder an Holzplastik
erinnern. Andere Arbeiten dieser Firma traten
daneben reichlich bescheiden auf. Von weiteren
Leipziger Firmen zeigten Holzhey & Sohn sowie
Enders Arbeilen von gutem Durchschnitt, während
die Leipziger Buchbinderei A.-G. vorm. Fritzsche
reife Arbeiten von Otto Fröde ausstellte, von dem
sicherlich noch schöne Proben seines Könnens zu
erwarten sind. Gurbal-Fränkfur't a. M. und Hugo
Wagner-Breslau fielen angenehm auf durch gute
Lederschnittbände, und ganz erfreulich im Sinne
aller Einbandkunst wirkte in dieser Technik das
angewandte, geometrische Ornament. Dannhorn,
der auf der Ausstellung nur mit zwei Bänden ver-
treten war, kann nach diesen Proben nicht be-
urteilt werden, man möchte weitere Arbeilen
sehen. Von Eberl-München sind gediegene
Schweinsledereinbände in einfachem Dekor zu
loben. Auch G. Keilig-München sei hier lobend
genannt. Ollo Ilerrfurth-Berlin hat sehr gule De-
korationen in Bogensatz gezeigt, von denen be-
sonders der Einband zu „Spitzweg" hervorzuheben
ist. Elisabeth Mie,liahelles-I lainburg zeigte ßueh-
dekorationen in einem geometrischen Linienspiel
erfreulichster Art. Ein anderer Hamburger,
M. Grädl, überraschle durch den schönen Einband
zu „Plato — Gastmahl". In ausgezeichneter tech-
nischer Ausführung schmückte diesen Band ein
künstlerisch vollendetes, strenges Linienornament
und machte ihn zum sehr beachteten Ausstellungs-
stück. Ollo Dorfner-Weimar beherrscht nicht
immer glücklich modischen Zickzacksiii und pa-
rallele Linienhäufung, und die gesuchte Schrift-
gestaltung steigert auch nicht den künstlerischen
Eindruck seiner Arbeiten. Demeter-Helleraü
zeigte Arbeilen seiner klassischen Dekoralions-
weise, die zwar künsl lerisch etwas .Neues nicht bie-
ten kann, jedoch in der unbeirrbaren Sicherheil
geschmackvoller Gestallung immer erfreut. Auf
den zahlreichen Bänden, die Altmeister Kerslen
ausgestellt, wird neuerdings eine nicht immer
glücklich gestaltete vignettenhafte Mittenverzie-
rung bevorzugt. Besonders hervorzuheben wäre
aber der Einband zu „Goethe — Eine moralische
Ehe" und außerdem zu sagen, daß die strengeren,
älteren Arbeilen Kerslens die stärkere persönliche

Note dieses technisch hervorragenden Meisters
tragen.

Der Hamburger Meister Franz Weise erinnert in
seinen Arbeiten an Wiener Einflüsse, wenn er eine
allzu üppige Golddekoration bevorzugt und Vor-
salz in Goldpapier wirkt doch zu metallisch. Allen
seinen bekannten, leider nicht vertretenen Arbei-
len aber ist nachzurühmen ein Reichtum formaler
Erfindung und reife künstlerische Gestaltung, die
auch innerhalb der Zeitmode ihre Unabhängig-
keit zu wahren weiß.

Zur Frage der bemalten Pergamenteinbände, von
denen einige hübsche Beispiele besonders von
Käthe Luise Rosenstock-Leipzig auf der Ausstel-
lung zu sehen waren, ist prinzipiell zu sagen, daß
Malerei auf Einbänden doch nur an geschützter,
vereinzelter Stelle und nicht auf der ganzen Decke
berechtigt ist. Selbst ein Luxusband muß in die
Hand genommen werden können.
Eine besondere Stellung als Kunstbuchbinder
nimmt Max Pfeiffer ein, der Direktor der Meiß-
ner Porzellanmanufaktur. Er schafft nur als Lieb-
haber für seine persönliche Befriedigung in Muße-
stunden und ihm liegt bei aller Beachtung solider
Grundsätze nichts an letzter technischer Fertig-
keit, so daß er unsere Exaktheilsfanatiker nicht
befriedigt. Aber er weiß seinen Besitz an allen
Buchbinderstempeln in reizvoller, künstlerischer
Weise zu nützen und seine Einbände haben daher
wohl einen vorwiegend historischen Charakter, zei-
gen aber in Flächenaufteilung und -Dekoration
die Feinfühligkeit und den sicheren Geschmack
eines Buchliebhabers von Kultur.
Zum Schluß dieser Betrachtungen sei auf das Son-
derheft des Archiv für Buchgewerbe von 1920
hingewiesen, das nicht nur eine Reihe der ausge-
stellten Arbeilen abbildete, sondern auch durch
die reiche Vorführung weiterer Beispiele neuzeit-
licher Einbandkunst die vorliegende, kritische
Übersicht wesentlich abrunden kann.

Ii. Wieyriok

Schreibmappe in Ziegenleder mit Ilaiulvergoldung
Entwurf und Ausführung II. F. Wagner-Breslau

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