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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Scheffler, Karl: Vergangenes und Zukünftiges
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0237

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angenes und zukünftiges

VON KARL SCHEFFLER, BERLIN

■ aßt uns vom „Jugendstil" reden! Von je- tan auftretende und sich zwangsläufig aus-
ner heute verspotteten Kunstbewegung, die breitende Bewegung zur rechten Zeit Füb-
schon wie in geschichtlicher Ferne dazulie- rer da waren, daß das allgemeine unbe-
gen scheint, und die die Jüngeren bewußt stimmte Wünschen von Individuen aufge-
nicht miterlebt haben. Wir wollen nicht Bommen und als ein bestimmtes Wollen
davon reden, um empfindsam Erinnerungen dargestellt wurde, daß das Kollektivinter-
auf zufrischen oder um einen Geschieb Isbei- esse durch die Begabung des Künstlers zu
trag zu liefern, sondern weil es sich zeigt, einem persönlichen Interesse wurde: es
daß dieses Stück Vergangenheit, das längst waren zur rechten Zeit Talente zur Stelle,
erledigt schien, von neuem eine Zukunft die dem, was von der Masse nur dun-
werden möchte, daß der Jugendstil mehr kel empfunden wurde, konkret Ausdruck
gewesen ist als eine Mode, nämlich eine Ent- gaben. Man weiß, wie die Bewegung in
wicklungsidee, die unsichtbar in allen die- England begann, in den Ateliers der Prae-
sen Jahren fortgelebt und sich im Unterbe- raffaeliten, in den Werkstätten von Morris,
wußtsein der Menschen weiterentwickelt hat. Burnc-Jones und Granes, von Ashbcc, San-
Es sind etwa dreißig Jahre her, daß in derson und Benson, in den Architekturbüros
Deutschland die merkwürdige Bewegung von Norman Shaw, Voysey, Baillie Scott
begann. Zuerst sollte nur das Kunstgewerbe und Mackinlosh, wie die Bewegung, sich
reformiert werden. Man sagte, es müsse verwandelnd, dann auf den Kontinent
sich endlich befreien von der Nachahmung übersprang, in Belgien begabte Führer wie
historischer Stile, es müsse der zum Spott van de Velde, Lemmen, Iiorta, Finch u. a.
gewordene Kunstgewerbeschulstil überwun- fand, in Holland Repräsentanten wie Bor-
den werden, die Form müsse auf die Natur läge, de Bazel, Eauweriks, in Frankreich
und auf Grundbegriffe des Zweck-, Kon- weniger radikale Pioniere wie Plumet, Bi-
struktions- und Materialgefühls zurückgc- got, Defrene, Seimersheim, und wie sie
führt werden, es müßten die angewandten sich dann in Skandinavien und in den Bai-
Künste mit den modernen Bedürfnissen und kanländern verlor, indem sie sich dort mit
Lebensformen in Einklang gebracht wer- alter Volkskunst verband. In Deutschland
den. So begann es. Dann vertiefte und er- und Österreich wurde die Bewegung mit be-
weiterte sich das Programm wie von selbst; sonders stürmischem Eifer aufgenommen,
es erwies sich als so lebensvoll, daß sein Sie ging im wesentlichen von Malern aus,
erster Gegenstand, das Kunstgewerbe, bald von Peter Behrens, Riemerschmid, Pankok,
als zu gering erschien. Von der praktischen Obrist — der Philosoph Endell gesellte sich
gewerblichen Arbeit, von der Poterie, dem hinzu —, um vom Kunstgewerbe bald ,zur
Buntdruck, der Weberei, der Metallbearbei- Architektur fortzustreben. Die Namen die-
tung wandte sich das Interesse dem Wohn- ser und anderer Führer haben das erste Pro-
raum in seiner Gesamtstimmung zu; von gramm überlebt. Alle waren sich damals
dort ging es weiter zu den Aufgaben einer einig in der Überzeugung, es müsse für das
neuartig begriffenen Baukunst und zum neu heraufkommende Lebensgefühl ein
Problem eines alle architektonischen Künste Stilsymbol großer Art gefunden werden,
umfassenden Stils; zuletzt griff die Idee Die einen wandten sich direkt an die Natur,
über die Kunst noch hinaus in die großen die andern bemühten sieb um abstrakte
sozialen und wirtschaftlichen Fragen der Ausdrucksformen; jene wählten als Gleieh-
Zeit und in das, was man die Philosophie nis die Pflanze, diese die Maschine; die
der Kunstform nennen könnte. Die Ge- einen wollten Handwerk und Handarbeit,
schichte hatte vorgesorgl, daß für die spon- die andern Technik und Industrie: radikal

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