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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0174

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ehe sie nicht den Sinn ihrer Handlungen kennen.
Was kann man Klügeres tun, um solches Ziel zu
erreichen, als was Behrens tut, nämlich, den jun-
gen Menschen die Bauobjekte nahezubringen, an
denen die Phantasie der Gegenwart sich entzün-
det und die trächtig sind von Zukunft. Denn
nicht in Pflichtarbeit erobert man diese Dinge,
sondern nur im Kampf um den Sinn der Ge-
stalt, den nur divinalorische Erfahrung führen
kann.

Immer finden die vielartig angelegten Wiener
Schüler an das Geslaltproblem ihres Objektes
heran — an unseren Hochschulen pflegt man
die Geschicklichkeit, sie davon fernzuhalten —
und immer gehen sie klar und griffreudig vor,
immer wirklichkeitswillig, selbst wo sie grüble-
risch auftreten. Nie sind sie fusselig, und wo
sie spielerisch streuen, verbreiten sie nicht mehr
Ernst als das Spiel zulaßt. Und es ist Raum in
dieser Klasse genug, nicht nur für die Welt
der Geometrie, sondern auch für die Gebilde
der technischen Leistungen, Raum auch für die
Romantik der Landschaft, Raum für den Geist
des Funktionalen, Raum für die Begriffe Mcn-
delsohns und selbst Baum für den Weltwühler
und -Erfühler aus Finslerlins Geschlecht. Immer
ist alles auf das Ganze bezogen und somit emi-
nent modern.

Freilich schwebt auch noch manches an der
Oberfläche, manches ladet zu weit aus, manches
ist nur zu bloßer (graphischer) Wirkung vorge-
stoßen, manche romantische Haltung schätzen
wir nicht, aber welch ausgezeichnete Leistungen
sind z. B. das Stadion und die Arbeiten Schrei-
ners und noch manche andere. Sie zeigen das,
was man die Sache selbst nennen kann und
könnten nicht nur sofort den Marsch zur Aus-
führung antreten, sondern lassen überhaupt be-
dauern, daß dieser Marsch nicht schon gesichert
ist. Solche Aufbereitung junger Architekten für
ihren Beruf ist eine Freude. Gestehen wir offen,
daß uns Behrens überraschte. Und Deutschland?

Hugo Häring

Die Ausstellung der Werbegraphik, die der Bund
Deutscher Gebrauchs-Graphiker bei Ernst Was-
müth, Berlin veranstaltet, zeigt gegenüber den zum
Vergleich ausgestellten Vorkriegsentwürfen einen
deutlichen Fortschritt, der aber geringer er-
scheint, sobald man die ausgelegten Hefte der
..Gebrauchsgraphik'' aufschlägt. Immerhin ist
die Erkenntnis gewachsen (leider aber noch nicht
Allgemeingut geworden), daß zwischen der
Marke, die sich flüchtigem Blick einprägen soll,
und dem nur bei eingehender Betrachtung wirk-
samen Bilde geschieden werden muß.

Walter Reinffenheirri

Berufung

Die thüringische Staatsregierung hat den Archi-
tekten Prof. Dr. Otto Bartning zum Aufbau und

zur Leitung der „Staatlichen Hochschule für
Handwerk und Baukunst'' nach Weimar berufen.
Die Werkstätten und das Baubureau der Anstalt
beginnen mit dem i. \|>iil ihren Lehrbetrieb
und ihr produktives Schaffen. Da hierfür prak-
tische Arbeit, praktisches Bauen Voraussetzimg
ist, wird Prof. Bartning seinen Berliner Wohn-
sitz und damit sein seit Jahren in Berlin be-
stehendes Bureau und Arbeitsfeld beibehalten.

Bücherschau

Erich Mendelsohn, Amerika. Bilderbuch eines
Architekten. R. Mosse-Verlag, Berlin.
Dies Buch ist weit mehr als nur das „.Bilderbuch
eines Architekten", ein Bilder- und — für Euro-
päer — ein Märchenbuch zugleich, das in die
Hände der Jungen und Jüngsten gelegt werden
sollte.

Daß Mendelsohn bewußt einseilig-persönlich
Amerika vorwiegend heroisch gesehen hat, ist
kein Fehler. Er wird damit einer Eigenschaft
des amerikanischen Charakters gerecht, die auf-
wühlend phantasieaufstachelnd zu produktiver
Wirkung führt. Er zeigt die Möglichkeil eines
von Vergangenheit nicht gefesselten Lebens. Mehr
— seine Photographien schälen aus dem Wusl
von Zufälligkeiten die Existenz eines solchen
klar heraus und geben damit mächtige Anre-
gung zur Schaffung des lebendigen Ausdrucks
der Zeit.

Es wäre ganz falsch, mit ihm über Einzelheiten
des Textes zu rechten. Das wäre sehr leicht
und könnte zu billigen Wirkungen führen. We-
sentlich ist die Konzentration seiner Anschauung,
wesentlich das Persönlich-Schöpferische seines
Sehens.

Ein Vergleich dieses Buches mit dem Hegemann-
schen liegt nahe. Beide zeigen, verglichen mil
der bunten Fülle und den scheinbaren Wider-
sprüchen des amerikanischen Lebens, eine große
Einseitigkeit, beide suchen nicht die Quellen
dieses Lebens, sondern begnügen sich mit der
einfachen Abwandlung seines Ausdrucks. Aber
diese Übereinstimmung bleibt ganz sekundär ge-
genüber der tiefen Verschiedenheit des Sehens.
Hegemann bemerkt nichts von den lebendigen
Tendenzen der Entwicklung, er sieht nur das
Abgeschlossene, Überwundene. Die arbeitende,
immer wieder sich wandelnde amerikanische
St ull ist hinter seinem Buch nicht zu ahnen,
deshalb muß es unlebendig und ohne Bedeutung
bleiben.

Mendelsohn sieht grade dieses produktiv in die
Zukunft gerichtete Leben, er übersteigert es vi-
sionär-schöpferisch durch die Auswahl seiner
Bilder. Deshalb wird sein Buch immer ein
interessantes Dokument und lebendig bleiben,
auch wenn die amerikanische Entwicklung von
ihrem beutigen Wege abweichen sollte. Rading

VERANTWORTLICH FÜR DUN INHALT: DR.-I N G. WALTER GURT BEHRENDT, BERLIN W 35

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