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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

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Mitteilungen des Deutschen Werkbundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0206

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zeitig wurde eine Ausstellung der mit der Mode-
klasse Hand in Hand arbeitenden Fachklasse für
künstlerische Frauenarbeit unter der Leitung
von Fräulein Maria Steudel eröffnet.



Der Stuttgarter Gemeinderat hat dem Plan der
Errichtung einer städtischen Siedlung auf dem
Weißenhof im Rahmen des Wohnungsbaupro-
gramms und im Einvernehmen mit dem Deut-
schen Werkbund im Prinzip zugestimmt. Damit
ist die „Werkbundausslellung Wohnung der Neu-
zeit Stuttgart 1927" gesichert. Das Programm,
das die württembergische Arbeitsgemeinschaft
ausgearbeitet hat, ist bereits auf der Bremer
Tagung von der Mitgliederversammlung des
Deutschen Werkbundes genehmigt worden. Mit
der künstlerischen Leitung hat der Deutsche
Werkbund den Architekten Mies van der Rohe
beauftragt. Im folgenden geben wir das Pro-
gramm der Ausstellung wieder:
Die Stadt Stuttgart hat, um der unerträglichen
Wohnungsnot zu steuern, ein neues Wohnungs-
bauprogramm aufgestellt, das den Bau von unge-
fähr 1600 Wohnungen vorsieht. Dies gab dem Deut-
schen Werkbund Veranlassung, auf Anregung
seiner Württ. Arbeitsgemeinschaft an die Stadt
Stuttgart mit dem Vorschlag heranzutreten, einen
Teil ihres Bauvorhabens unter folgenden Ge-
sichtspunkten durchzuführen:

Die Rationalisierung auf allen Gebieten unseres
Lebens hat auch vor der Wohnungsfrage nicht
halt gemacht. Wenn die wirtschaftlichen Ver-
hältnisse unserer Zeit jede Verschwendung ver-
bieten und die Erzielung größter Wirkungen mit
den kleinsten Mitteln erfordern, so heißt das
für den Bau von Wohnungen wie für den
Wohnbetrieb selbst die Verwendung solcher Ma-
terialien und technischer Einrichtungen, die auf
eine Verbilligung der Wohnungsanlagen und des
Wohnbetriebs sowie auf eine Vereinfachung der
Hauswirtschaft und eine Verbesserung des Woh-
nens selbst abzielen.

Die letzten Jahre haben uns eine Fülle neuer
Erfahrungen, neuer Methoden und Möglichkei-
ten für rationelles Bauen und Wohnen ge-
schenkt. Leider ist aber bis heute noch keine
der mannigfachen Gelegenheiten ergriffen wor-
den, um diese, für die Entwicklung unseres
Wohnwesens so bedeutenden Ergebnisse in ihren
Höchstleistungen durch die Erstellung einer Bau-
tengruppe zusammenzufassen und damit der All-
gemeinheit in vorbildlicher Weise vor Augen
zu führen, welche Förderung unsere Wohnkultur
dadurch erfährt, daß die technischen, hygieni-
schen und ästhetischen Forderungen unserer Zeit
in weitestem Maße an einer Gruppe von Wohn-
bauten verwirklicht werden.

Die Gelegenheit zur Durchführung einer solchen
Aufgabe bietet das Wohnungsbauprogramm der
Stadt Stuttgart. Aus diesem Programm könnte
ein Teil herausgeschnitten und im Sinne der
oben dargelegten Gesichtspunkte als in sich ge-

schlossene Baugruppe vorbildlicher Wohnungen
durch die Stadt durchgeführt werden, die nach
ihrer Fertigstellung im Jahre 1927 der ge-
samten Fachwelt zum Studium sowie der Allge-
meinheit zur Belehrung und Weiterbildung für
kurze Zeit als Ausstellung zugänglich gemacht
werden könnte.

Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, soll
hier gleich betont werden, daß es sich nicht um
die Erstellung von „Ausstellungsbauten" oder
„Luxuswohnungen" handeln kann, sondern daß
hier Wohnhäuser geschaffen werden sollen, die
für die dringendsten Wohnbedürfnisse der Stadt
Stuttgart, also für Familien in kleineren oder
mittleren Verhältnissen bestimmt sind und diesen
nach Schluß der Ausstellung zum dauernden
Bewohnen übergeben werden. Dabei ist an die
Erstellung mehrstöckiger Miethäuser sowie eini-
ger reiner Siedlungstypen gedacht, die — teil-
weise auch für Serienbau geeignet — als muster-
gültige beispielhafte Lösungen ebenso an anderen
Orten in billiger Massenausführung hergestellt
werden können.

Der Deutsche Werkbund ist sich bewußt und
weist nachdrücklichst darauf hin, daß einer so
wichtigen Aufgabe der Erfolg und die große
Auswirkung nur dann beschieden sein kann,
wenn sie nicht nur technisch einwandfrei durch-
geführt, sondern auch nach der architektonischen
Seite hin starke richtungsweisende Lösungen
schafft. Sein Vorschlag an die Stadt Stuttgart
geht deshalb dahin, führende Baukünstler mit
der Planung zu betrauen und damit die Füh-
rung vor In- und Ausland auf dem Gebiet neu-
zeitlichen Wohnungsbaus zu übernehmen. Da
gerade vom Bau die stärksten und lebendigsten
Anregungen auf das künstlerische Schaffen unse-
rer Zeit ausgehen, so wird die geplante Siedlung
— ohne den Aufwand von Mitteln, die die nor-
malen Baukosten überschreiten — einen An-
ziehungspunkt in Stuttgart bilden, dessen Aus-
wirkungen über Jahre und weit über die Gren-
zen Württembergs hinausgehen.
Durch die Wohnungsbauten allein kann aber ein
umfassendes Bild der auf technischem, hygienischem
und künstlerischem Gebiet vorhandenen Höchst-
leistungen nicht gegeben werden. Es soll des-
halb, falls die einschlägige Industrie es wünscht,
in den bereits vorhandenen städtischen Ausstel-
lungshallen ein ergänzender Überblick über die
mit dem Programm zusammenhängenden Ge-
biete gegeben werden wie: Technische Einrich-
tungen, Mobiliar (einfacher Hausrat) für die
Wohnungsaustattung benötigte Erzeugnisse, wie
Stoffe, Tapeten, Fußbodenbelag u. a. die Farbe
beim Bau und in der Wohnung.
Dazu wird eine internationale Schau von Photo-
graphien, Plänen und Modellen neuzeitlicher
Wohnbauten treten. Alle diese Gruppen sollen
aber nicht im Sinne einer Baumesse, sondern
entsprechend dem Programm des Deutschen
Werkbunds unter dem Gesichtspunkt der Wert-
auslese vorgeführt werden.

VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT: DR. LÖTZ, BERLIN W35. SCHÖNEBERGER UFER 36 A, 1
 
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