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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Molzahn, Johannes: Ökonomie der Reklame-Mechane
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0191

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So ist das Warenzeichen immer elementarstes
Mittel, Mittler zwischen Produktion und Ver-
brauch. Keine Organisation kann auf die Dauer
existieren und weiterwachsen, wenn sie sich nicht
dieses Symbolmittels bedient und als Repräsen-
tationsträger anwendet. Will die Marke diesen
Sinn erfüllen, so muß sie auf das weitläufige
literarische Wirkungsmitlei verzichten und aus-
schließlich auf optischen Funktionsmilleln auf-
bauen, d. h. den Mitteln, die bei kürzestem
Zeitmaß das beste und drastischste Merkmals-
bild auslösen und der Psyche bewahren. Es ist
von der Marke vor allem zu verlangen, daß die
Form und Gestaltungselemente einen sehr hohen
Grad von optischen Widerstand darstellen, in
dessen Brennpunkt sich die Sehslrahlen brechen
und konzentrieren; es ist keine Forderung, ihr
ein konkretes Motiv, die Darstellung einer Er-
scheinungsform usw. zugrunde zu legen, so we-
nig man dieses von irgend einer anderen Me-
diane verlangt. Der Markensinn ist absolut und
die Form wird allein bestimmt von optisch-me-
chanischen Gesetzen, die die Gestalt nach sich
ziehen; hier fordert Funktion eine Form in
derselben Weise wie im Maschinenbau. Die
Markenfrage ist in Wirklichkeit kein künstle-
risches Problem zuerst, vielmehr ein technisch-
wissenschaftliches und lebendig-psychisches; die
ästhetische Form ist hier genau wie bei der
Maschine nur das Resultat vollkommener Kon-
struktion, mit dem Sinn höchster Leistungs-
fähigkeit.

Wenn es erst einmal gelungen ist, die Leistung
der Markenmechane in derselben Weise zu mes-
sen, wie diese der Produktionsmechane, so wer-
den sicher mindestens go Prozent sämtlicher
Unternehmen und Gesellschaften die geführte
Marke als minderwertig und daher unproduktiv
erkennen müssen und nicht zögern, diese durch
einen funktionsfähigen Typ zu ersetzen. Aber
zugleich mit dieser Möglichkeit, den Leistungs-
grad der Marke zu messen, werden auch die
erschreckenden Verstöße gegen die Ökonomie-
gesetze auf dem gesamten Werbegebiet erkannt
werden können, deren Ursache die Vernachlässi-
gung des Markenmitlels ist. Eine vollwertige
Marke in konsequenter Anwendung spart in
Wirklichkeit einen ganz erheblichen Prozentsatz
der Propagandakosten überhaupt; vorausgesetzt
natürlich eine zweckmäßige Gesamtplanung.

Die Versuche einer Reklamepsychologie der Ge-
genwart, die Werbeleistungen zu messen, sind im
höchsten Grade irreführend und gefährlich, weil
nur die mittelmäßige Leistung unterlegt wird,
z. B. kann die Simultanwirkung einer Zeitungs-
inserlionsseite mit einem Schlage zugunsten
eines Inserates verschoben werden, das in Kennt-
nis der oplisch-funktionellen Wirksamkeit ge-
staltet ist. Auf der anderen Seite werden an
sich wertvolle Untersuchungen und Theorien
fast in allen Fällen durch die praktische Bei-
spielsführung widerlegt, also durch die Wahl

des Abbildungsmaterials, das dann in keiner Hin-
sicht die Konsequenz der Untersuchung ist.
In der Marke haben wir nun das Element er-
mittelt, das in einem Propagandaplan den mo-
torischen Antrieb, die Wirkungsenergie ausmacht
und die einzelnen Propagandamechanismen be-
herrscht, mag es nun ein Geschäftsformular,
eine Prospektseite, ein Plakat sein; die Marke
gibt jeder Drucksache erst den Repräsentalions-
wert, die Wirkungsintensität und überhaupt den
Sinn. Wie das Symbol für eine Idee, das
Wappen für das Haus, die Familie, so steht die
Marke für das Industrieunternehmen, die Pro-
duktivgesellschaft und formt deren Bild in der
Psyche der Verbraucher immer wieder von
neuem, um es ihr gänzlich einzugraben.
Wie die Marke der Werbemechane in der Funk-
tion der Turbine der Industriemechane gleich-

JOH. MOLZAHN, MAGDEBURG
2 MARKEN: WILMKING UND BÖLTS A.G.

zusetzen ist, so stellt jede Drucksache des Pro-
pagandaplanes der Produklionsmaschine des Be-
triebsvorganges gleich, deren jede ihre eigene
Funktion zu erfüllen hat; aber den Antrieb,
der sie erst sinnvoll macht, haben sie alle ge-
meinsam in der motorischen Kraft.
Es soll im Rahmen dieses Aufsatzes nicht auf
die verschiedensten Funktionen der verschieden-
sten Drucksachen eingegangen werden, nicht auf
jeden einzelnen Sonderzweck; aber das allen
gemeinsame Aufbaumittel der Salztype, des Pho-
toklischees, verbindet sie doch zu denselben Ge-
setzen des Aufbaues. Die optischen Beziehun-
gen und mechanischen Gesetze, die wir bei dem
Aufbau des Markenbildes kennengelernt haben,
sind im allgemeinen auch die Grundlage des
Drucksachenaufbaues, denn auch die einzelne

JOH. MOLZAHN
MAGDEBURG

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