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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Curjel, Hans: Zu Ewald Dülbergs Don-Giovanni-Bühne
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0133

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Ewald Dolberg, Bühnenbauten zu .Mozarts „Don Giovanni"
Staatetheater Wiesbaden

Akl: Saal (Finale). Wände rol, Treppenstufen grün, Portal blau, Tür viole

Beleuchtung dazu verwendet, an einigen berech-
tiglen Stellen die Sphäre des Irdischen zu er-
heben. So etwa bei der Champagner - Arie, die
von Don Giovanni vor dem Vorhang zwischen
der ersten und zweiten Ebene in plötzlich auf-
leuchtendem weißen Licht gesungen wird oder
beim Untergang Don Giovannis, bei dem die
hohe Halle des letzten Finales von rotem beweg-
ten Licht erfüllt ist.

In wie natürlicher Weise die einfachen, schnör-
kellosen Formen sich dem Spiel einfügen, wird
bewiesen durch die Kostüme und durch die Re-
quisiten. Auch hier ist auf Lokalkolorit wie auf
Annäherung an den Zeilstil völlig verzichtet. Die
Kostüme ergeben sicli aus dem Wesen der Fi-
guren: Don Giovanni feurig reich, Leporello
lustig wie ein Harlekin. Elvira die reiche Dame,
Donna Anna die wohlgesittete in ernstem
Schwarz, die Bauern in fröhlicher Buntheit.
Bei aller Verschiedenheit im einzelnen ist diese
ganze Farbigkeil zusammengehalten durch ver-
wandle Technik der einzelnen Stoffe, die sämt-
lich in Dülbergs Casseler Webereiwerkstatt her-
gestellt worden sind. Ihnen entsprechen die
wenigen notwendigen Requisiten, wie etwa die
Kuchen beim Fest des ersten Finales, die im
Zusammenhang mit dem Formenspiel des Büh-
nenraums und aus dem Geist der Bekleidungen
gestaltet sind.

Hier ist die Stelle, an der wie auch angesichts
der farbigen Perücken von dem Wesen der

Dülbergschen Stilisierung geredet werden muß.
Von der eigentlichen Sülbülme, die ängstlich
alles, was an Natur erinnert, vermeidet, ist Dol-
bergs Don - Giovanni - Böhne weit entfernt. An-
drerseits ist sie natürlich alles andere als natu-
ralistisch. Die ganzen Vorgänge sind in d.e
Sphäre des Gehobenen verlegt. Man versiehe
richtig. Nicht in die Sphäre des mystischen
Dampfes, sondern in diejenige Sphäre, in der
sich gleichsam reale lMiantasiegeschöpfe bewegen,
die zwar Geschöpfe von Fleisch und Blut sind,
denen aber die Erdklebrigkeit genommen ist.
In diesem Sinn kann hier von Stilisierung gere-
del werden: Vereinfachung der Formen, ohne
daß ihnen ihre Anschaulichkeit und Verständ-
lichkeit genommen wäre; äußerste Disziplinie-
rung, die auch obersler Grundsalz der Begie
bleibt, ohne daß durch Formerstarrung die Ela-
stizität ausgeschaltet wäre, die auch der Phan-
tasie des Zuschauers die notwendige Bewegung
erlaubt. Eine Stilisierung, die solche Entspan-
nung erlaubt, daß man die Stilisierung eigent-
lich nicht merkt, könnte man sagen.
Aus dieser Art der Arbeit, die auf bedingungs-
loser, selbstloser Hingabe an das Werk, auf
vollendeter handwerklicher Sicherheit und auf
einem unerbittlichen Gefühl für das Echte be-
ruht, ist eine Opernszene entstanden, die be-
weist, daß die mit soviel Hecht geschmähte
Kunstgattung Oper nicht nur möglich, sondern
gut istl
 
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