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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Hamburger, Arthur: Zur Technik des Möbelbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0282

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Naturerzeugnisses wird verbrannt. Fragt sich
rein wirtschaftlich, ob das nicht allein aus-
schlaggebend sein könnte zur Suche nach ande-
rem Material, das eine größere Ausnutzung er-
möglicht.

Die zweite erhebliche Matcrialschwicrigkeil ist
die, daß es nur auC äußerst schwierige Weise
möglich ist, Platten oder Pfosten senkrecht zur
Maser aneinander zu fügen. Es geschieht dies
mit Hilfe der sogenannten Holzverbindungen:
Zinken, Zapfen, Nuten usw. Trotzdem kompli-
zierte Maschinen diese Arbeit heute bis zu einem
gewissen Grade verrichten, bleibt doch noch er-
hebliche Arbeit für die Hand zu tun. Vor allem
aber erfordern diese Verbindungen auch wieder
einen ungeheuren Holzverschnitt. Das gegebene
Material für solche Verbindungen wäre das Me-
tall. Hier sind die Konzentration der Kräfte-
wirkungen in einem Möbel. Das gegossene Metall
vermag ohne jede Produktionsverschwendung
spielend diese Aufgabe zu lösen, wenn es ge-
lingt, es dauerhaft mit dem Holz zu verbinden.
Hier liegt also vorerst noch das zu lösende
Problem.

Auch bisher war ja Metall zu diesem Zwecke
an einigen ganz wenigen Stellen, wo es sich
gar nicht umgehen ließ, verwendet worden: für
Bett- und Schrankbcschläge. Natürlich beileibe
nicht sichtbar, trotzdem ja ganze Mctallbeüen
und AVaschtische längst auch in die vornehme
Wohnung ihren Einzug gehalten haben. Diese
Zusammenfügung durch Metall soll nun aber
nicht durch einfache Metallwinkel geschehen,
denn eine solche Beanspruchung des Materials,
bei der nur ein Querschnitt auf Zerknicken in
Anspruch genommen wird, wäre die denkbar
ungünstigste. Vielmehr soll die Beanspruchung
der sichtbaren Metallteile auf Zug, Druck oder
Biegung erfolgen.

Die Konstruktion solcher Möbel ergibt nun das
überraschende Resultat, daß nicht nur an Mate-
rial für die Holzverbindungen selbst gespart
wird, sondern daß auch sonst die Metallverbin-
dungen zum Teil erheblich schwächere Holzdi-
mensionen benötigen, ja ästhetisch sogar direkt
fordern. Dazu wird noch eine wesentliche Er-
höhung der Stabilität erreicht. Das nun sicht-
bar gemachte Spiel der Kräfte an den Verbin-
dungsstellen der Holzteile ergibt die Möglichkeit
zu zahllosen auch ästhetisch befriedigenden Lö-
sungen.

Zum Schluß sei noch erwähnt, daß man diesem
Problem des Aufgebens der Holzverbindungen
bereits sehr nahe war. Michael Thonet hat es
mit seinen Möbeln aus gebogenem Holz bereits
durchgeführt. Nur beging er den ungeheuren
logischen Fehler, den Zusammenhalt der zap-
i'cnlosen Teile wieder in Holz auszuführen und
es durch gewaltsames Biegen zu einer Aufgabe
heranzuziehen, die seiner Natur durchaus zu-
widerläuft und zudem nur unter Aufwand ge-
waltiger Kosten von ihm zu erpressen ist.
Zusammenfassung: Gewiß, Holz ist an sich ein
ganz wunderschönes Material, aber hier geht
es ums Brot, nicht um Leckerbissen. Um über
die Mängel des Holzes hinwegzukommen hat
man Surrogate geschaffen, die nicht nur un-
schön, weil nicht materialgemäß, sondern auch
ungeheure Verteuerungen sind. Wir brauchen
ein neues Material. Solange das nicht gefunden,
muß eine Verbesserung der Holzverbindungen
unser nächstes Ziel sein.

Mich bewegen diese Fragen seit langem. Ich
habe praktische Versuche dazu aus wirtschaft-
lichen Gründen unterbrechen müssen. Möge sie
jemand aufnehmen, der mit besseren wissen-
schaftlichen und pekuniären Mitteln ausgestattet
ist. Ich habe den unbedingten Glauben an die
Nähe der Lösung. A. Hamburger
 
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